Seltsame Wege - von Gaucho-
Kapitel -3- Ferne Länder und die Vergesslichkeit –
Als Federico am Flughafen >Aeropuerto Internacional de Ezeiza< in das Flugzeug stieg, musste er ununterbrochen an diesen letzten Kuss auf der Straße, zurückdenken. Es war ihm als ob er etwas ganz wichtiges vergessen hatte, selbst beim Abschied von seinen Eltern, der Schwester, dem Schwager und seinen beiden Neffen, geisterte dieser Kuss ständig durch seinen Kopf. Als die Maschine abhob, sein Blick auf den mächtigen Rio de la Plata traf und später über Montevideo seiner Geburtsstadt hinweg flog, letztere war natürlich nicht zu erkennen, erst da begannen sich seine Gedanken zu beruhigen, er wusste jetzt gab es kein Zurück mehr, ein ganz neuer unbekannter Lebensabschnitt hatte begonnen. Es gab noch eine Zwischenlandung in Rio, danach ging es direkt bis Frankfurt am Main, das war sein Ziel. Dieses Land war vollkommen fremd für ihn, eine neue Neugier umfing ihn, wie mochte dieses Land von dem seine Eltern immer so begeistert schwärmten sein? Federico war überzeugt dass seine Eltern und ihre Erzählungen, von Emotionen und vielleicht auch falschen Erinnerungen durchtränkt waren und die Realität möglicherweise ganz anders sein würde.
Dieser Flughafen hier, mit der direkten Bahnanbindung unter dem Flughafen war schon etwas anderes als die lange Fahrt mit der Taxe durch staubige Landschaften vom Distrikt >Est Echeverria<, zum Flughafen von Buenos Aires. Natürlich staunte er, dass direkt am Hauptausgang der Flugankünfte, als Erstes, Werbung für einen Sex-Shop gemacht wurde, so etwas wäre dort unten niemals möglich gewesen. Nach wenigen Stunden Fahrt mit der Bundesbahn, stand er am Hauptbahnhof in Düsseldorf, die Entfernungen hier waren lächerlich kurz, doch dafür reihte sich eine Stadt nach der anderen an der Bahnstrecke ein und der auch drüben, von den Deutschen so gern besungene Strom Rhein, verlor nicht seine Wirkung auf ihn. So viele Burgen und Schlösser, das kannte er nur aus Romanen und Erzählungen. Man erkannte das dieses Land eine ganz andere Geschichte hatte als alle die Länder in Südamerika, deren Geschichte, in den Köpfen der Einwanderer, erst mit den >Konkistadoren< begonnen hatte, welche die davor liegenden Zeiten einfach auslöschten und nur dem Gold nachgejagt waren. Dabei hatte man die Ureinwohner fast gänzlich ausgerottet ins Elend versinken lassen und ihre Kultur sinnlos zerstört.
