SeefrauMANN
Moin und Tach erstmal --> dies wird mein erster aber nicht letzter Beitrag hier!
Ein paar Jährchen nun bin ich mit meinem Schatz zusammen. Haben uns an unserem Studienort kennengelernt und ich wußte welchen Beruf sie später einmal ergreifen wird. Sie wird zur See fahren. War damals noch weit hin, so hatte ich genug Zeit mich innerlich darauf vorzubereiten.
Wir schwammen sofort buchstäblich auf einer Wellenlänge - es stimmt einfach alles bei uns. Auch im Moment.
Vor eineinhalb Jahren dann war es so weit. Es ging auf Reisen - für Sie. Und ich blieb daheim.
Auf See
Ihr müßt Euch das so vorstellen: Der Partner ist teilweise wirklich WEG! So richtig weg. Zwar nicht als ob er tot wäre, denn Handys funktionieren auch im Ausland, aber nicht auf See. Aber: teuer, extrem teuer. Die erste Rechnung kam: 300 EUR die zweite und dritte noch teurer! Wir haben es per Mail versucht und Telefonkarten und und und. Das schwierigste für uns war Kontakt zu halten und das mit Kosten aufwiegen. Man kann auch über Satellitentelefon sprechen: 3-5 USD pro Min (See-->Land oder Land-->See 8-10 EUR pro Min!!) wobei man 20 min SCHNELL zusammen hat!
In der Regel sind Reisen etwa 4 Monate lang und nur wenn man Glück hat, sieht man sich während der Zeit 1x! An Land ist sie dann 2-4 Monate (jetzt eher 4 Monate See, 4 Monate Land).
Kommunikation?
Es ist ein echtes Dilemma: man möchte sich UNBEDINGT mitteilen, KANN es aber physisch schon nicht, weil der Schatz auf See ist. Jedenfalls nicht sofort. Und das war es früher für mich, was ich so gemocht hab. Schnell ne SMS schreiben und den kurzen Gedanken mitteilen oder abends darüber schnacken. Zwar gibt es auch E-Mail, aber auf Ihren ersten 2 Törns nur vom privaten Laptop im Hafen (im Schnitt 1x alle 7 Tage, manchmal 3 Wochen nix!). Jetzt hat Sie - ein Glück - die Möglichkeit auch auf See Mails zu schreiben/empfangen.
Das ist die eine Seite.
Reden ist natürlich nicht alles was fehlt, sondern wie ja schon von den Freunden hier gesagt wurde, es ist auch die Sehnsucht nach Wärme - halt der Gründe des Zusammenseins.
Anfänge
Ich bin auf Ihrem ersten Törn regelrecht durchgedreht. Uns ging es beiden total scheiße. Sie hatte zudem nur Probleme an Bord. Da waren wir beide eigentlich ganz schön von der Rolle. Ich war das Erste mal seit Jahren komplett alleine. Ich wußte überhaupt nicht was ich anstellen wollte / konnte(!). Hatte zudem noch ein schlechtes Gewissen Ihr gegenüber wenn ich mal was besonderes unternommen habe. So hab ich dann teilweise tagelang die Wohnung nicht verlassen und hab mir nur selber leid getan...
Einschub
Hmm, wills eigentlich nicht an die Große Glocke hängen, aber sie hatte mich mal auf nem Kurztripp an Bord betrogen - recht zu Anfang unserer Beziehung. War echt heftig.
Aber ich hab es auch ohne sie nicht ausgehalten und ich hab ihr verziehen.
Aber:
dann hab ich einen Gedanken bekommen, der mich nicht mehr losgelassen habe. Verloben ... heiraten. Und dann hab ich sie an Bord gefragt und sie hat ja gesagt. Unsere Liebe ist seitdem exponentiell gestiegen!
Vertrauen I
Anfangs ... hmm weiß nicht. GANZ komisches Gefühl. Sie hat mir geschworen, dass es nicht mehr vorkommt! Mit der Verlobung bin ich mir sicher, dass nix mehr passieren wird. Aber eine Unsicherheit im Promillebereich kann mir keiner verdenken.
Kalter Krieg
Irgendwie ist es wie damals beim Kalten Krieg. Es herrscht eine gewisse Gleichgewichtssituation. Man wußte, dass der Gegner losschlagen könnte, könnte aber gleichermaßen gefährlich werden. Somit verhalten sich beide passiv, weil eigentlich keiner will dass etwas passiert. OK, der Vergleich hinkt ein wenig. Womit wir wieder beim Vertrauen sind.
Vertrauen II
sollte genährt werden. Man will ja schließlich wissen woran man ist und auch Liebe empfangen.
Back to the roots...
Womit wir wieder am Anfang wären: WIE? Wie wenn der geliebte Schatz unerreichbar ist um sich vielleicht einfach nur einen Kuß abzuholen. So dreht man sich im Kreis...
im Moment
ist sie wieder auf See. Wir haben das letzte halbe Jahr zusammen im Ausland verbracht und es war sehr sehr schön einen Vorgeschmack auf unser späteres Leben zu bekommen. Sie hat sich jetzt entschieden, nachdem sie wegen unserer Beziehung die Seefahrt eigentlich an den Nagel hängen wollte, doch nochmal anzufangen und noch ein paar Reisen zu machen. Sie schippert jetzt auf einem großen Dampfer von Asien in Richtung Mittelmeer und sie fühlt sich endlich mal pudelwohl an Bord. Die harte Arbeit macht ihr Spaß und sie ist akzeptiert.
ich
für mich ist es hart geblieben. In den ersten Wochen hab ich mich komisch gefühlt und hab viel unternommen. Freunde besucht, Sachen unternommen. Und trotzdem einsam gefühlt. Weil ich irgendwie ein Zweisammensch bin. Es hängt aber auch davon ab welche Einstellung man hat. Ich weiß genau: das werden wir nicht ewig machen und ich genieße BEWUßT die Freizeit die jetzt mehr habe. Ich unternehme sehr viel und arbeite sehr viel, also hab ich wenig Zeit zum grübeln.
Und: ich habe berufliche Ziele, die ich nur durch ihre flexibilität realisieren kann. Ihr ist es im Prinzip egal, wo wir wohnen, hauptsache bei mir! Und Europaflüge sind nicht sehr teuer!
Abschließend
möchte ich sagen, dass Fernbeziehungen Einstellungssache sind. Es gehört eine Menge Disziplin dazu. Vertrauen. Liebe. Und es hat mit Freiheit zu tun, die ich im Moment total genieße. Es ist eine
Chance!
So, jetzt hab ich eigentlich mehr geschrieben als ich wollte. Ich hoffe ich hab Euch nen kleinen interessanten Einblick gegeben, wie es auch sein kann, statt "nur 100km". Bei mir sind es gerade ein paar tausend
Würde mal gerne hören, wie Ihr Euch solch eine Situation vorstellt, ob Ihr es für unmöglich haltet oder ob Ihr mich bekloppt findet...?
Gruß Atomic