so viele Meinungen
Nun habe ich mich eine Weile zurückgehalten, nur mitgelesen, manchmal kopfnickend zugestimmt, zweifelnd selbigen auch geschüttelt und frage mich nun, ob diese ganze Toleranz, das viele Reden und Verständnis nicht doch eine Augenwischerei, ein Schönreden ist und ob sich einige da nicht lieber in die Tasche lügen, wenn sie gute Ratschläge erteilen wie man denn diesen Vertrauensmißbrauch auch sehen und interpretieren könne oder eine Beziehung umbenennen oder gar umgestalten könnte, um diesen Vertrauensmißbrauch (sei es ONS oder Affaire) irgendwie einpassen zu können, damit das eigene Gefühlsleben wieder stimmig wird.
Fakt ist doch: In einer monogamen Beziehung vertraut man dem anderen, dass er sich eben NICHT auf einen anderen Menschen einläßt. "nur Sex ist ok" - hier könnte man schon anfangen zu definieren, wo "reiner" Sex aufhört und eine "intensive Intimität" anfängt. Ganz provokant stelle ich mal die These hier ein: Ficken kann jeder, Küssen ist intimer. Ich möchte mich hier sicher nicht als Moralapostel aufspielen; rede da auch aus eigener Erfahrung. Habe ich (als Single!!) nur Sex, dann hat es was mit Lust und der derzeitigen Stimmung zu tun; Küssen ist für mich etwas ganz besonderes und intimes, da ist Herz und viel Gefühl dabei - also eher (für mich!) etwas, das ich lieber mit meinem Liebespartner (Lebensabschnittsgefährten, Beziehungsmenschen....) praktiziere.
Die Ausrede "ich bin da nur reingerutscht (klar, im wahrsten Sinne des Wortes
) oder "es ist irgendwie passiert", kann ich so nicht stehen lassen. Wie geistig umnachtet muß der andere denn gewesen sein, um so eine Situation nicht unter Kontrolle zu haben und dann quasi ganz unverschuldet in "so eine Situation hineingerutscht zu sein"??? Hier gehören immer noch zwei dazu - wie auch schon hier von anderen Mitschreibern betont wurde.
Ob ich die wirklichen Gründe jedoch so explizit wissen möchte um dann möglicherweise in einen selbstgewählten Gefühlsmasochismus zu verfallen, wage ich zu bezweifeln. Unterm Strich hat der andere mit seinem "Ausrutscher" mein Vertrauen mißbraucht. Basta!
Das Vertrauen zu verlagern, Prioritäten setzen, den Partner als Ganzes zu sehen und "diese eine Sache" nicht so existenziell wichtig zu nehmen, ist eine Sache. Es wird immer ein "anderes Vertrauen" sein als vorher, m.E. aber nicht mehr dieses Urvertrauen was einen als Paar gefühlsmäßig zusammengeschweißt hat. Somit ist "eine neue Vertrauensbasis" gar nicht so abwegig, aber ist es wirklich das, was der/die Betrogene letztlich will?
Wenn ich meinen Partner liebe, kann ich ihm verzeihen, aber niemals die Sache vergessen. Das wäre Augenwischerei. Hier sollten wir auch ehrlich sein. Ein Mißbrauch verletzt - egal aus welchem Grund. Hier aber mangelndes Selbstwertgefühl zu unterstellen, weil Zweifel und Ängste möglicherweise nagen finde ich denn doch etwas starken Tobak.
Sicher kann ich Verständnis für meinen Partner haben, dass er mal einer Versuchung erlegen ist. Schließlich liebe ich ihn ja. Nur hat er hier eine Hemmschwelle überschritten, mein Vertrauen in ihn verletzt. Er liebt mich? Warum tut er das dann?
Gleiches mit gleichem vergelten um wieder "auf gleicher Augenhöhe" zu sein? Finde ich etwas fragwürdig - aber wem es hilft ... Jeder geht anders mit einer solchen Erfahrung um und ich denke, hier gibt es keine festen Regeln.
Ein Vertrauensmißbrauch tut verdammt weh - ob Zeit alle Wunden heilt oder es doch Narben gibt, die immer mal wieder "jucken" muß jeder für sich selber entscheiden. Manche reagieren direkt und trennen sich; andere versuchen möglicherweise durch Verständnis, Reden, Toleranz, Umdenken, Veränderungen und möglicherweise auch anderem alles wieder "irgendwie ins Lot" zu bringen - und schieben dadurch die Trennung möglicherweise nur auf. Sind das nun unverbesserliche Optimisten oder reden da Leute, denen so etwas noch nicht passiert ist? (dies ist keine Negativ-Bewertung!!!)
Gefühle, Vertrauen, Zuverlässigkeit und die Geborgenheit in einer Beziehung sind so immens wichtig (hier ist kein Klammern gemeint!!); ich finde es schade, wie leichtsinnig viele damit umgehen.
Wenn sich zwei Menschen in Liebe finden, gehen sie für eine Zeit lang einen gemeinsamen Weg, der sich vielleicht auch irgendwann mal wieder trennt - aber diese Zeit sollte man doch eher versuchen durch Dritte nicht belasten zu lassen. (Offene Beziehungen, Polyamorie etc. jetzt mal ausgeschlossen!! Himmel, hier muß man aber auch immer an alles denken ....
).