Ich denke auch, dass man den ersten Schritt vor dem Zweiten machen sollte.
Also:
• Erstmal das Wissen aneignen, wie Brennweite / Verschlußzeit / Blende sich auf das Bild auswirken. Das ist auch unabhängig vom Kameratyp. Spezielles Wissen über die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Sensorgrößen sind von Vorteil, wenn nicht, merkt man es halt in der Praxis.
• Dann sollte man sich mit den Funktionen der Kamera auseinandersetzen. Der 'erotische' Augenblick ist bei den meisten Aufnahmen eine gestellte Szene - aber dafür muß man das Model begeistern können. Wenn der Fotograf dauernd an den Einstellungen der Kamera rumnestelt, dann verliert das Model schnell die Lust. Deshalb sollte man schon vor dem ersten Shooting die Kamera im Schlaf beherrschen können.
Was schon angeführt wurde: Wenn es Deine Kamera erlaubt, dann schalte die Automatik aus. Willst Du die Bilder machen, oder soll die Kamera das für Dich tun? Je besser Du die Kamera beherrschst, umso eher hast Du Einfluß auf das Bildergebnis. Und umso mehr unterscheiden sich die Bilder von den üblichen Knipsbildern.
Eine Vollautomatik ist so programmiert, dass sie das ganze Bild bewertet und einen mittleren Belichtungswert rmittelt. Das bedeutet zum Beispiel: Machst Du eine Aufnahme Deines Models im Schnee, dann sind 90% des Bildes weiß, was die Automatik dazu veranlasst, mit der Belichtungszeit kürzer zu gehen oder die Blende weiter zu zu machen. Das Model wird also unterbelichtet, bzw. zu dunkel dargestellt.
Bei der Menschenfotografie wird fast immer eine möglichst weit offene Blende gewählt, und wenn Du das Model richtig belichten willst, dann stellst Du Deine Belichtungszeit halt so ein, dass das Model auch genug vom Licht abbekommt - auch auf die Gefahr hin, dass Dir der Schnee ausfrisst. Das bildbestimmende Motiv bestimmt die Belichtung.
Was draußen im Schnee gilt, ist zu Hause nicht anders, der Kontrast ist halt nicht ganz so extrem. Je mehr Du selber in die Steuerung der Kamera eingreifen kannst, umso mehr wird das Ergebnis so, wie Du es haben willst. Also: Lern die Kamera beherrschen.
• Als nächstes würde ich erstmal anfangen zu üben. Dazu muß es nicht gleich ne nackte Frau vor der Linse sein. Es geht um das Studieren von Licht und um die Auswirkungen der unterschiedlichen Kameraeinstellungen auf das Bildergebnis. Da kannst Du Dir ebenso einen Sack Kartoffeln vor die Linse stellen. Der Vorteil dabei: Der hat immer Zeit, selbst mitten in der Nacht; der wird nie quängelig; dem wird nicht kalt; der lässt sich umherschubsen wie man will. Ob es nun ein Sack Kartoffeln ist, ein Kuscheltier oder irgend ein anderer Gegenstand ist dabei erstmal egal. Wichtig ist, dass man Lichtsituationen schafft, das zu fotografierende Objekt so ausrichtet, dass es vom Licht optimal modelliert wird und man beim Probieren ein Gespür dafür bekommt, welches SetUp für schöne Ergebnisse sorgt.
Du hast geschrieben, dass Du Dir die EXIF-Daten bei Flickr anschaust. Ich selber bin kein Freund davon, EXIF-Daten eines fremden Bildes zu studieren, denn ich weiß ja nicht, was zwischen Aufnahme und Präsentation des Bildes passiert ist. Hat der Fotograf ein Weitwinkel aufgenommen und stellt nur einen kleinen Ausschnitt davon ins Netz, dann sind die Daten ebenso widersprüchlich, als wenn er hinterher ordentlich mit der EBV geschraubt hat.
Besser ist es, sich die Bilder selbst anzuschauen. Versuche, anhand der Schatten herauszufinden, aus welcher Richtung das Licht kommt, ob eine oder mehrere Lichtquellen vorhanden waren ... Das bringt Dir tausendmal mehr als das Studium von EXIF-Daten, vor allem wenn sich die Kamera deutlich von Deiner unterscheidet.
• wenn Du das alles hinter Dir hast und noch immer fotografieren willst, dann hol Dir ein Model vor die Linse. Darf auch erstmal angezogen sein, denn gerade, wenn das Model und der Fotograf das noch nie gemacht haben, dann ist ein angezogenes Shooting schon mal entspannnter. Wobei nun zu all dem technischen Wissen die Königsdisziplin des Menschenfotografen kommt: Das Model anleiten.
