Stirnrunzeln
Gestern war ich erst bei der Arbeit, danach war die Zeit mit meiner Famile am wichtigsten. Aber abends habe ich dann die 4 - 5 neu dazugekommenen Seiten gelesen. Durchaus viele Aussagen kann ich sehr gut nachempfinden.
Dennoch blieb ein Stirnrunzeln zurück, weil ich das Gefühl habe, daß wir dazu neigen, Antworten auf die (folgenden) Fragen:
- bedingungslose Liebe / Belanglosigkeit
• Vertrauen
• Abhängigkeit
bei unserem Partner zu suchen, und nicht bei uns selbst.
Was ich schreibe, ist das, was meine Liebste und ich uns innerhalb von 21 Jahren quasi als Richtschnur "erarbeitet", "er-lebt" und "er-fahren"
haben. Das heißt noch lange nicht, daß es uns immer gelingt, dieser Richtschnur mühelos zu folgen!
Einleitend möchte ich stark vereinfachend zusammenfassen:
Es fühlt sich für uns falsch an,
wenn wir unser
Wohlbefinden vom
Verhalten des Partners abhängig machen,
Es fühlt sich für uns richtig an, wenn unser
Verhalten vom
Wohlbefinden des Partners
und vom eigenen
Wohlbefinden abhängt.
Zur bedingungslosen Liebe und der daraus angeblich resultierenden Belanglosigkeit:
Der Partner kann (ebensowenig wie wir vom Partner) bedingungslose Liebe nicht einfordern. Bedingungslose Liebe einzufordern ist ein logischer wie emotionaler Widerspruch in sich, denn die Einforderung gibt selbst die Bedingungen vor. Das Einfordern einer solchen Liebe führt tatsächlich zur Belanglosigkeit, denn dem Einfordernden geht es letztlich um sich, und nicht um sein gegenüber.
Ich bin aber sehr wohl der Meinung, daß man bedingungslose Liebe gewähren kann, sie geben kann. Und das hat unwahrscheinlich viel Belang, so sehr, daß es Angst machen kann. Jemanden bedingungslos zu lieben, bedeutet ihn um seiner selbst Willen zu lieben, unabhängig davon, ob man sein Verhalten uns immer gefällt.
Am deutlichsten wird das für mich bei der Liebe der Eltern zum Kind.
Gelegentlich sehe ich durch meinen Beruf, wie fatal es ist, wenn Kinder
nur unter der Bedingung geliebt werden, das zu leben, was ihren Eltern versagt geblieben ist. Manch pianistisches Wunderkind z.B. kann davon ein Lied singen!
ich wiederhole darum:
Es fühlt sich für uns falsch an,
wenn wir unser Wohlbefinden vom Verhalten des Partners abhängig machen,
Es fühlt sich für uns richtig an, wenn unser Verhalten vom Wohlbefinden des Partners und vom eigenen Wohlbefinden abhängt
Vertrauen
Meine Liebste und ich haben gestern abend darüber nachgedacht, woraus Vertrauen eigentlich erwächst:
Was wir für uns herausgefunden haben, ist:
Wir können dem anderen Vertrauen, wenn wir lernen, auch uns selbst zu vertrauen.
Der Partner kann uns nicht dauerhaft Halt geben, wenn wir nicht in der Lage sind, uns selbst zu stabilisieren. Er müsste uns sonst tragen, was eine Zeit lang sicherlich funktioniert, aber irgendwann würde er unter der Last zusammenbrechen.
Der Partner kann uns nur Halt geben, wenn wir in der Lage sind, selber zu stehen.
Wir können dem Partner nur Halt geben, wenn wir uns selbst Halt geben können. Sind wir dazu nicht in der Lage, können wir auch unseren Partner nicht stabilisieren. Auf Glatteis stürzen wir dann beide.
Einander Vertrauen bedeutet also auch, darauf zu vertrauen, daß wir uns selbst vertrauen.
Darum wiederhole ich:
Es fühlt sich für uns falsch an,
wenn wir unser Wohlbefinden vom Verhalten des Partners abhängig machen,
Es fühlt sich für uns richtig an, wenn unser Verhalten vom Wohlbefinden des Partners und vom eigenen Wohlbefinden abhängt
Abhängigkeit:
ist für uns durchaus positiv besetzt, wenn sie auch hier sich in uns selbst findet, und nicht beim Partner!
Dazu ein allmonatliches Beispiel:
Wenn mein Wohlbefinden vom Verhalten meiner Liebsten abhängt, die gerade unter PMS leidet, sie also übellaunig und niedergeschlagen ist, werde ich entsprechend reagieren: Mich selbst niedergeschlagen fühlen, gereizt ihre Übellaunigkeit beantworten und ähnliches, weil ihr Verhalten nicht zu meinem Wohlbefinden beiträgt. Das empfinde ich als negative Abhängigkeit.
Richte ich hingegen mein Verhalten dahingehend aus, daß ich dem PMS meiner Partnerin z.B. mit liebevoller Gelassenheit begegne, wenigstens aber ihre Übellaunigkeit nicht auf mich beziehe, mache ich mein Verhalten abhängig von unser beider Wohlbefinden. Denn ich kann ihre Stimmung wesentlich besser heben, wenn ich dafür sorge, daß ich selbst gelassen bleiben kann. Das empfinde ich als positive Abhängigkeit.
Ja, wenn ich bedingungslos liebe, begebe ich mich in die Abhängigkeit, mein Verhalten dahingehend auszurichten, daß es den Menschen die ich liebe nach Möglichkeit gut geht. Das macht mich (positiv) abhängig:
Denn richte ich mein Verhalten nicht danach aus, wird es auch mir selbst nicht gut gehen.
Das ist das, was ich meinte, als ich viel weiter oben schrieb, es sei wichtig, sein Handeln an der persönlichen Integrität auszurichten.
Und darum wiederhole ich nochmals:
Es fühlt sich für uns falsch an,
wenn wir unser Wohlbefinden vom Verhalten des Partners abhängig machen,
Es fühlt sich für uns richtig an, wenn unser Verhalten vom Wohlbefinden des Partners und vom eigenen Wohlbefinden abhängt
Darum sage ich:
Antworten auf diese Fragen sollten wir nicht beim Partner suchen, wir finden sie in uns selber.
Aber wie gesagt, fällt uns beiden (meiner Liebsten und mir) all das auch immer wieder schwer. Wir sind eben Menschen. Das ist es, was uns liebenswert macht.
Habe auch heute keine weitere Zeit mich einzubringen, aber das loszuwerden, brannte mir doch zu sehr unter den Nägeln.
Euch allen einen schönen 2. Advent.
Liebe Grüße
erwil