Problem
Als ich meinen Mann kennenlernte und wir zusammen zum ersten Mal essen waren, sagte er mir, er würde keinen Alkohol trinken, da er Tabletten nehmen muss. Im ersten Moment schoss es mir in den Kopf, dass es hoffentlich nichts psychisches ist (habe eine Cousine mit schwerer Schizophrenie). Ich habe aber aus Höflichkeit nicht weiter nachgefragt, aber da er mir doch da auch schon sehr symphatisch war und ich das berühmte Kribbeln spürte, sehr gehofft, dass es nichts dergleichen ist (was nicht geheissen hätte, dass ich mich sonst nicht mehr weiter mit ihm getroffen hätte, aber durch meine Cousine kenne ich die Schwierigkeiten mit solchen Erkrankungen)
Das Thema kam dann ca. drei Wochen nicht mehr zur Sprache, erst als ich das erste mal bei ihm übernachtete sagte er mir, dass er oft unruhig schlafen würde. Geschlafen haben wir gar nicht
, insofern habe ich es wieder vergessen.
An einem der nächsten Abenden hat er mir dann im Laufe eines Gespräches erzählt, dass er chronisch krank sei. Zwischenzeitlich haben sich bei mir natürlich schon so einige Fragen angestaut was denn nu mit ihm los sei, ich aber einfach warten wollte, bis er bereit ist darüber zu sprechen. Leider hat sich aber auch die Befürchtung, es sei etwas Schlimmes verstärkt, obwohl rein äusserlich kein Anlass dazu da war, man könnte sagen meine Phantasie fing an Sprünge zu machen. Ich habe gefragt um was für eine Krankheit es sich handelt, bekam keine Antwort. Er meinte nur, es sei etwas, das man eigentlich nicht bemerkt.
Als ich nach 6 Wochen dann endlich erfuhr, dass er Epilepsie hat (wenn Anfälle, dann allerdings nur nachts) war ich fast schon ein Nervenbündel und so erleichtert, dass ich fast geheult hätte.
Man muss dazu sagen, dass er als Kind in den frühen sechziger Jahren extrem gehänselt wurde (damals hatte er auch noch tagsüber Anfälle) und leider auch noch das Wort Idiot für Epilepsiekranke noch weit verbreitet war. Insofern ist er konditioniert und es fällt ihm sehr schwer sich zu outen. Es ist über die Jahre jetzt besser geworden, er kann auch mal darüber reden ohne ganz kribbelig zu werden, aber es ist immernoch schwer für ihn.
Seit er mit neuen Medikamenten nun ganz Anfallsfrei ist, ist es eh kein Thema mehr bei uns und wird ausser beim Pillenschlucken einfach gar nicht mehr wahrgenommen. Was ich damit sagen will ist, der Zeitpunkt sich zu "outen" ist immer schlecht. Für ihn wäre das frühe outen schlecht, weil nicht möglich gewesen, für mich war das späte outen schlecht, da ich mir eine Million falsche Sachen ausgemalt habe.
Deshalb - es gibt kein Rezept, wobei ich von meiner Seite aus sagen muss: lieber früher als später, wenns dann nichts wird wäre es eh gescheitert!!!!