Auch nach Jahren
kann man noch auf den Hintern fallen. Vorsicht bringt da nix, denn ab einem gewissen Gefühlsniveau geht eben mit Vorsicht nichts mehr: Wenn ich Fahrrad fahren will, muss ich eines Tages die Stützräder weglassen. Nur so ist es Fahrradfahren.
Ergo macht man sich verletzlich, wenn man sich heftig in die Beziehungt zu jemandem "hineinsteigert". Aber nur so klappt es mit den emotionalen Höhenflügen... und je mehr Thermik es gibt, desto eher hat man auch mal einen Klapper im Schirm und es rettet nur noch die Reserve (sorry für dieses Gleitschirmgleichnis, mir ist auf die Schnelle kein Besseres eingefallen), dennoch kommt meist eine Baumlandung dabei raus, ein Sturz in Felsgelände oder sonstwas. Ganz ohne Blessuren geht es also nicht.
Fragt sich dann, ob ich beim nächsten Mal einen Bogen um solche Bedingungen mache oder nicht. Wahrscheinlich geht man immer wieder ein gewisses Risiko ein, verletzt zu werden. Weil das High eben zu schön ist, um es bleiben zu lassen...
Es ist also unterm Strich immer dann selbstverletzendes Handeln, wenn man sich bewusst in Situationen begibt, welche die eigenen Flugkünste übersteigen, denen man nicht gewachsen ist. Lernresistenz oder zu viel Gottvertrauen - es ist jedenfalls am Ende erst mal die eigene Blödheit, wenn man immer wieder auf die glühende Herdplatte langt und sich über die Brandblasen wundert.
Was aber, wenn man vorsichtig war, wenn man sich eeeewig Zeit gelassen hat, um zu sehen, ob das Gegenüber die eigene Bewunderung, gar Vergötterung überhaupt wert ist - und diese Person sich nach der erfolgreich durchlaufenen Testphase auf einmal entwickelt? Neue Prioritäten setzt etc.?
Auch dann kann es einen "runterhauen". Das würde ich dann aber unter Pech verbuchen. Kommt immer mal vor. Da muss man sich aber keinen Vorwurf machen. Das ist dann einfach die Tragik des Lebens, dass höchstes Glück und großer Schmerz oft Hand in Hand durch die Zeiten streifen.
Also mein Tipp an die Leute, die immer wieder tief fallen: Das Wetter besser lesen lernen! Es ist nicht für jeden fliegbar, auch wenn draußen welche am Himmel mit 3m Steigen der Sonne immer näher kommen. Man sollte vor allem seine Grenzen kennen, wenn man sich in Abenteuer stürzt.
Ich habe bisweilen auch den Eindruck, dass die Angst vor Verlust, das Gefühl, dass es bald wieder in die Hose gehen könnte, genau dies heraufbeschwört: Man fängt an zu klammern und sich zum Affen zu machen und vertreibt so selbst den Luftikus, der eigentlich hätte bleiben wollen...
Normalerweise steigt kein normal denkender Mensch, der nur leidlich reiten kann, auf einen durchgeknallten Vollblüter. Warum also sollte man das bei Menschen immer wieder versuchen?
Wer einen losen Vogel halten will, muss ihn ab und an auch fliegen lassen... das kann eben nicht jeder. Und sollte das demgemäß irgendwann einsehen, dass ers nicht kann.
Wenn eine Liebe komplett übern Jordan geht, könnte man schier den Verstand darüber verlieren. Das ist aber nicht der Sinn der Übung. Wunde spülen, klammern und was fürs Gleichgewicht tun, damit die Selbstheilungskräfte wieder greifen.
Mehr geht in dem Moment nicht. Aber dann kann man auch ein bisschen dazulernen, wenn genug Abstand gewonnen ist. Oder sich eben für die Gefühlsachterbahn entscheiden, weil einem eine Beziehung in Eintracht und Gleichmut und ohne große Aufregung unterm Strich einfach nicht reicht. Wer sich an Menschen besaufen will, muss sich eben an Kater gewöhnen...