Man hatte ihm mitgeteilt wo er sich melden sollte, als er hier erschien, erkannte er, das er nur einer von vielen war und sich hier erst durchbeißen musste. Dort übergab man ihm den Schlüssel für sein neues Quartier, es lag in Oberkassel, ein Appartement mit Duschbad, Kochnische und einen Balkon, von einem diesem sah er direkt auf den Rhein und die gegenüber liegende Altstadt. Es voll möbliert und die Bettwäsche sowie Handtücher, wurden im vierzehn Tage Rhythmus gewechselt, ebenfalls alle zwei Wochen erschien eine ReinigungsKolonne. Am nächsten Tag ging er zum Meldeamt, auch etwas, das er von drüben nicht kannte. Die öffentlichen Verkehrsmittel funktionierten hier ganz anders, aber man konnte sich auf sie verlassen. Das Essen war anfangs doch recht gewöhnungsbedürftig, ein ordentliches Steak kostete in diesem Land ein Vermögen, unglaublich, man musste seine ganze Ernährung umstellen. Dafür war das Fernsehen sehr gut, fas keine Werbung und recht gute Unterhaltung. Morgens pünktlich um acht Uhr, seine Eltern hatten ihm eingeschärft, in Deutschland müsse man pünktlich sein, erschien er beim Pförtner und wurde zu einer Zimmernummer im sechsten Obergeschoß geschickt, wo man bereits auf ihn und noch drei andere junge Männer wartete, zwei von ihnen waren Farbige, deren deutsche Sprachkenntnisse sehr gering zu sein schienen und noch zwei anderen Aspiranten warteten hier Nachdem alle Mitbewerber verteilt waren und er als letzter übrig gerblieben war, wurde er in eine andere Abteilung geführt. Sein neuer Vorgesetzter hier, empfing ihn freundlich und führte ihn in den Tagesablauf ein. An diesem ersten Tag wurde er in der Firma herumgeführt, überall vorgestellt als >Der Neue aus Südamerika<, die vielen Namen, Abteilungen, Gruppen und Namen von neuen Mitarbeitern, konnte er sich gar nicht merken, alles schwirrte in seinem Kopf herum, immer wieder bewunderte man seine deutschen Sprachkenntnisse, der einzige Unterschied zu den anderen Leuten, war sein etwas härterer Akzent, die Sprache beherrschte er in Wort und Schrift, im stillen freute er sich, das seine Eltern dort drüben, immer so streng gewesen waren und darauf bestanden hatten, zuhause deutsch zu sprechen. Er war froh als man ihm zum Schluss einen Arbeitsplatz in einer Gruppe zuwies. Natürlich wurde er neugierig von diesen Mitarbeitern beäugt, manche neugierig andere eher misstrauisch. Zu seiner Verwunderung saß er in einer Arbeitsgruppe die den englisch sprachigen Raum Afrikas und Asiens bearbeitete, an seinen spanischen Kenntnissen war hier niemand interessiert. Englisch beherrschte er nur von der Schule her, doch er war geschickt genug dieses nicht an die große Glocke zu hängen, sondern biss sich einfach durch.
Nach sechs Monaten hatte sich Federico eingewöhnt, auch hier musste er mit seinem Einkommen haushalten, schließlich konnte er nichteinfach sagen, ich fahre nachhause. Das war nicht so einfach möglich, eine Flugreise kostete zu der Zeit sehr viel Geld dass er nicht besaß. Er war mit einem Koffer, einer Tasche und 300 DM in dieses Land eingereist und es gab praktisch kein Zurück, niemals würde er seine Eltern bitten, ihm die Rückreise zu bezahlen, diese Niederlage hätte er nicht hingenommen. Jetzt war das Motto: komme was wolle, er musste sich hier durchbeißen. Einkaufen, Essen, Wäsche reinigen usw. zuhause hatte die Mutter fast alles erledigt, doch hier gab es keine Mutter und kein sicheres zuhause. Er wurde jetzt immer mit Friedrich und du angesprochen, auch sehr neu, hauptsächlich wenn sein Vorgesetzter ihn so ansprach und manchmal dachte er, er sei gar nicht gemeint, wenn er so von Kollegen und Vorgesetzten mit diesem vertraulichen Du angesprochen wurde. Auf Nachfrage erklärte ihm ein Kollege, diese Angewohnheit hätte man aus den Vereinigten Staaten hier übernommen, um den Zusammenhalt der Angestellten auf eine vertraulichere Basis zu stellen. Trotz dieser Vertraulichkeit in der Anrede, änderte sich nicht der scharfe Ton, der gegenüber den Mitarbeitern. Gerade gegenüber demjenigen, dem ein Fehler oder Missgeschick unterlaufen war. Doch alles wurde mit der Zeit immer besser und man lernte wie man sich hier diplomatisch durchzukämpfen hatte.
