Korrelation
Ich denke, dass die Lust am eigenen Körper auch etwas mit dem eigenen Selbstbild und Selbstwertgefühl zutun hat.
Ich war früher nur ein "Schatten meiner selbst", ich verleugnete alle Bedürfnisse, lief oft in leicht geduckter Haltung, sah im Spiegelbild nur meine Makel. Mein Körper ist stark vernarbt und durch eine drastische Gewichtszunahme von 60 auf knapp 111 Kilo und nun erfolgter Gewichtsabnahme alles andere als straff. Ich bin keine junge, knackige Frau. Als diese Erkenntnis in mir festwuchs, schwand gleichzeitig das Gefühl, ein Recht auf Lust zu haben. Ich dachte, ich sei nicht begehrenswert, ich sei "schlechter" als die anderen, ich hätte Lust und Befriedigung nicht verdient.
Also machte ich es mir beschämt selbst und wenn ich mit Männern schlief, ging es mir nur darum, den Männern einen Orgasmus zu verschaffen. Trotz sexueller Exzesse und "pornöser Nächte" habe ich niemals auch nur ansatzweise an meine eigene Befriedigung gedacht. Ich war mehr Dienstleisterin - mein Lohn war die Bestätigung, dass ich es anscheinend trotz meiner Mäkel schaffe, einen Mann voll zu befriedigen.
Aber im letzten Jahr hat sich vieles verändert, ich erkenne plötzlich meine Handlungsfähigkeit und spüre meine Berechtigung zu Leben. Immer öfter stehe ich zu meinen Gefühlen, offenbare sie auch auf das Risiko hin, verletzt und abgelehnt zu werden und wachse. Gleichzeitig ändert sich mein Körpergefühl: Ich trage häufig Kleider, lächel mehr, mag wilde lange offene Mähne, schminke mich. In mir zieht das Wesen einer Frau ein und ich sehe zwar immer noch meinen schlaffen Bauch und die Narben, aber eben auch meinen weichen, schönen Busen, das Strahlen in meinen Augen und mag sogar meinen Intimbereich.
Dazu hat mir übrigens auch dieses Forum verholfen, denn ich sehe hier viele Bilder von wunderschönen Frauen, die aber alles andere als makellos sind. Ich könnte mich einreihen in die Rige der Frauen hier und zum ersten Mal habe ich das Gefühl, nicht "schlechter" zu sein, sondern eben genauso besonders wie ihr alle. Wir sind besonders, nicht besser oder schlechter.
Im Zuge dieses neuen Selbstwertgefühles bin ich auch wesentlich lustbetonter geworden. Ich werde gerne gestreichelt und berührt und habe letztes Wochenende (nach 10 Jahren sexueller Aktivität!) erst bemerkt, dass ich doch empfindlich an den Brüsten bin. Ich war felsenfest überzeugt, dass ich das nicht bin, denn wenn man meine Brustwarzen berührt, passiert bei mir nichts. Gar nichts. Keine steifen Nippel, nada. Deswegen vermied ich es, dort gestreichelt zu werden. Ich fühlte mich "minderwertig".
Völlig unvermittelt habe ich nun am Wochenende die Erfahrung gemacht, dass ich sehr wohl etwas an den Brüsten empfinde, wenn man mich nur auf sehr spezielle Art und Weise dort streichelt.
Seit ich mir zugestehe, dass ich nicht die Frau sein muss, die "Standarderogene Zonen" haben muss, die sofort kommen muss, wenn der Mann sie ein paar Mal stößt,.....seitdem bin ich viel lustempfindlicher geworden.
Hier im Faden wurde ein paar Mal genannt, dass weibliche Lust scheinbar noch verpöhnt ist. Ich empfinde das ganz anders...
Das große Problem bei der weiblichen Lust ist
meiner Ansicht nach eher, dass immer wieder suggeriert wird, dass alle Frauen ja ach so einfach kommen, alle Frauen auf Brustwarzenstimulation stehen und auch immer innerhalb von 10 Minuten kommen, wenn man ein wenig an ihrem Kitzler rumzwirbelt.
Bei mir ist das alles nicht so - und ich bin trotzdem ok.
Und erst seit ich das annehme, klappts auch mit der Lust.