Liebe Sikinika,
dein Problem berührt mich sehr, auch aus eigener persönlicher Betroffenheit.
Vor vielen Jahren war ich in einer ähnlichen Situation. Ich war ungewollt schwanger. Das Zusammenleben mit meinem Mann war sehr schwierig geworden. Er hatte Phasen ungewöhnlicher Stimmungsschwankungen. Mal war er sehr still und zurückgezogen, dann wieder "viel zu gut gelaunt", glaubte Berge versetzen zu können, gab Geld aus, plante, übernahm sich. Damals dachte ich nicht an eine Krankheit, ich wusste nur, das Leben mit ihm war sehr schwierig geworden, er war manchmal auch sehr zynisch, beleidigend und aggressiv mir gegenüber und auch im Verhalten zu seinen Kindern.
Damals bin ich fast verzweifelt, ich wusste genau, ich konnte mir kein Kind erlauben in dieser Situation. Es passte absolut nicht. Eine Abtreibung zog ich in Betracht, brachte es aber nicht fertig und bekam das Kind.
Was dann folgte war aus verschiedenen Gründen die Hölle. Mein Mann freute sich zwar sehr, etwas später brach seine Krankheit in vollem Umfang aus. Da fiel auch bei mir der Groschen, er war manisch depressiv. So nannte man das damals noch. Er war nicht mehr zu halten, drehte geradezu am Rad, er ruinierte in dieser Zeit fast unsere gesamte Existenz, was er damals anrichtete, daran knabbern wir heute noch. Nach seinem Höhenflug fiel er in eine fast einjährige tiefe Depression.
Heute ist er mit Medikamenten "stabil".
Alle paar Jahre hat er eine manische Phase. Seine Grundstimmung ist depressiv.
Aber nun zu den Kindern. In unserem Fall hat nicht die Mutter eine bipolare Störung, sondern der Vater.
Und bestimmt verläuft diese Krankheit nicht bei jedem Mensch gleich. Unsere Kinder leben mit der Krankheit ihres Vaters und mit meiner Art damit umzugehen. Das ist manchmal sehr schwer für sie. Und ich frage mich oft, ob ich meinen Mann nicht besser verlassen hätte. Unseren Kindern wäre einiges erspart geblieben.
Wir gehen sehr offen mit dem Thema um. Die Kinder wissen was Sache ist. Wenn ihr Vater jetzt nicht aus dem Bett kommt oder mal wieder sehr gesellig und laut unterwegs ist, wissen sie dass er nichts dafür kann. Er macht das nicht absichtlich, er kann nichts dafür. Das ändert aber nichts daran, dass es ihnen schlecht geht, sie zum Beispiel keine Freunde mit nach hause bringen, weil sie nichts mehr riskieren wollen. Sie wissen, das Verhalten ihres Vaters ist manchmal unberechenbar.
Und aus unserer langjährigen Erfahrung mit dieser Erkrankung weiß ich, dass es oft Phasen von großer Belastung sind, die diese Krisen auslösen wie z.B.: Umzug, Hausbau, Stellenwechsel, usw.
Das ist kein einfaches Leben. Ich liebe meine Kinder, aber ich hätte ihnen etwas anderes gewünscht.
Ich hoffe, dieser Thread artet nicht in einen "Abtreibung oder nicht" Thread aus. Dafür ist das Problem zu ernst.
Dir Sikinika wünsche ich, dass du egal welche Entscheidung du treffen wirst, gut damit leben kannst.