Willi
Ok. Seufz, dann kram ich mal in meinem Wissen Kästchen. Ich habe übrigens Psychologie als Nebenfach im Studium gehabt, mehr sage ich nicht dazu.
Es gibt einen Beziehungs- Therapeuten namens Jürg Willi, der ein paar schöne Bücher geschrieben hat, unter anderem den Klassiker: „Die Zweierbeziehung“
In diesem erklärt er vier Grundmuster, nach denen Menschen im Paar ticken. Gut und gesund ist, wenn jeder von allem was hat und man sich mit den Seiten der Münze abwechselt. Als ungesund beschreibt Willi, wenn ein Paar sich gefunden hat, deren Teile jeweils ein Extrem darstellen. Er sagt, dass die Partner sich gegenseitig so in ihrer Extremposition festhalten würden, Entwicklung erlahmte und man sich gegenseitig irgendwann fertig macht.
Das einleuchtendeste Beispiel ist das von der „Orale Kollusion“. Da tun sich zwei zusammen von denen einer gepflegt und gehätschelt werden will und der andere gerne pflegt und hätschelt. Mit der Zeit verbeißen sie sich in ineinander, weil der „Pflegling“ stehts mehr fordert und der Pfleger irgendwann nicht mehr geben kann. Versucht einer der beiden das Muster aufzubrechen, beschwert sich zum Beispiel der Pflegling, dass er vom Partner künstlich klein gehalten würde hat der Pfleger Angst, dass die ganze Beziehung bedroht ist und versucht das Gegenüber noch kleiner zu halten, um das Gleichgewicht im Paar nicht zu gefährden.
Kommen wir also zu „narzisstischen Kollusion“. Laut Willi ist die im Anfangsstadium so aufgebaut: Es gibt einen „Bewunderer“ und einen „Narzissten“, den Star. Der Bewunderer hat die Haltung: „Toll, dass Du so grandios und selbstbewusst bist!“, der Narzisst: „Toll, dass Du mich so bewunderst, verehrst und bestätigst!“. Irgendwann kippt das Ganze und es entsteht beim Bewunderer die Haltung: „Unerträglich, dass Du so böse und rücksichtslos bist. Deine aufgeblähte Selbstherrlichkeit demütigt mich!“ Der Narzisst reagiert mit: „Unerträglich Deine demütige Kaninchenhaltung, die mich einengt, verpflichtet und mir Schuldgefühle macht!“
Vielleicht wird jetzt klar, weshalb manche Menschen von außen meinen, der Dom/Sado Part in einer Beziehung sei ein Mensch mit einer gestört narzisstischen Persönlichkeit. Der „Bewunderer“ in Willis Fall ist übrigens auch mit einer solchen Störung versehen, nur dass sie sich umgekehrt auswirkt.
Grundsätzlich spricht Willi von einem Regressiven und einem progressiven Partner:
Ein "gesunder", "nicht-neurotischer" Mensch hat ein großes Verhaltensrepertoire, das er in unterschiedlichen Situationen angemessen einsetzen kann. Er besitzt ein hohes Maß an Gefühl und Verständnis für sich selbst, Selbstständigkeit und damit Stabilität. Er kann seinen "kindlichen", "regressiven" Bedürfnissen (wie Wünsche nach Schutz, Geborgenheit, Zärtlichkeit, Liebe, Einander-Gehören etc.) ebenso angemessen umgehen wie mit "erwachsenen", "progressiven" Bedürfnissen (z.B. Wünsche nach Stärke, Kompetenz, Tatkraft, Überlegenheit). In einer gesunden Beziehung können die Partner flexibel zwischen progressiven und regressiven Tendenzen wechseln.
Das Repertoire von regressiven und progressiven Verhaltensweisen ist bei "neurotischen Störungen" in seiner Flexibilität eingeschränkt. Die Möglichkeiten der persönlichen Entwicklung sind nicht voll ausgeschöpft. Solche Menschen sind in ihren Wünschen starr und ihr Verhalten auf wenige Muster eingeschränkt. Meist besteht eine Fixierung auf eine regressive oder progressive Position. In einer "neurotischen Kollusions-Beziehung" nimmt jeder Partner eine starre Position ein. Andere - besonders komplementäre, d.h. gegenpolige - Verhaltensweisen werden verdrängt. Die Partnerwahl findet unter dem Gesichtspunkt statt, die eigenen verdrängten Tendenzen und Wünsche an den Partner zu delegieren. Somit finden oft Paare zusammen, wo der eine in einer progressiven Position ist (der regressive Tendenzen verdrängt hat) und der andere in einer regressiven Position (bei verdrängten progressiven Tendenzen), um sich unbewusst gegenseitig zu ergänzen. Die Partner bilden aufeinander bezogene "Interaktionspersönlichkeiten", die sich durch gegenseitige Abhängigkeiten auszeichnen.
Nachlesen kann man das Ganze hier:
http://www.ipsis.de/themen/themapaar.htm#4.1.%20narzisstische%20Kollusion
Ich stelle nicht in Abrede, dass eine DOM/sub Beziehung die Kollusion zwischen einem neurotisch regressiven und einem neurotisch progressiven Menschen sein KANN.
Mein Hauptargument gegen das Anlegen von Willis Maßstäben an die Dom/sub Beziehung ist, dass sich hier zwei Menschen die sich ihrer Neigung BEWUSST sind zusammen getan haben. Willi spricht von Paaren, in denen unbewusste Prozesse das ständige Gefälle auslösen.
Genaueres Auseinander Pflücken ist mir gerade nicht möglich, weil ich los muss, aber vielleicht geht die Diskussion jetzt ja gespeist von ein bisschen Fachliteratur weiter.
Liebe Grüße
Alre