@FTC
Woah! Du haust da jetzt aber auch alles in die Tonne, was Du finden konntest oder? Seelische Vereinsamung hat mitnichten zwangsläufig etwas mit den neuen Medien zu tun. Die geht zufällig vor allem mit der Entwicklung des Arbeitsmarktes im Besonderen und auch einem Lohngefälle einher. Arbeitslose/Bezugsempfänger sind übrigens die Hausnummer aus der derzeit die Therapeuten den größten Zulauf an Patienten ziehen. Kurz, wo weniger monetäre Mittel, da weniger Möglichkeit an einem gemeinschaftlichen Leben teilzunehmen. Der Mensch zieht in unserer Gesellschaft eine gewisse Selbstbestätigung aus dem «gebraucht werden». Da kann im Gegenteil gerade solchen Menschen das Internet eher noch eine Plattform bieten, auf der sie ein Gefühl haben können nützlich für die Gesellschaft/Gemeinschaft zu sein. Die ist lediglich ein Aspekt zum Thema «seelische Vereinsamung», da gibt es noch sehr viele weitere zu nennen, ganz losgelöst vom bösen World Wide Web. Über das Thema Familie im 3. Jahrtausend ließe sich auch noch eine Menge ableiten zur Entwicklung einer gesellschaftlichen Vereinsamung. Aber das wäre dann doch zu off topic.
Ganz im Gegenteil treffen sich die Menschen auch offline, die sich online begegnen – oft aber deutlich qualifizierter, weil man sich vor dem persönlichen Kennenlernen längst über Gemeinsamkeiten im Klaren ist. Die Kommunikation ist dementsprechend auch – sicherlich oft einseitiger – im Thema oft hochwertiger. Beispiel: Auto-/Fotografie-/sonstige Hobbyforen. Man hat ein Thema über das man sich im Web austauscht und das man dann im «Real Life» gemeinsam pflegt oder zelebriert. Die soziale Kompetenz, die man da untereinander erfährt, ist enorm!
Alle anderen von Dir aufgeführten Punkte ziehen ihren besonderen Einfluss im übrigens aus einem gesamten medialen Umgang, da sind mitnichten nur die «neuen Medien» daran schuld. Ich glaube, unsere Großeltern haben so ähnlich wie Du schon über Autos, Radios und natürlich das Fernsehen philosophiert und die berühmten Teufel darin an die Wand gemalt.
Wenn drei Leute mit Laptops nebeneinander stehen und sich Mails schicken – kann es sein, dass die lediglich gemeinsam arbeiten?! Kinder gucken auf dem Rücksitz DVDs auf langen Urlaubsreisen? Das ist insofern schrecklich, weil wir früher auch nur gelesen oder Musik gehört haben. Stillbeschäftigt wurden Kinder schon immer! Menschen gucken gemeinsam auf ihre Smartphones bei einem persönlichen Treffen? Ja, früher haben wir dann eben gemeinsam uns unsere Panini-Bilder angesehen oder BRAVO gelesen und darüber auch nur vergessen, uns gelegentlich in die Augen zu gucken.
Also, ich bin Kind der ersten Internet-Generation. Ich habe in den letzten Jahren sehr viele menschliche Kontakte über meine Blogs, via Twitter oder Konferenzen barcamps, re:publica etc. generiert. Das sind Menschen, die ich regelmäßig mehrfach monatlich treffe. Freunde. Uns verbindet neben diesem Medium, über das wir uns kennen gelernt haben, mittlerweile ein ganz andere Qualität im Zusammensein. Wir netzwerken: wir arbeiten zusammen, wir entwickeln gemeinsam Ideen, wir erarbeiten politische, gesellschaftliche und berufliche neue Denkkonzepte und Möglichkeiten. Wir helfen einander aus auf sehr unterschiedlichen Ebenen.
Es tut mir leid, ich kann aus meinen eigenen Erfahrungen heraus Deine, doch etwas negative, Sicht der Dinge auf das Internet und dessen Wirkung auf die Gesellschaft gar nicht teilen.