zu samy molcho
der im übrigen kein östereicher sondern in tel aviv geboren ist
und nur selbsternannter experte, da er sich dem thema als ehemaliger pantomime nähert (sic) findet sich folgende kritik
Das ist alles nicht neu und auch nicht überraschend. Wer Aha-Effekte beim Lesen sucht, wird in diesem Buch nicht bedient. Zu lesen, dass man die Arme vor der Brust kreuzt, wegschaut oder sich wegdreht, wenn einem die Nähe eines anderen zu viel ist, ist zum Beispiel nicht besonders erhellend. Samy Molcho bleibt in diesem Buch dabei, Phänomene zu beschreiben und zu benennen, die im Grunde jeder kennt. Doch tut er dies auf eine Art und Weise, die einem auch Bekanntes noch einmal deutlich vor Augen führt. Und das in gefälligen, stilistisch geschmeidigen Beschreibungen. Den, der noch wenig aufmerksam für die Signale der Gesten und der Mimik ist, mag das sensibilisieren. Der, der mehr sucht, wird in dem Buch aber nicht fündig. Der Autor bezieht sich auch nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die es zu seinem Thema gibt - nur ein populärwissenschaftliches Buch erwähnt er im Text. Er schreibt vielmehr mit dem Gestus dessen, der aufgrund seiner Bekanntheit etwas behaupten darf, ohne es zu begründen. Der etwas feststellen kann, damit man es glaubt, ohne fragen zu müssen, ob es auch so ist. Zwei übereinander geschlagene Beine, das obere von dem Menschen neben einem weggedreht oder zu ihm hingedreht, signalisieren Abwendung oder Hinwendung, eine bestimmte Daumenstellung Dominanz. Ob es wirklich generell und dann auch im Einzelfall so ist - wer weiß?
Wir erfahren, wie ein Chef durch Sitzordnung oder Abstand am Konferenztisch eine Hierarchie markiert, oder wie wir körperlich auf den Eindruck reagieren, dass eine Gruppe von anderen Menschen uns bei sich haben möchte oder nicht, oder wie wir erkennen, ob eine Frau oder ein Mann uns Flirtsignale zusendet oder nicht. An dieser Stelle garniert der Autor das Buch mit einigen Tipps zur Annäherung zwischen Mann und Frau, während er sich sonst jeglicher Tipps enthält. Über die Grundregeln einer Flirtschule, verpackt in ein paar soziobiologische Allgemeinheiten, geht das allerdings nicht hinaus.
Samy Molcho verlässt sich ganz und gar auf seine subjektiven Eindrücke. Etwa wenn er es als typisch für Angloamerikaner beschreibt, sich in einem leichten Winkel zueinander zu begrüßen, während man hierzulande die frontale Begrüßung bevorzuge. Leichthin lässt der Autor die Forschungen zur Körpersprache, auch zum Kulturvergleich dieser Sprache, beiseite. Er schreibt ein bisschen über Stress und Bewegung, ein bisschen über Berührungswünsche im Alter, zu allem etwas. Das Wichtigste scheint ihm zu sein, dass er eine Lebensphilosophie vermitteln möchte: die alte Philosophie der goldenen Mitte; zwischen Geben und Nehmen, Abhängigkeit und Freiheit, Nähe und Distanz. Die Bewegung zwischen den Polen bezeichnet Samy Molcho als die Pendelbewegung des Miteinanderlebens. Das hat man seit der Antike schon oft gehört. Gutes noch einmal zu hören, ist nicht schlecht. Nun hören wir es in einem schön aufgemachten Buch von diesem großen Pantomimen.
kritik von ulfried geuter auf deutschland-radio kultur
fazit meinerseits (huch: ich rede schon wieder von mir): scheint mir nicht das gelbe vom ei zu sein