Für unsere Gehirne sind Brillen etwas rätselhaftes: Es versucht normalerweise, instinktiv Gesichter zu "lesen" und aus dem Gesichtsausdruck, der Augenbrauenstellung, der Mundform, der Blickrichtung ein Stimmungsbild des Gegenübers zu erfassen. Das steckt da seit zehntausenden Jahren drin und hat zu vielen Konsequenzen geführt, wie dem Trend sich zu verschleiern (und das dann als Mann sexy zu finden) bis hin zu der Fehlannahme, dass Asiaten immer lächeln.
Und jetzt also Brillen. Das Auge "sieht" die Brille beim Gegenüber auf zwei Arten: Als Bestandteil des Gesichts oder als Fremdkörper. Im Zweiten Fall führt das oft zu einem "steht Dir nicht", manchmal aber auch zur Interpretation als interessantes Accessoire - denkt mal an Elton John oder Lady Gaga.
Interpretiert das Auge die Brille aber als Gesichtsbestandteil, wirkt sich das direkt auf den Eindruck aus, den man vom Gegenüber hat: Brillen können ein an sich sanftes Gesicht streng machen oder umgekehrt, können die Augen vergrößern und damit Naivität vorspiegeln, oder können Asymmetrien überdecken und damit ein interessantes Gesicht langweilig werden lassen - oder umgekehrt.
Wenn ich eine Frau mit Brille interessant finde, frage ich sie irgendwann meistens: Nimm mal die Brille ab, ich will Dich gerne mal sehen wie Du wirklich bist. Der Widerstand dagegen ist manchmal erstaunlich; eher wird alles andere ausgezogen - und dann merkt man, der Mensch "ist" Brille, und versteckt sich hinter ihr wie hinter einer Maske.