die angst vor dem eigenen verlangen!
hallo.
in diesem wie in anderen threats zum thema männliche bisexualität habe ich immer wieder lesen können, dass bisexualität doch nicht schlimm sei und dass es um himmels willen vor allem nicht schwul sei, mit einem mann intim zu werden. oder, dass man sich keine sorgen machen muss, denn man sei doch nicht gleich schwul, nur weil man auch mal mit nem mann... solche hinweise tauchen immer wieder auf.
natürlich ist ein bisexueller mann nicht schwul, er ist ja bisexuell. wieso also immer wieder diese ausdrücklichen memerkungen?
durch die art der formulierung implizieren die o.g. hinweise in vielen fällen, dass homosexualität schlimm sei. denn es wird immer wieder darauf hingewiesen: achtung, keine angst haben, du bist nicht schwul, nur weil du nen schwanz anfassen oder lutschen willst.
solche statements sind es, die aufzeigen, dass viele vielleicht kein problem mit homosexualität haben (oder doch?), wohl aber mit ihren eigenen homosexuellen anteilen. denn, wenn zwei männer intim miteinander werden, dann vollziehen sie einen homosexuellen akt. ganz unabhängig davon, ob sie schwul, bisexuell oder gar heterosexuell sind. selbst wenn eine frau mit im spiel ist. sie begehen einen gleichgeschlechtlichen akt. den sie als solches vielleicht nich schlimm finden, den sie aber bitte nicht mit schwulsein in verbindung gebracht sehen und schon gar nicht so bezeichnet wissen wollen. warum ist die angst davor so groß? wenn man bisexuell ist, dann ist man doch nicht schwul. wieso benötigt man diese bestätigung?
vielleicht, weil homosexualität doch irgendwie scheiße ist? weil man keine tunte ist? weil man doch nicht so drauf ist wie rudolf moshammer oder daniel küblböck? weil homosexualität unmännlich ist? weil es bedeutet, auch passiv sein zu können? weil man kein schwanzlutscher und auch kein arschficker sein will?
viele bisexuelle männer können sich z.b. nicht vorstellen, einen mann zu küssen oder sich nur mit einem alleine mann zu treffen. eine frau muss auf jeden fall dabei sein. ich möchte niemandem etwas unterstellen, aber kann es sein, dass diese frau benötigt wird, um sich selbst zu beweisen, dass man nicht schwul ist? es ist ja bisexuell, schließlich ist die frau dabei. selbstverständlich: es ist natürlich auch sehr reizvoll eine frau, auf die man ebenfalls abfährt, dabei zu haben. aber ist das wirklich der einzige grund? wieso stellt man sich selbst solche regeln auf? warum wird sex, so sehr im voraus durchdacht und geplant? warum läßt man ihn nicht einfach passieren? wieso solche tabus? wo sich doch ganz viele als tabulos, offen, neugierig etc. beschreiben...
nachdem ich mit wenigen ausnahmen fast mein ganzes leben schwul gelebt habe, erlebe ich seit einer weile mein bisexuelles coming out. ich bin anfangs ziemlich überrascht gewesen, doch auf frauen abzufahren und habe versucht das zu verdrängen. hat aber nicht ganz funktioniert =) es war so ein bisschen verkehrte welt. wie damals bei meinem schwulen coming-out, nur dass ich jetzt meinem freundeskreis so nach und nach klar mache, dass ich auch auf frauen stehen... nicht alle sind übrigens begeistert, was zeigt, dass es gesamtgesellschaftlich extreme vorbehalte gegen das bisexuelle gibt.
manchmal ist es ziemlich lustig mitzukriegen, dass viele "heterosexuelle" und bisexuelle männer eben nicht dem unter schwulen vorherrschenden klischee eines dominanten fickhengstes entsprechen, sondern selbst eher fantasien haben, in denen sie selbst passiv und auch devot sind und von einem anderen mann genommen werden. die fantasie ist oftmals also eine eindeutig homosexuelle.
ich durfte feststellen, dass viele paar, bei denen er bi oder bi-interessiert ist mich ablehnen, weil ich eigentlich aus der schwulen ecke komme. ich finde das ziemlich überraschend und schade, denn was männer betrifft, bringe ich einiges an erfahrungen mit. bei frauen gibts noch ne menge zu lernen, aber ich habe großen spaß daran. ich bin halt nur überrascht, wieviel probleme viele immer noch mit schwulsein haben. selbt mit jemandem, der sich, wie die meisten, in seiner sexualität, weiterentwickelt und gerade dabei ist ein "gesinnungsgenosse" zu werden. mit so jemandem möchte man dann aber doch auch irgendwie nicht... die anst ist also größer als das eigene verlangen?
LG
jörg