Gesinnungszeichen
Ich glaube, wir sind uns hier einig, dass BDSMler kein nach aussen, für die Gesellschaft, sichtbares "Zeichen" tragen müssen. Aber wer es denn tun will, soll es tun. Es hatte hier auch niemand Einwände dagegen.Auf einen Punkt möchte ich jedoch eingehen. Sassenach, du schriebst:
"Kein Mensch ( um nicht Stino oder Vanilla zu verwenden) käme auf die Idee sich ein besonderes Merkmal seiner Sexualität oder Lebensart um den Hals, an den Finger oder sonst wohin zu hängen oder zu stecken."
Das ist nun ungefähr das Gegenteil von richtig. Wenn du die Menschen betrachtest, wirst du sehen, dass nahezu alle sich mehr oder weniger bewusst mit Merkmalen auszustatten, die sehr konkrete Aussagen haben. Kleidung ist nur eines, aber jeder taxiert den anderen zunächst auch über seine Kleidung (ob mit Recht oder nicht, aber es geschieht!), und weil jeder andere das weiss, achtet er bei der Wahl seiner Kleidung darauf, in die richtige Sozialsphäre einsortiert zu werden, zu der er sich zugehörig fühlt. Nimm die Gothik-Leute oder die Punks! Sie hängen sich ein "besonderes Merkmal" ihrer Lebensart sehr wohl um den Hals oder den Finger. Oder nimm die Neonazis: für sie ist es enorm wichtig, dass die anderen Menschen erkennen, welcher Gesinnung sie sind. Oder die Kiddies, die heute peinlich genau darauf achten, nur in (absolut unsexy) Sneakers bestimmter Marken herumzulaufen, selbst im Tiefschnee. Ein weiteres, derzeit vieldiskutiertes Beispiel: Christen tragen Kreuze an Ketten um den Hals, Musliminnen verhüllen ihr Haupthaar unter einem Kopftuch. Vor ein paar Jahrzehnten trugen Jugendliche gerne Palästinenser-Dreieckstücher.
Es ist also eher der seltene Fall, dass jemand seine Gesinnung nicht nach aussen kehrt. Aber wie steht's mit der Sexualität? Wer kehrt die nach aussen?
Auch hier hat die Gesellschaft genügend Insignien bereitgestellt, mit denen ein Mensch zeigen kann, ob er oder sie sexuell offen, offensiv oder eher zurückhaltend agiert (oder sich zumindest den Anschein geben kann). Allerdings sind Zeichen bestimmter sexueller Vorlieben eher selten.
Die Neigung zu BDSM mit der Lust am Analverkehr zu vergleichen vermengt jedoch sehr verschiedene Ebenen. Denn BDSM ist keine Sexualpraktik wie Anal- oder Oralverkehr, sondern eine []Lebenshaltung . Die Neigung zu BDSM durchdringt die Gesamtpersönlichkeit eines Menschen, wogegen eine bestimmte Sexualpraktik eher mit der Lust auf ein bestimmtes Menü zu vergleichen wäre; der Hunger wird aber auch bei McDonalds gestillt.
Deshalb ist die Paarfindung bei uns BDSMlern immer eine Spur heikler als bei Liebhabern von bestimmten Sexualpraktiken. Dazu kommt noch der Umstand, dass von allen sexuellen Betätigungen nach wie vor einzig BDSM gesellschaftlich geächtet ist (wenn wir von Pädophilie absehen).
Es könnte also durchaus sinnvoll sein, Insignien unserer BDSM-Leidenschaft öffentlich zu tragen: den Akzeptanzprozess in der Gesellschaft zu fördern (zu zeigen, dass wir Viele sind) und die Partnerfindung zu erleichtern.
stephensson
art_of_pain