Jenseits der Witzeleien: Kirche oder Glauben oder Christentum oder die Bibel "oder so" sind gegen Homo- oder Bisexualität. Weil Homo- oder Bisexualität aber seit ein paar Jahren voll ok ist, schließlich gibts ja da inzwischen sogar Gesetze drüber, kann es ja nur so sein, daß irgendwas an Kirche oder Christentum oder Glaube oder Bibel nicht ok ist - ist doch logisch ! Deswegen geht man einfach hin, und bastelt, knetet und schraubt solange an "Glauben" und "Christentum" herum, bisses wieder passt, und Gott und Jesus und die Jungfrau Maria die Schwulen, Lesben und Bisexuellen lieb haben. So'ne Art Privatglaube - warum nicht ? Im Grundgesetz steht ja Religionsfreiheit, oder ?
Problem: "Kirche" ist mehr als Christentum oder Glauben oder Bibel. Kirche, das ist vor allem auch Gemeinschaft - ganz konkret, "vor Ort", da wo man lebt. Frohsinn und Gemütlichkeit, Blasmusik und Gitarrespielen am Lagerfeuer - aber auch gegenseitige Hilfe und Hilfe für andere, eine Gemeinschaft über die Kirchgemeinde hinaus auf allen möglichen Veranstaltungen, Foren und Treffs der verschiedenen Organisationen - vom Dekanat bis zur Weltkirche, zur Ökumene: "Wer glaubt ist nie alleine!" (Benedikt XVI.) Wer als Katholik nach Rom pilgert, der pilgert dort nicht hin, um einem alten Mann im Nachthemd zu huldigen, sondern um dieses Gemeinschaftserlebnisses willen, für das der alte Mann im Nachthemd mit seiner pompösen Eigentumswohnung nur der Kristallisationspunkt ist.
Das Verbindende dieser Gemeinschaft ist der Glaube - eben der gemeinsame Glaube, und nicht irgendein Privatglaube, den man sich solange zurechtgemurkst hat, bisser passt. Nicht umsonst ist die höchste Strafe, die die Kirche verhängt, die "Exkommunikation" - der Ausschluß aus dieser Gemeinschaft. Selbst in ihrer blutrünstigen Zeit der Ketzer- und Hexenverfolgungen hat die Kirche ihre Opfer niemals formel selbst verurteilt und verbrannt - sondern sie "der weltlichen Gewalt" überantwortet, die Form gewahrt.
Wer nun zentralen Normen dieses gemeinsamen Glaubens zuwiderhandelt, hat nicht nur mit diesem Glauben ein "theologisches" Problem, sondern auch ein Soziales: er stellt sich ausserhalb jener Gemeinschaft von Frohsinn & Gemütlichkeit, gegenseitiger Solidarität und dem Gefühl, Teil eines weltumspannenden, "ökumenischen" Ganzen zu sein. In dem Moment, in der Homo- oder Bisexuelle sich selbst als solchen erkennt - das nicht nur mal so ne einmalige Sache ist, wo man mal nur so probiert hat, also nicht so richtig und es auch eigentlich nicht mehr wieder tun will - sondern dies als Teil seiner Persönlichkeit akzeptiert, und dieses Verhalten auch fortsetzen will, weil es für ihn selbst das gute und richtige ist: in dem Moment ist es etwas anderes geworden, wenn man im Gottesdienst sitzt, bei Bratwurst und Bier im Pfarrgarten, bei allen möglichen gesellschaftlichen Veranstaltungen der Gemeinde, der Diöszese, der Kirche überhaupt.
Man kann in einer solchen Glaubensgemeinschaft sehr tief verwurzelt sein - sie kann nicht weniger ein guter, richtiger und positiver Bestandteil des eigenen Lebens sein, wie das Ausleben von Sexualität. Man tue doch nicht so, als ob es nichts wichtigeres geben könne im leben, als rumzuvögeln. Wir sind doch schließlich nicht alle "maniacs", die dem Schweinskram das komplette Leben unterordnen wollen - oder ?
Ein tief in seiner Glaubensgemeinschaft verwurzelter katholischer Christ befindet sich also durchaus in einer hoch konflikträchtigen Situation, mit der er zurechtkommen muß.
Was die Vulgäratheisten gerne völlig beiseite schieben: ihre ordinären Antiklerikalismen bis zur Diskriminierung von (katholischen) Christen als Geisteskranken mögen in einem Forum wie diesem auf wenig Widerspruch stoßen, ja sogar Beifall: in einer Kirchgemeinde jedoch stößt man mit dererlei kaum auf Verständnis, und kommt dem, worum es zumindest der threadstarterin wohl ging, kaum näher: nämlich der Suche nach einem Weg, gelebte Homo- oder Bisexualität mit christlichem, mit katholischem Glauben und dem Leben in einer solchen Glaubensgemeinschaft unter einen Hut zu bringen.