- wie geht Ihr mit verletzungen um?
Ich versuche sehr intensiv herauszufinden, was passiert ist, woher kam das, Erwartungen aus Annahmen, Bruch von Absprachen, wieviel ist bewußt gewesen, wieviel unbewußt, was kann bewußterer Umgang miteinander verbessern - und will ich das mit diesem Menschen versuchen umzusetzen (und er/sie mit mir).
Nach außen gerichtet sind die Reaktionen bei mir fast nie (Wut, Enttäuschung), meistens eher Trauer oder ein Gefühl von Hilflosigkeit, wenn sich gezeigt hat, daß das, was schien, nicht war. Der Versuch, wieder die aktive Rolle zurückzuerlangen, künftig nicht durch die selbe Situation wieder zu leiden, ist vordergründig.
- laßt Ihr die gefühle zu oder rationalisiert Ihr Eure erfahrungen mit dem verstand?
Wenn ich mich dem Problem gerade nicht widmen kann, weil ich anderweitig Energie brauche, dann wird nur ganz grob Notfallprogramm gefahren, distanziert von der Emotion erledigt, was sich nicht verschieben läßt und die Aufarbeitung des Problemthemas erstmal vertagt.
Sobald ich Raum dafür machen kann und Energie freisetzen, widme ich mich dem aber sowohl emotional als auch rational (ich beschreibe, was ich fühle, teilweise auch schriftlich, weil mir das sortieren hilft). Wenn ich den ersten großen Aufruhr hinter mir habe und den Drang, emotional auf jemanden loszugehn (also das Problem jemandem als Schuld zuzuschieben) überwunden, beschäftige ich mich intensiv mit dem Versuch, Empathie wiederzubekommen und die Gegenseite zu verstehen. Und was die jeweilige Situation für das "uns" bedeutet. Das hilft beim gemeinsamen Sprechen und nach Lösungen suchen, weil es das "ich gegen Du" mehr in ein "wir zusammen woanders hin" verschiebt.
- könnt Ihr auch nach der 1001. (selbst)verletzung offen bleiben für neue menschen und neue erfahrungen oder legt Ihr Euch- wie anderorts unterstellt - einen schutzpanzer zu?
Ich zähle die nicht.
Aber bisher habe ich aus jeder etwas wichtiges gelernt und zwar meistens über MICH, meine Fehler, meine Schwächen, Konflikte die ich "gezielt" suche, weil ich etwas überwinden möchte. Stellvertreterkonflikte oft, weil ich den eigentlichen Konflikt nicht anzugehen bereit bin oder noch nicht sehe. Wenn ich den selben Stellvertreterkonflikt oft genug hinter mir habe, begreife ich aber meistens worum es eigentlich geht und kann mich endlich um das eigentliche Problem kümmern ...
Insofern betrachte ich Verletzungen als wichtig und hilfreich, sie sind wie Geburtsschmerzen für ein gesünderes Ich.
- folgt Ihr eher der theorie, der/die andere ist "schuld" und das a*** oder seht Ihr auch Eure eigenen anteile am scheitern?
Ich bin kein Opfer. Mag banal klingen, aber viele Leute mögen das von sich glauben, handeln aber trotzdem so. Ich wähle, mit wem ich mich einlasse, wie ich mich einlasse, ich habe die Macht über die Annahmen und Erwartungen, die ich habe und wie ich sie kommuniziere und wie lange ich leide, wenn sie nicht erfüllt werden und ich sie nicht ändern möchte. Das ist alles absolut in meiner Hand. Insofern ist es ziemlich egal ob mein Gegenüber ein "Arschloch" ist oder nicht, es kommt nur darauf an, was ich damit mache und ob ich mich dem widme und warum.