"Lieb" ist nicht genug
Hier doch mal wieder was von männlicher Seite.
Vor allem früher, in wilder Jugend, hatte ich mit "nur lieb" tatsächlich ein Problem. Es geht dabei nicht darum, dass lieb uncool ist oder ich die Jagd brauche, auch wenn das kein ganz abwegiger Gedanke ist.
Doch will ich vor allem ein Gegenüber, an dem ich mich reiben kann. Meist ist "lieb" auch ein Synonym für „schwach“, und dann geht es schief.
Wenn sie unter Diskussionen oder Meinungsverschiedenheiten leidet, wenn sie so harmoniebedürftig ist, dass bloß nichts in Frage gestellt oder verändert werden darf, weil das Angst macht; wenn sie sich schon bei Kleinigkeiten angegriffen fühlt ... dann ist das einfach zu wenig.
Einige Frauen in meinem Leben hatten durchaus ein Herz aus Gold, waren mir liebevoll zugetan, waren charmant und attraktiv und alles... aber irgendwann verlor ich den Respekt vor Ihnen, und dann ist es bei mir wirklich vorbei mit der Liebe.
(Das ist nichts, worauf ich stolz bin, das war nicht nett oder auch nur wertschätzend vor mir. Immerhin versuchte ich, damit ehrlich umzugehen, ohne verletzend zu sein. Bin nicht sicher, dass das immer geklappt hat.)
Insofern: Ja, „Lieb“ ist nicht genug.
Doch auch „stark“ wird gerne missbraucht.
Wenn „stark“ durch Zickigkeit ersetzt wird, die eigene Befindlichkeit zum Maß aller Dinge gemacht wird und Streit gesucht wird, damit mal was los ist – dann ist das ist das unnütz und ärgerlich, um nicht zu sagen: Selten dämlich. Daher kann ich bestätigen, dass Männer mit einigen Frauen, die sich selbst als „stark bezeichnen“, keine Freude haben. Nicht, weil sie dem nicht gewachsen wären, sondern weil Frau nicht stark, sondern neurotisch ist.
Im Grunde ähnelt das der lieben, schwachen Frau – nur dass eben nicht seufzend klein beigegeben und gelitten wird, sondern auch bei Banalitäten die Furie zum Vorschein kommt.
Lieb IST gut!
Ich habe eine große Freude an einer Frau, die „lieb“ ist, weil sie nicht um alles kämpfen muss. Muss ich auch nicht. Ein freundschaftliches, respektvolles, gar harmonisches Miteinander ist richtig schön!
Das ist eher eine Gelassenheit, die aus innerer Ruhe und dem Bewusstsein der eigenen Stärke kommt. Da ist nicht jeder Konflikt eine Bedrohung, sondern eine Gelegenheit, vielleicht sogar eine Einladung zum Disput.
Doch dabei denke ich in der Tat dann nicht an lieb (wie Bambi), sondern eben an stark und gelassen.
Solche Frauen sind eine enorme Bereicherung für mein Leben – ich bin froh, dass es sie gibt.