Damit sind wir wieder beim eigentlichen und zentralen Anliegen dieses Threads:
Wir nehmen etwas persönlich, das gar nicht persönlich gemeint ist.
Watzlawick hat in "
Anleitung zum Unglücklichsein" ein paar wunderbare Geschichten dazu erzählt.
Eine davon werde ich nie vergessen: Jemand geht an einem Haus vorbei, und dummerweise fällt in genau diesem Moment jemandem aus dem vierten Stock ein Blumentopf aus der Hand. Der trifft den Fußgänger um ein Haar am Kopf und zerschellt direkt vor ihm auf dem Boden.
Manche Menschen schütteln jetzt den Kopf oder fluchen über den Idioten, dem das passiert ist. Andere lachen und gehen weiter ihres Weges. Sie alle wissen, dass der Topf da einfach nur runtergefallen ist und keiner sie persönlich treffen wollte. Sie nehmen sich selbst nicht so wichtig, um zu denken, die ganze Welt dreht sich nur um sie und alle anderen hätten den lieben langen Tag nichts Besseres zu tun, als immer nur ausgerechnet ihnen weh zu tun.
Andere fühlen sich dagegen sofort persönlich angegriffen und vermuten nur eines: dass man mit diesem Topf persönlich nach ihnen geworfen hat. Und so laufen ab sofort nur noch mit Helm durch die Gegend. Doch am nächsten Tag passiert ihnen wieder etwas ähnliches, weshalb sie auch noch einen Harnisch auf der Brust tragen und eines Tages sich nur noch in voller Rüstung auf die Staße trauen, wie beschwerlich das Gehen dabei auch sein mag, sie fühlen sich nun wenigstens sicher vor den Unbillen des Lebens und den bösen Absichten aller anderen - immer in der Angst, alle wollten nur sie verletzen.
Dabei hatte keiner jemals die Absicht, ihnen weh zu tun, sondern sie waren alle einfach nur so, wie sie nun mal sind. Sie haben niemanden persönlich treffen wollen oder es ist ihnen einfach nur ein Blumentopf aus der Hand gefallen ...
Ich hatte mal eine Kollegin, die fühlte sich eines Tages tatsächlich persönlich getroffen und angegriffen, weil ich und ein paar andere ihr fröhlich und gutgelaunt einen schönen guten Morgen gewünscht haben. Da war nicht die geringste böse Absicht dahinter gewesen, meine Kollegen und ich wollten einfach nur nett sein.
Sie aber war stinksauer auf uns - und wir alle hatten keine Ahnung, warum. Später stellte sich heraus, dass am Abend vorher ihre Schwester in den USA tödlich verunglückt war, und in ihrer Trauer darüber ging sie nur davon aus, dass wir das ja wissen müssten und sie mit unseren fröhlichen "Guten Morgen!" ärgern oder verletzen wollten.
Tatsächlich hatte sie sich letztlich nur selbst verletzt, nämlich mit ihrem wohl durch die Trauer ausgelösten Vorurteil, dass alle es nur darauf abgesehen haben, sie heute zu kränken - als hätten die Menschen um sie herum nichts anderes zu tun. Kein einziger hatte ihr wehtu wollen. Das Wehtun war nur in ihrer eigenen Vorstellung, wir anderen hatten uns nur so verhalten, wie wir eben sind.
(Der Antaghar)