konversieren statt kuscheln
also, ich schildere jetzt mal den fast schon ritualisierten ablauf nach einer standardnummer abends im bett:
wenn der schlussgong ertönt, lasse ich mich ermattet auf den rücken fallen und schnappe nach luft, meine freundin geht derweil ins bad, um ihre blase zu entleeren
wenn sie zurückkommt, dreht sie die musikanlage auf zimmerlautstärke zurück (meistens läuft rachmaninov) und legt sich neben mich - kuscheln ist nicht so unser ding, wir liegen einfach nebeneinander und konversieren noch etwas
zuerst loben wir uns gegenseitig, erwähnen unsere körperlichen vorzüge und lassen gelungene aktionen revue passieren, dann gehen wir in medias res, wobei durchaus kritisch evaluiert und über verbesserungsmöglichkeiten reflektiert wird
später beginnt die postkoitale spielstunde:
wir spielen zum beispiel „ich rieche was, was du nicht riechst“ oder gedankenschach mit einminütiger bedenkzeit oder wir überlegen uns anagramme zu wörtern aus der welt des geschlechtsverkehrs
zum beispiel zu „schniedelwutz“:
wichst zu edlen
duzt schwielen
zwei lutschend
wild zustechen
wunde schlitze
nudel schwitze
schwund zielte
schneuzte wild
(nicht schlecht, oder?)
wenn wir dann noch nicht müde sind, widmen wir uns noch den großen fragen der menschheit:
„warum klopft unsere nachbarin die ganze zeit an die wand?“
„wird habermas noch einmal eine überarbeitete ausgabe seines werkes „strukturwandel der öffentlichkeit“ herausbringen?“ und
„warum schreiben so viele leute toleranz mit zwei l? – hat das was mit tollheit zu tun?“
…so vergehen die stunden…