Als Fotograf bist Du Drehbuchautor, Ressigeur und Produzent in einer Person. Das Model sieht sich selber nicht, braucht also Deine Anweisungen, um sich optimal zu präsentieren.
Die Anweisung: 'Stell Dich mal hin und mach a bisserl was' dürfte in der Regel dazu führen, dass sich das Model mehr oder weniger verkrampft vor Deiner Kamera bewegt. Ihr einen Dildo in die Hand zu drücken mit der Bitte 'Mach es Dir selbst' wird auch eher selten funktionieren.
Idealerweise kaufst Du Dir ein Anatomie-Buch und studierst den Aufbau der Muskulatur und der Sehnen. Dann weißt Du nämlich, welche Muskeln das Model anspannen muß, um eine Aufnahme zu machen, die sich von einem Schnappschuß unterscheidet. Du kannst auch gute Aktbilder studieren, das dauert länger, klappt aber auch.
Dem Model Kommandos zu geben ist nicht ganz so einfach. Bei mir war das der schwierigste Punkt, als ich eingestiegen bin. Würde ich heute nochmal anfangen, dann würde ich einen Workshop buchen. Denn da bekommst Du Hilfe, Deine Kamera einzustellen, und Du siehst, wie der Workshopleiter mit dem Model umgeht. Das unterscheidet sich i.d.R. deutlich von dem, was im Fernsehen manchmal gezeigt wird. Hilfreich kann auch sein, erstmal ein erfahrenes Model zu buchen, die selbstständig Posen und Dir dabei erklären kann, weshalb sie die Pose so wählt.
Wenn Du anfängst zu fotografieren, dann fang nicht gleich mit schwierigen Lichtverhältnissen an. Kerzenlicht ist für ne gute SLR schon ein Problem. Wenn Du mal im Studio zuschaust, wie viel Licht bei LowKey-Bildern eingesetzt wird, dann verstehst Du, was ich meine.
Such Dir ein helles Zimmer, idealerweise ein Fenster, wo nicht direkt die Sonne rein scheint. Evtl. kannst Du das Licht mit einem durchsichtigen Stoff diffuser machen.
Stell Dein Model so neben das Fenster, dass das Licht von links oder von rechts auf das Model fällt. Lass sie sich leicht drehen, und beobachte, wie das Licht den Körper modelliert. Wenn alles passt, dann drücke ab. Ist die lichtabgewandte Seite zu dunkel, dann besorg Dir ne Styroporplatte ausm Baumarkt und stell sie auf einen Stuhl, gegenüber vom Fenster, so das das Licht vom Fenster dort reflektiert und auf das Model geworfen wird.
Wenn unbedingt eine Kerze mit aufs Bild soll, kannst Du sie ja trotzdem mit dazu stellen. Bei der Nachbearbeitung ist es einfacher, das Bild abzudunkeln um den Eindruck zu erzeugen, es wäre bei Kerzenschein aufgenommen.
Noch ein wichtiger Punkt: Stell das Model nicht an die Wand, sondern mindestens einen halben Meter davon entfernt - je weiter, umso einfacher kannst Du den Hintergrund ausblenden. Und: Räum alles weg, was nicht unbedingt aufs Bild muß. Bilder mit der Zimmerpflanze im Hintergrund, der Schlüsselbund oder das Handy auf dem Tisch ... wirken meist 'billig' es sei denn, diese Gegenstände sind Bestandteil der Bildgeschichte.
Viel Geschreibsel für einen Crashkurs, aber noch lange nicht alles, was man wissen sollte, um gute Bilder machen zu können.
Und klar: Ich hab schon richtig verstanden. Es geht darum, mit wenig technischen Aufwand ein paar Aktbilder zu machen.
Wenn es aber Aktbilder und keine Nacktbilder sein sollen, dann gehört ein wenig Grundlagenwissen dazu. Mein Geschreibsel zeigt auf, wie man auch mit kleinstem technischem Aufwand gute Bilder machen lernt. Es zeigt natürlich auch auf, dass man selten was in den Schoß gelegt bekommt, das meiste muß man sich erarbeiten.
Meine Devise: Ein Model, das sich vor Deine Kamera stellt und sich fotografieren lässt verdient es auch bestmöglich abgelichtet und präsentiert zu werden.
Fred