für den TE - meine Sichtweise
Ich möchte mal meine Erfahrung hier schildern, ohne jemanden zu verurteilen, einfach um mal aus Sicht einer Asexuellen zu verdeutlichen.
Ich selbst habe in meiner 14-jährigen Ehe mehr als 1 Jahr kein Sex gehabt. 1 Kind entstand in dieser Ehe.
Ich selbst bin eine Frau, die in jungen Jahren nie das Bedrüfnis nach Sex hatte. Und schon fühlt man sich unnormal, weil es scheint da ja ein Bedürfnis zu fehlen. Zur Erklärung: es liegt keine psychische Erkrankung vor, keine Vergewaltigung etc. Ich bin eine ganz normale Frau, die eben einfach keine Lust auf Sex hatte. Andere Männer haben mich auch nicht interessiert. Mich hat auch das Bedrüfnis meines Partners nicht interessiert (lag aber sicher auch an der schwierigen Beziehung). Heute kann ich verstehen, dass Partner von asexuellen (das können durchaus körperlich völlig gesunde Menschen sein, die auch zu einem Orgasmus fähig sind) sich Sex woanders suchen. Das hätte mich sicherlich sehr gekränkt und ich hätte die Beziehung wahrscheinlich da schon beendet. Ich bin eine Frau wie viele andere auch, lebenslustig und selbstbewusst eben ohne Sex-Bedürfnis. Es folgte eine Singlezeit, alleinerziehend mit Kind. Ein aus meiner Ehe geschenkter Vibrator wurde von mir aus reiner Neugier ausprobiert, mit Erfolg. Wenn mir langweilig war oder ich ausprobieren wollte, ob der kleine Freund mir gewisse Gefühl entlocken kann, probierte ich ihn aus. Ich schreibe das hier so pragmatisch, damit ich zum Ausdruck bringe, dass von ganz allein sich keine Lust entwickelt. Ich lernte meine jetzige Liebe kennen und weihte ihn ziemlich früh unserer Beziehung ein, dass bei mir manches anders ist. Genauer gesagt, habe ich ihm versucht zu erklären, dass ich sehr gut ohne Sex leben kann, weil ich kein Bedürfnis habe, was nichts damit zu tun hat, dass ich weniger für ihn empfinde. Was ich sehr wohl festgestellt habe, dass mir mein jetziger Partner sehr wohl Lust machen kann, es gibt Tage, da kann er mich richtig heiss machen.
Ich für mich sehe es so: Da mir die Lust (wenn sie mir nicht gemacht wird) fehlt, sehe ich mich als asexuell. Eine Asexuelle, die in einer sexuellen Partnerschaft lebt. Ich kann sexuell leben, wenn mein Partner auf mich eingeht. Ich gehe insoweit auf ihn ein, in dem ich mich auf seine Bedürfnisse einlasse. Ich kann das so praktizieren, weil ich Sex und Nähe zu lassen kann. Es gibt allerdings auch Asexuelle, die für Sex nur Abneigung empfinden.
Ich lasse mich nicht als krank bezeichnen, denn mir fehlt ja nichts. Auch sexuelle Menschen können durchaus asexuelle Phasen durchleben. Zum damaligen Zeitpunkt war Sex für mich ein notwendiges "Übel", welches wohl dazu gehört ich aber nicht mehr wollte. Jede Berührung verknüpfte ich mit Sex. Sex gehörte zu diesem Zeitabschnitt einfach nicht in mein Leben. Oft habe ich mir gewünscht, das zu empfinden, was andere empfinden ... Lust .. einfach so.
Aber ich habe auch aufgehört Lösungen oder Fehler zu suchen. Ich bin so wie ich bin. So wie es Menschen mit Befürfnissen, mit Neigungen oder eben ohne gibt.
Ich kann auch nicht sagen, das mir was fehlt, das ich irgendwelche Wünsche nicht äußern kann oder das ich mich nicht fallen lassen kann. Ich bin auch der Meinung, dass bei mir die Hormone keine Rolle spielen, ich war lustlos mit und ohne Verhütung. Aller einzige Ausnahme war die Schwangerschaft. Die hat mir gezeigt, was Lust heist. Lust die von alleine kommt. (lag wahrscheinlich an den Hormonen aber nichts konnte diese Lust wieder bringen - eine Laune der Natur?)
Wichtig ist, finde ich, dass man sich so wie man ist wohl fühlt. Und wenn dann noch ein Partner an Deiner Seite ist, der in der Lage ist Dir Lust zu entlocken und Du bereit dafür bist, dann unterscheide ich mich nur noch ein ganz klein wenig von einer Frau mit Bedürfnis.
Ich bin eine Asexuelle, die auf körperliche Zuneigung nicht verzichten kann, das ist wohl Vorraussetzung dafür, um sexuell leben zu können.
Wahrscheinlich werden nur wenige aus meinen Zeilen schlau.
Ich kann auch nur beschreiben, wie es mir ergangen ist.
Sex hat heute einen höheren Stellenwert in meiner Beziehung, sicherlich auch aus der Liebe heraus zu meinem Partner. Sicherlich bin ich eine Frau, die mit keinem Mann zusammensein kann, der täglich Sex braucht. Aber ich denke wir haben durchschnittlich oft Sex (n bisschen öfter könnts vielleicht schon sein - sagt mein Mann), was zum damaligen Zeitpunkt für mich nicht möglich gewesen wäre. Hinzu kommt, dass bei manchen Frauen abends einfach die Luft raus ist, Beruf, Kind, Haushalt ... bei Männern ist dagegen der Sex am Abend vielleicht oft noch das i-Tüpfelchen zur Entspannung. Wir haben herausgefunden, dass ich morgens schnell feucht werde, obwohl ich abends lieber Sex hab.
Der regelmäßige Sex hat allerdings nicht dazu geführt, dass ich großartig Verlangen verspüre. Das kommt dann von ganz allein, wenn wir am Fummeln sind.
Harmonie ist mir wichtig und rundherum Wohlgefühl in der Beziehung und dann ist vieles möglich.
Wer hätte gedacht, dass ich mal ohne "natürliches" Bedürfnis ein MMF-Fan werden würde.
Oft wissen Betroffene ja selbst nicht, warum sie so sind wie sie sind. Deshalb fällt reden auch so schwer. Es ist halt so wie es ist und entweder man wartet ab und versucht mit zu leben, kann man dies nicht, sollte man sich im Guten trennen, jedoch nie persönlich nehmen. Uns Asexuellen fehlt einfach ein wichtiges Detail. Und je mehr man sich damit auseinandersetzt und es auch so akzeptiert, je besser kann man damit leben.
Aber bitte verurteilt niemanden dafür. Ich habe ja auch gelernt zu begreifen, dass Sex anscheinend dazu gehört und habe mich entschlossen mit Sex zu leben. Kann es aber auch gut absolut ohne. Wenn sich aber nun jemand dafür entscheidet Sex nicht als die schönste Nebensache der Welt zu empfinden, so wird sie (oder auch er) damit leben, entweder mit sexuellem/asexuellem Partner oder dann eben ohne.
Jeder geht unterschiedlich mit der Problematik um. Fakt ist, es ist für beide nicht einfach.
Ich hoffe ich konnte einigen (Betroffenen) einen ganz kleinen Einblick in die Sichtweise einer Asexuellen vermitteln.