Ein Bündel von Gründen
Warum die Menschen in den sog. Industrieländern immer dicker werden, hat eine Reihe von verschiedenen Gründen - einige davon sind schon genannt:
1.
Genetische Faktoren spielen für die Entstehung von Übergewicht häufig (60-80%) eine bedeutende Rolle.
• Die Fähigkeit Energie (Fett) zu speichern stellte in Zeiten limitierter Nahrungsressourcen und somit während des größten Teiles der menschlichen Evolution einen Selektionsvorteil dar und konnte so genetisch fixiert werden.
Zu Neandertals Zeiten hatten diese Menschen also einen Überlebensvorteil - die mit dem hohen Stoffwechsel hatten es wesentlich schwerer damals.
Heute ist es genau umgekehrt - wir leben schließlich im Schlaraffenland. Bei einer quasi unlimitierten Nahrungsmittelversorgung erweisen sich die damals günstigen Erbanlagen heute als ungünstig für Gesundheit und Überleben.
• Der sog.
Setpoint ist eine weitere, genetisch bedingte Stellgröße. Der Setpoint legt das biologisch (nicht kulturell) optimale Körpergewicht fest - d.h. der Organismus versucht, dieses Gewicht bestmöglich stabil zu halten.
Wäre dies nicht so, dann müssten bereits kleinere "Fehler" bei der Nahrungsaufnahme zu einer rasanten Gewichtszu- bzw. abnahme führen. Wenn 1 Kilogramm Fettgewebe einen durchschnittlichen Brennwert von ca. 7000 kcal hat, dann müsste bereits ein "Irrtum" von 50 kcal pro Tag (1 Apfel oder 1 Praline) zu einer Gewichtsveränderung von 2,5 Kg pro Jahr führen - das wären 25 kg in 10 Jahren, wenn wir nur 1 Apfel zuviel äßen.
So rasant nehmen wir aber weder zu noch ab, denn der Körper versucht ja sein biologisches Optimum zu halten durch verschiedene Mechanismen. - Aber der Setpoint kann auf Dauer verändert werden - nach oben und nach unten - , wenn man nur hartnäckig genug seine Ernährungsgewohnheiten beibehält.
Der Setpoint ist
einer der Gründe für den Jo-Jo-Effekt bei Diäten:
Was passiert nämlich bei einer Diät? Was passiert auf der Ebene des Stoffwechsels?
1. Wir haben eine negative Energiebilanz, weil die Energieaufnahme geringer ist als der Verbrauch
Folge: Gewichtsreduzierung unter den biologischen Setpoint
2. Gegenregulation des Organismus, um den alten Setpoint zu erreichen
• Senkung des Energieverbrauches
• Leichtere Reizbarkeit
• Wahrnehmung von Nahrung erhöht
Was ist mit den Hungersignalen? Woher kommen die bei einer Diät? Wie steuern wir bei einer Diät unser Essverhalten?
3. Essverhalten wird externalisiert durch kognitive Steuerung (bewusste Planung)
• Nicht die Hungersignale (interne Signale) des Körpers zählen, sondern die Essenspläne, die Kalorien, die Mahlzeitenplanung über den Tag
Was ist der Nachteil, wenn wir das Essen ausschließlich kognitiv steuern?
4. Die kognitive Steuerung wird durch externe Reize gestört - wir konzentrieren uns nicht 24 Stunden lang bewusst auf die Diät, weil wir auch noch andere Dinge zu erledigen haben.
• Die erhöhte Externalität bedeutet auch, dass die Personen stark von äußeren Reizen beeinflusst werden – nicht durch innere Reize – die werden ja unterdrückt. Die Betroffenen können anscheinend nur schwer widerstehen, wenn sie sichtbaren Essreizen ausgesetzt wer-den, die erhöhte Reizbarkeit macht anfälliger für Stress und die kognitive Kontrolle muss immer weiter verstärkt werden.
5. Zusammenbruch der kognitiven Kontrolle
• Abbruch des Diätverhaltens und Rückkehr zum spontanen Essverhalten
• Energiebilanz ist positiv (mehr Kalorienzufuhr als Verbrauch)
• Gewichtszunahme bis zum Setpoint-Gewicht oder darüber hinaus
6. Durch langjährige Wiederholungen Verlagerung des Setpoints nach oben
• Häufige Diäten signalisieren dem Körper "Hungersnöte und Nahrungsverknappung", die regelmäßig wiederkommen - also wird der Setpoint erhöht, damit in "guten Zeiten" genügend Fettdepot aufgebaut werden kann - wir legen mehr Gewicht zu und haben es bei der nächsten Diät noch schwerer.
Gute Nachricht: Der Setpoint lässt sich auch wieder nach unten verschieben - dazu braucht es aber
Zeit - etwa 7 - 10 Monate muss ein bestimmtes Gewicht gehalten werden, um ihn auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. - Eine schnelle Diät bringt das nicht - sondern tatsächlich eine Veränderung von Ernährungsgewohnheiten -
lebenslang!!!
Neben den genetischen Faktoren gibt es noch eine Reihe weiterer Umstände, die es schwer machen, die Ernährungsgewohnheiten zu verändern - psychologische Prozesse im Bereich der Informationsverarbeitung im Gehirn, Umweltfaktoren (z.B. Werbung, Verfügbarkeiten, Kosten von Lebensmitteln) und natürlich Lernprozesse (z.B. in der Familie).
Dazu werde ich vielleicht noch später etwas sagen, wenn es interessiert. Aber ich will es jetzt nicht so lang und unübersichtlich machen.
Grüße
Angelika