Er kaufte sich eines Tages, ein kleines gebrauchtes Auto und in seiner Freizeit erkundete er dieses Land, schrieb hierüber lange Briefe an seine Mutter und beraubte sie dabei unbewusst von mancher Illusion. Sie wollte aber am liebsten wissen, ob ihr Sohn schon ein deutsches Mädel kennengelernt hätte. Doch über solche Wünsche hielt er sich zurück. Obwohl er ja fließend Spanisch beherrschte, es auch seinem Abteilungsleiter, immer wieder kundtat, blieb es dabei, er wurde nur im englisch sprachigen Raum eingesetzt. Seine Aufgabengebiete lagen hauptsächlich in Südafrika und in Indien. Für Lateinamerika, hatte man scheinbar genug Leute oder auch zu wenig Aufträge. Er merkte sehr bald, dass auch hier nur mit Wasser gekocht wurde.
Eines Tages erschien eine Delegation aus Südafrika, wo ein großes Objekt im Auftrag war, der Leiter der Delegation, ein farbiger, allerdings kein Südafrikaner sondern ein Inder, der nicht unbedingt wie ein Inder aussah, sondern wie ein waschechter Afrikaner, hatte später in der Kantine, ein belangloses Gespräch, in der Mittagspause, mit ihm angefangen, dieser Mann war ganz interessiert als er ihm erzählte woher er stamme und eben dieses hier sein erster Job sei. Danach zog der Kunde ihn, bei den fortlaufenden Verhandlungen immer wieder in diese Gespräche mit hinein, ließ auch gegenüber der Firmenleitung erkennen, dass obwohl die Herren, ihn immer nach hinten beorderten, er Friedrich gerne als Ansprechpartner sehen würde, selbstverständlich reagierte die Direktion auf diesen Wunsch des Kunden positiv, ob sehr gerne oder ungerne, konnte Friedrich nicht erkennen, doch hier ging es um einen Wunsch eines wichtigen Auftraggebers. Damit war Friedrich nach gerade einem halben Jahr in diesem Konzern, unverhofft in eine höhere Position gerückt. Selbstverständlich kristallisierten sich die Neider heraus, doch sein direkter Abteilungsleiter, ein älterer immer sehr korrekter Mann, mit sehr großer Erfahrung, stellte sich hinter ihn, damit war sein Aufstieg besiegelt. Von nun an waren seine Arbeitsbedingungen weitaus besser geworden und seine heimlichen Widersacher verstummten. Selbst sein Monatseinkommen hatte sich unwahrscheinlich erhöht. Letzteres lies die Lust am täglichen Leben enorm aufblühen, man musste nicht mehr jeden Pfennig zweimal umdrehen, das war eine echte Verbesserung.
Seine erotischen Neigungen pflegte er in einschlägigen Sauna-Clubs zu befriedigen, denn an einer festen Bindung, wie seine Eltern es gerne gesehen hätten, war er nicht besonders interessiert, die deutschen Frauen waren zu verschieden in ihrem Verhalten, gemessen an den Frauen die er in Südamerika kannte. Seiner Mutter gegenüber, der er wie versprochen regelmäßig schrieb, erwähnte er vorsichtshalber dieses Frauenproblem nicht. Sie hoffte doch so sehr dass er ein „Anständiges deutsches Mädchen“ finden würde. Auch Karneval wurde hier in Deutschland vollkommen anders gefeiert als in seiner Heimat, dort gab es um diese Zeit einen Corso mit vielen Blumen und prunkvollen Karossen, hier wurde von Donnerstag bis Dienstag, also fast sechs Tage lange die >Drei tollen Tage < gefeiert und das in mancher Beziehung recht frivol und freizügig, alleine die vielen jungen Frauen in Ringelstrümpfen und eindeutig erotischen Anspielungen, beeindruckten ihn sehr. Auch hiervon berichtete er nur sehr vage seiner Mutter um ihre moralischen Grundsätze nicht ganz zu zerstören.
