Na ja, auch auf die Gefahr hin, dass er sich nicht mehr meldet, muss ich doch n bissl meinen Senf hier ablassen:
Zunächst einmal stört mich die recht herablassende Art mancher Teilnehmer hier. Lucy sagt das durchaus richtig: Eigene Erfahrungen (und darauf fußende Grundprinzipien) -> klaro, her damit. Aber 100%ige vorwurfsvolle Zukunftsaussagen verkennen, dass a) Menschen und b) Situationen anders sind. Mal die Kirche im Dorf lassen und sagen "Die Chancen, dass du das machen wirst, sind meiner Meinung nach hoch, weil xyz und das find ich scheisse, weil abc...". Klingt deutlich anders (und ja klar, ich mache solche Fehler auch gerne im Eifer der Emotion).
So, jetzt zum eigentlichen Punkt:
Vieles (richtiges) wurde schon gesagt; hier vielleicht kurz meine eigene Erfahrung und die daraus folgenden Schlüsse:
Punkt 1: Jo, ich kenne solche Gedanken. Naturalmente. Ich selbst bin mit meiner Freundin seit fast 9 Jahren zusammen; seitdem ich 18 bin und meine bisher einzige Sexualpartnerin (meine einzige andere sexuelle Erfahrung war knutschen und miniminiminibißchen angezogen körperlich nahe sein). Manche mögen das noch immer als kurze Zeit definieren; man kann es auch anders sagen: Ich bin mit ihr fast 1/3 meines Lebens zusammen, 2/3 meines sexuellen Lebens (falls man Onanie als Beginn ansieht) und fast 100% meines zwischenmenschlichen sexuellen Lebens. (Aus dieser Sicht heraus sehen manche Dinge anders aus; nicht, werte Herren und Damen Vorposter?)
Ich bin ein recht rationaler Mensch und mir war schon damals klar, dass ich im Laufe meines Lebens sehr wahrscheinlich irgendwann diesen Wunsch verspüren würde - und habe das sogar VOR unserem Zusammenkommen auch so gesagt von wegen "hey, geh mal davon aus; bereit dich innerlich vor, dass die Chancen gut stehen, dass es so kommt". Glücklicherweise habe ich eine Freundin, die selbst recht rational und selbstbewusst ist und mit solchen Dingen gut umgehen kann, ohne sich gleich abgewertet zu fühlen, weil sie nicht die einzige unter den 3,5 Milliarden Frauen auf der Welt ist, zu der ich mich körperlich oder geistig hingezogen fühlen könnte (Jo, in der Hinsicht sind wir beide ziemlich realistisch
). Gilt selbstredend auch für mich.
Ich schätze, bei mir kam nach ~3 Jahren etwa zum ersten Mal dann doch der Gedanke oder Wunsch auf, neue Erfahrung zu sammeln - erst sehr sehr leise und unspezifisch, in an- und abschwellenden Wellen dann immer konkreter und häufiger und auch drängender. Mir gings oder gehts dabei nicht um "besseren Sex"; in der Hinsicht sind wir Beide experimentierfreudig, offen, vertrauensvoll usw. usw. - also von sehr sehr liebevoll und innig zu einfach geiler Fickerei is die ganze Palette drin. Trotzdem - der Gedanke bleibt. Natürlich habe ich das angesprochen und - ka, wie du das gemacht hast, ich hab das immer sehr vorsichtig und abtastend gemacht - mich und auch sie immer gefragt, WARUM man das will, was man will, wie mans will usw usw. Vor allem das Warum ist wichtig (oder das warum nicht) - da müsstet ihr Beide immer wieder eure igenen Motive in Frage stellen. Die ersten Antworten sind nicht immer die Besten (eure Hirne wollen, dass euer Selbstbild konstant bleibt und es wird alles dafür tun, um dein Bild von dir nicht zum Wackeln zu bringen - also Tricks den Schweinehund aus
).
Nichstdestotrotz: Offenheit, Vertrauen und Treue sind für mich die Grundbausteine einer guten + glücklichen Beziehung. Aus dem Grund isses halt nicht ok, was du machst ("was du nicht willst was man dir tu" usw.) und in der Hinsicht haben viele Recht: Geh Weg 1 oder 2; frag dich: Ist es mir so wichtig, dass ich die Beziehung dafür opfern will oder nicht? Egal wie du dich entscheidest, geh einen Weg - und geh ihn dann. Jeder kann der Gute oder der Schlechte sein, das weiss man vorher halt nicht. Ich persönlich habe mich für die Beziehung entschieden, aber Beide entwickeln wir unsere Vorstellungen darüber, was ginge und was nicht, warum und warum nicht usw. Klar, wäre ich solo, könnte ich sofort an den Start gehen, aber was ich aus der Beziehung ziehe is mir einfach wichtiger.
Frag dich das, frag dich VOR ALLEM, was du eig genau suchst und warum, frag dich, ob du Geduld hast, ob du die Beziehung zu dieser Partnerin haben willst und frag dich auch, warum sie reagiert wie sie reagiert; ob man daran durch mehr Verständnis, Offenheit, Liebe oder was weiss ich was was ändern kann oder nicht. Es gibt genug Leute, GRADE in eurem Alter, die schlicht und ergreifend nicht reflektiert genug sind, um sich eine Welt vorzustellen, die über ihren Tellerrand hinausgeht. Sie finden dass dann eher auf die harte Tour in fortgeschrittenem Alter raus - könnte dir natürlich auch passieren, wenn du Schluss machst und dann erkennst, dass du einem Stück Nichts hinterhergelaufen bist
. Was du also machst: Steh dahinter, so dass du sagen kannst: "Es war der falsche Weg, aber unter damaligem Wissen würde ich heute genauso handeln".
Grüße
Soja