Der Link verweist auf dich, lieber Text
Ich habe mich schon lange gefragt, was du in diesem schwarzen Büchlein verstecken mögest. Manchmal springst du morgens aus dem Bett, rennst zu dem Schrank, indem es liegt, reißt es heraus und kritzelst etwas hinein. Danach krabbelst du oft zurück in Bett, unter die Decke, umschließt mich mit deinen Lippen, während deine Finger in deiner Scham verschwinden. Ich spüre es und dich an meinem Schenkel und irgendwann auch mich. Danach kuschelst du dich an mich und auf meine Frage, was es mit dem Büchlein auf sich habe, lachst du nur verschmitzt.
Ein andermal kam ich früher nach Hause als gedacht. Im Treppenhaus hörte ich bereits das Wummern, im Flur erkannte ich Len Faki. Du lagst auf dem Rücken vor dem großen Spiegel, das schwarze Buch aufgeschlagen auf deinem Bauch; die untersten Seiten wellten sich von deinem Schweiß, der deinen Körper glänzen ließ in der Abendsonne. Ich konnte deine Schreie sehen, hören konnte ich sie nicht. Ich konnte unseren großen Dildo erahnen, sehen konnte ich ihn nicht.
„Was ist es nur, dieses Büchlein?!“, das in diesem Moment unschuldig und nackt vor mir liegt auf deinem Schreibtisch, vergessen, aus seinem angestammten Versteck entflohen. Sorgsam platziert. Eine Versuchung, eine Herausforderung, eine Machtdemonstration, ein Köder. Tabu. Bruch:
„liebster wie sehr wünsche ich mir dass du dies einmal läsest wie sehr würde ich dich verachten begehren mich dir hingeben ein letztes mal in unendlicher lust du erlangst durch einen vertrauensmissbrauch mein komplettes vertrauen verlangen weißt um meine sehnsüchte meine lust lies und handle und wisse um die konsequenz“
Bereits als wir am Alex in den 100er Richtung Zoo steigen, weißt du bescheid. Du hast den Koffer gesehen und wußtest bescheid, fragtest erst gar nicht, weswegen wir den Bus und nicht die S-Bahn nehmen. Du zeigst dem Fahrer dein Ticket und gehst nach hinten durch, wo du dich auf einen der Sitze im Vierer setzt. Ich nehme gegenüber Platz, schaue dich an. Du starrst mir in die Augen und machst das mit deiner Augenbrauen, was du tatest, als ich zum ersten Mal schwitzend über dir kniete. Dann rollst du deinen Rock hoch, ruckartig fährt der Bus an, langsam ziehst du dein Höschen herunter, aus, legst es in meine Hände. Unsere Augen verlieren sich dabei nicht und verlieren sich ineinander. Beim Umsteigen am Zoo lüftest du deinen Rock für einen Wimpernschlag, kaum wahrnehmbar und doch bilde ich mir ein, einen glänzenden Film auf deiner porrzellanweißen Haut gesehen zu haben. Als wir am Nikolassee erneut umsteigen, hat sich mein Lusttropfen dort, wo sich die Beule in meiner Hose immer unübersehbarer abzeichnete, durch alle Kleiderlagen gefressen. Am Ziel angekommen, der Lagen entledigt, der Last befreit, zieht er sich spinnenfadengleich zwischen deiner Zungenspitze und der Spitze meines. Das Netz ist gestrickt.
Danach ein warmes, wohlriechendes Bad, eine Massage, Sébastien Tellier, Streicheleinheiten. Es klingelt und dann brutzelt es. Dampft es. Gart es. Es werden Speisen auf Teller gezaubert und wir zaubern uns in Abendgarderobe. Eine Flasche Wein, die zum Tanzen einlädt. Wir fühlen uns wie 15jährige, erstmals verliebt. Das große amerikanische High-School-Prom-Thema. Die Spiegel ersetzen die Diskokugel und lassen uns dabei zusehen, wie Knöpfe geöffnet, Reißverschlüsse gezogen und Ösen enthakt werden. Wir stehen nackt voreinander, unsere steifen Nippel berühren sich im Takt der Musik. Gänsehaut, Anspannung. Zarte, tastende Berührungen, vorsichtig sich der Körpermitte nähernd. Umwege in Kauf nehmend, um bloß nicht das wahre Ziel zu verraten. Zufällige, scheinbar ungewollte Berührungen, ein Vorbeistreifen, das erschaudern lässt. Lippen, die nicht voneinander können, Zungen, die sich fast zu tief ineinander verschlingen, Arme die verschmelzen. Das erste Eindringen, ganz langsam, milimeterweise, ohne mit den Händen zu führen, wie von selbst, bis sich unsere Schambeine berühren.
Frühstück im Bett, Sex unter der Dusche. Endlich Zeit, eine Stadtrundfahrt auf der Spree zu machen, endlich so bekloppt sein, mal den Fernsehturm hochzufahren, da oben ein Stück Torte – ja, Torte soll es sein, nicht Kuchen! Wir lassen es mal krachen – zu mampfen. Lust, diese sündhaft teuren Dessous auf der Friedrichstraße anzuprobieren, in ein Pornokino zu gehen und im Wettlauf zu masturbieren, zurückzukehren und zu wissen, was passiert. Vorfreude.
Die schwarzen Heels mit den vielen Lederriemen, der Catsuit, über den wir uns so oft ärgerten, weil er nur fünf Öffnungen hat, die Augen mit einem Strumpf verbunden. Du stehst im Raum, zitterst, dein Zwerchfell wegen Fakis Bässen, deine Lenden vor Erregung, deine Finger vor Anspannung. Meine graben sich durch das Nylon, fassen dich an, greifen dich ab. Sie dringen in deinen Mund ein, durchdringen zerrend den Stoff, dich. Ein bisschen zu hart, reißen dich auf, den Stoff, deine Augen unter dem Nylon. Meine Hände fixieren dich, Leder reibt auf Haut, Metall schnappt ineinander. Die Hände lassen nicht von deinem Körper. Sie sind an deinem Hals, deinem Haar, deinem Bauch, deinen Brüsten, an deinen Füßen, Waden, spreizen deine Schenkel. Sie sind überall. Gleichzeitig. Es sind 4 Paar Hände. Du kämpfst, wehrst dich, gibst auf, dich hin, als eine sonore Frauenstimme es dir befiehlt. „Zieh euch aus!“, sagt sie und Ledergürtel werden geöffnet, Hemden gleiten über deine Beine zu Boden. Wärme tritt an dich heran. Du kannst nicht mehr sprechen, bist natürlich geknebelt, kannst nur noch stöhnen, als die Perforation einer Kondompackung an deiner Ohrmuschel reibt, aufgerissen wird. In der nächsten Stunde fühlst du dich erfüllt wie niemals zuvor. Weiß und glitzernd sind deine Brüste, als die Frau den Männern befiehlt, sich hinter dich an die Wand zu stellen, sie nimmt dir die Augenbinde ab. Ihr Gesicht ist von einer Maske verdeckt, aus der dich ihre Augen böse heraus anblicken. Sie streift sich schwarze Vinylhandschuhe über und nach wenigen Minuten wissen wir Männer neidisch, was es bedeutet, zu ejakulieren. Du schläfst erschöpft und augenblicklich ein.
Es ist zu Ende. Aus und vorbei. Ich weiß es, habe das Schutzsiegel gebrochen und wir werden uns verlassen. Dann schlage ich die letzte Seite des Büchleins auf. Dort findet sich ein Link:
http://www.joyclub.de/sex/love_appartement_fuer_sexy_wochenenden.html und darunter: „ich schenke dir mein vertrauen.“