Nach eineinhalb Jahren, kam der Vorschlag ihn ins Ausland zu schicken. Man versetzte ihn nach Südafrika, genau in dieses Aufgabengebiet, welches er durch jenen Sympathischen, indischen Herrn, damals mitbearbeitet hatte. Der gute Mann hatte allerdings zwei Monate vor seinem Erscheinen, die Lager gewechselt und war nach Indien zurückgekehrt, eine Entwicklung die im Konzern keiner bemerkte, möglicherweise hätte man ihn, wenn das in den oberen Kreisen richtig erkannt worden wäre, nicht hierhin versetzt oder wieder zurückgerufen.
Er war neugierig auf dieses neue Land, in einem Kontinent, der zwischen Aufbruch und Chaos sich befand. Doch stellte er bald fest, dass es hier auch ein recht gefährliches Leben war, viele Leute mit denen er hier zusammen arbeitete, wohnten in Häusern die wie Festungen aussahen und die ganze Familie war bewaffnet. Der Grund war die Apartheidpolitik mit ihren Folgen und eine enorme Kriminalität. Man konnte Naturschutz-Reservate besichtigen, alle möglichen Ausflüge machen, doch der Kontakt mit der schwarzen Bevölkerung war nur mit Hindernissen möglich, genauso gefährlich war ein Spaziergang zu Fuß. Hier überfielen bewaffnete Banden am helllichten Tag, im Geschäftsviertel, ganze Einkaufs-Passagen, bis die Polizei erschien war der Spuk meistens längst vorbei und der geringste Versuch sich zu wehren endete meistens tödlich. Touristen, die hier zu Besuch kamen, konnten die Wirklichkeit der einfachen Bevölkerung kaum erkennen. Unter der armen Schicht waren nicht nur die Schwarzen, es gab auch weiße Bürger, die am unteren Ende der Sozialstufen standen, zugegeben, ihre Menge war weitaus geringer als die der Farbigen.
Im Büro arbeiteten mehrere einheimische Frauen, sprich Afrikanerinnen, alle waren sehr fleißig, nett und hilfsbereit , Arua eine fünfundzwanzig jährige Schreibkraft war ihm besonders behilflich, sie war sehr dunkel, hatte langes leicht gelocktes schwarzes Haar, war immer lustig und wenn irgendwo Musik lief, bewegte sie sich im Rhythmus dazu, das weiße in ihren dunklen Augen blitzte immer lustig. Sie musste jeden Abend zurück in ihr Township, das bedeutete morgens und abends je zwei Stunden Busfahrt. Mittags nahm sie ihn mit zum Essen, in einheimischen Lokalen, wo nur selten weiße verkehrten. Sie war überall beliebt, passte aber auf ihn besonders auf. Kein Wunder das sie nach einigen Wochen in seinem Bett landete und Federico zum ersten Mal in seinem Leben mit einer afrikanischen Schönheit schlief. Sie hatte ein ungeheuerliches Temperament, sie blieb meistens die Nacht bei ihm, doch durfte man es nicht an die große Glocke hängen. Sie war ein regelrechtes Raubtier, wenn er wenig Lust auf Liebe zeigte, stellte sie sich nackt hin und bewegte ihre prächtigen Pobacken, als wäre sie eine Bauchtänzerin doch nur am entgegengesetzten Ende des Körpers. Natürlich rümpften nach einiger Zeit die Kollegen die Nase über dieses Beisammensein. Hätte sie nur ein oder zwei Mal mit ihm geschlafen, wäre alles in Ordnung gewesen. Man akzeptierte sie als Betthure, aber mehr durfte nach der weißen Meinung nicht sein. Sie brach dann nach drei Monaten die Beziehung ab, gestand ihm, sie könne sonst ihre Anstellung hier verlieren, doch diese sei für sie nötig um zu überleben, sie müsse ihre ganze Familie damit über Wasser halten. Federico akzeptierte ihre Argumente und das schöne Verhältnis war zu Ende. Eins hatte Federico erkannt, die Apartheit in diesem Land war noch lange nicht überwunden, trotz schöner Worte und Gesten von Politikern und Kirchenfürsten. Sie steckte noch sehr fest in den Köpfen der Menschen, in denen der Weißen- aber ebenso in denen der Schwarzen- Bevölkerung. Die Ausländer waren hier mit eingeschlossen
