Drive-Inn JC Tagebuch 08.10
Liebes Tagebuch 08.10
Habt ihr nicht auch schon mal alle am Drive Inn Schalter im Auto gesessen und versucht in höchster Eile, weil der Typ im Wagen hinter euch schaut, als würde er gleich sein Lenkrad verspeisen, eine ordentlich ausgewogene Mahlzeit zu bestellen?
Wir sind ja beide äusserst kommunikative Menschen, und von daher immer an den technischen Neuerungen der modernen Welt interessiert.
Aber diese Gegensprechanlagen sind wirklich der absolute Witz.
Man versteht das Gegenüber ganz schlecht. Und wenns dochmal eine gute Verbindung ist, na dann helfen wir eben nach.
Ich bin der Überzeugung, daß Gegensprechanlagen ihren Namen deshalb bekommen haben, weil sie völlig gegen das Sprechen ausgelegt sind.
Endlich hat der Typ vor uns seine Mahlzeit geordert, und schon sind auch wir dran.
"Hiere Bechelun hippe," krächzt es mir aus dem Lautsprecher entgegen - der übrigens ein lebender Beweis für die Haltbarkeit von Vorkriegsware ist. Heiliger McDonald ! Investment wäre hier angebracht. Als erfahrene Drive-In*lerin weiß ich allerdings, daß der Mann am anderen Ende des Dosentelefons sich gerade nach meiner Bestellung erkundigt hat. Ich eröffne das Spiel klassisch mit einer Gegenfrage: "Haben Sie etwas vom Huhn ?"
Aus der Gegensprechanlage tönt ein schwer verständliches Wort, daß allerdings eindeutig mit "...icken" endet. Deshalb antworte ich: "Gute Idee, junger Mann, aber zunächst möchte ich etwas essen."
Etwas lauter tönt es zurück!
" TSCHIKKEN !"
"Ach so, Sie meinen Chicken. Nö, lieber doch nicht. Haben Sie vielleicht Presskuh mit Tomatentunke in Röstbrötchen ?" "Hamburger ?", fragt mein unsichtbarer Gegenspieler zurück.
Wahrheitsgemäß erwidere ich: "Nein, etwas nördlicher. Aber wieso ist das so wichtig für meine Bestellung ?"
"WOLLEN SIE EINEN HAMBURGER?" brüllt der Schwachkopf ins Micro.
"Jetzt beruhigen Sie sich mal. Na gut, ich nehm einen."
"Schieß"
"Stimmt, hatte ich nach der letzten Mahlzeit hier. Mittlerweile ist meine Darmflora allerdings wieder wohlauf, so daß ich denke, ich kann es erneut riskieren."
"OB SIE KÄSE ZUM HAMBURGER MÖCHTEN?"
"Netter Vorschlag. Ja, ich glaube ich nehme einen mittelalten Pyrenäen-Bergkäse, nicht zu dick geschnitten, von einer Seite leicht angeröstet."
Ob die nächste verknarzte Meldung aus dem Lautsprecher nun "Aber sicher doch" oder "Du Arscheloch " lautet, kann ich nicht exakt heraus hören.
Deutlich verstehe ich hingegen: "was dazu ?".
"Doch ja. Ich hätte gerne diese gesalzenen frittierten Kartoffelstäbchen."
"Also Pommes ?"
"Gute Idee, dann probier ich mal die."
"Groß, mittel, klein ?"
"Gemischt. Und zwar genau zu einem Drittel große, mittlere und kleine."
"WOLLEN SIE MICH EIGENTLICH VERARSCHEN ?"
Diese, wiederum sehr laut formulierte, Frage verstehe ich klar und deutlich.
Sie verlangt eine ehrliche Antwort: "Falls das Bedingung ist, hier etwas zu essen zu kriegen: Ja. Also, machen wir weiter?"
"Gut, gut. Etwas zu den Pommes?"
"Ein schönes Entrecote, blutig, und ein Glas 1997er LeFilou."
"ICH KOMM' DIR GLEICH RAUS UND GEB DIR BLUTIG !!!"
"Machen Sie das, aber verschütten Sie den LeFilou dabei nicht."
"SCHLUß JETZT ! Schalter zwei. Sechseurofünfundvierzig."
Schon vorbei? Gerade wo es anfängt lustig zu werden. Aber ich habe noch ein As im Ärmel. Ich zahle mit einem 200-Euro-Schein: "Tut mir leid, aber ich hab's nicht größer."
Freundlich werde ich ausgekontert: "Kein Problem," und mit kaltem Blick ausbezahlt, klappert mein Wechselgeld auf dem Stahltresen. Doch nicht mit mir ! Ich will den totalen Triumph:
"Kann ich ne Quittung haben ? Ist ein Geschäftsessen."
So ihr Lieben, und wer mir jetzt sagen kann, wo ich überhaupt noch essen gehen kann, dem lass ich nen Esel zukommen.
Alles Liebe
Sie vom Paar