sieben Siegel
Beim Lesen dieses Threads ergeht es mir wie beim Besuch einer Standardtanveranstaltung:
Der Draussenstehende weiß, dass er minderwertig ist und besser draussen stehen bleibt, um sich nicht unsterblich zu blamieren, während sich die Tänzer selbstgefällig in ihrer eigenen Welt sonnen.
Dass es auch anders geht hat mein Bruder vor -zig Jahren in einem kleinem bayrischen Dorf vorgeführt. In einer Disziplin, für die wohl keine(r) von denen die hier lesen und schreiben Verständnis aufbringt:
Deutschen (bayrischen) Volkstanz!
Zum ersten Mai übte er mit Interessierten einen Bandltanz ein. Wohl gemerkt: kein traditionsversteinerter Trachtenverein zu Scheinwürstl mit Kraut und Bier! Mein Bruder trug noch die langen Haare der Hippie Ära und hatte den Wortschatz voll drauf, als ehemaliger Diskjockey.
Ein Bandltanz sieht einfach aus hat's aber faustdick im Detail. In der Münchner Staatsoper erlebte ich einmal so einen Bändertanz, getanzt von einem Staatsballett im internationalen Rang: Ihr Tanz scheiterte, was aber professionell vertuscht wurde.
Der Bandltanz der Freunde meines Bruders gelang! Dazu spielte eine Kapelle mit lauter natürlichen Instrumenten und keinem "Dschingdarassabumm" (Schlagzeug) auf: Lautsprecher adee! Ringsum stand die Dorfbevölkerung und sah skeptisch zu. Wie so viele moderne Menschen wenn sie mit volksdümmeldem Frohsinn belästigt werden
Doch, im abschließenden freien Schlusswalzer öffnete sich der Tanzkreis und jede Tänzerin, jeder Tänzer griff sich einen Zuschauer und zog ihn in den Tanz mit hinein: Ob Kind, ob Omi, ob scharf geschminkte "Schickse" alle tanzten mit! Es gab keine Zuschauer mehr. Nur noch schmunzelnde und kichernde Mittänzer!
Das steckte auch die Musikanten an, die nun noch viel seelenvoller spielten. Nicht Salsa, nich Merengue, keinen Samba, keinen Irischen Shindake. Musik und Tanz, wie sie durch Menschen geschaffen wurde, die genau die Sprache sprechen, in der Ihr diesen Text lest.
BFlat