Federico, sprich Friedrich, war froh als er nach zwei Jahren, nach Indien versetzt wurde. Er hatte zwar gute Arbeit geleistet, war aber aus unerklärlichen Gründen diesem Niederlassungsleiter ein Dorn im Auge und er komplimentierte ihn weg. Erstaunlicherweise traf er hier, in seinem neuen Wirkungsbereich, wieder auf jenen Mann, der ihm einst den Sprung nach oben ermöglicht hatte. Als dieser ihn dann wieder traf, erkannte sein Gönner ihn, wie Friedrich ihn heimlich bei sich nannte, begrüßte ihn persönlich und stellte ihn der gesamten Bauherrschaft vor. Damit war er wieder, aus der Sicht der Konzernleitung, eine Stufe aufgestiegen, konnte nun weitaus selbständiger arbeiten und Entscheidungen treffen. Selbstverständlich musste man sich auch hier wieder neu umstellen. Die Indischen Kollegen hatten zwar auch ihre Eigenarten, doch er kam hier, alleine schon durch diese Fürsprache seines Gönners, mit diesen Leuten besser zu Recht als in Südafrika. Sexuell lebte man eigentlich sehr asketisch, Kontakte mit Frauen waren nicht einfach und schon gar nicht für so etwas wie…..!!. Obwohl aus Indien der >Kamasutra< stammte waren hier die Menschen recht prüde, küssen auf der Straße konnte in manchen Gegenden, einen schon mal eine Anzeige einbringen. Alleine die verschiedenen Kasten, bestimmten das Miteinander und da waren auch noch die Unberührbaren, mit denen keiner etwas zu tun haben wollte, diese erinnerten ihn an seine kleine Bahndamm-Prinzessin, wobei ihr Leben, im Vergleich zu diesen Leuten, manchmal noch ertragbarer erschien. Frauen hatten es in dieser Gesellschaft auch nicht leicht.
Es war allerdings auch diese widersprüchliche Zeit, in der unter anderem, ein gewisser Guru mit dem Namen >Bhagwan<, der sich später >Osho< nannte, in der westlichen Welt, USA und Europa, für Aufsehen sorgte. Friedrichs allgemeine Neugier führte ihn auch zu jenem Hauptsitz der in der Nähe von Bombay, heute Mumbai, war und Poona hieß. Der Ort im Bundesstaat Manaharastra, lag auf ca. 600 Meter über dem Meeresspiegel und daher herrschte hier immer ein sehr angenehmes Klima, Amtssprache in diesem Bundesstaat war „Marathi“. Mit den Sprachen war es in Indien ach manchmal recht kompliziert, außer „Marathi“ wurde auch „Hindi“ gesprochen. Die offizielle Amtssprache im Land war Hindi und Englisch, außerdem gab es angeblich noch über hundert andere Sprachen. Es war wie mit den Religionen, es gab hier mehrere Religionen, die Hauptreligion war der Hinduismus, es gab natürlich auch Moslems und Sikhs, Christen, Juden und viele andere noch, deren Namen er noch nie gehört hatte. Eigentlich gab es kaum erkennbare Differenzen, wenigstens für einen Ausländer wie Friedrich, der dieses nur oberflächlich betrachtete. Das größte Problem hier im Land war diese Trennung Indiens und Pakistans, ein Konflikt, der nie richtig gelöst worden war. Friedrich hatte sich diese Kenntnisse aus unterschiedlichen Medien und Berichten zusammengelesen, schließlich lebte und arbeitete er hier und wollte wenigstens ein kleines bisschen Kenntnisse über sein Gastland erfahren, etwas dass die Höflichkeit, gegenüber den Einheimischen, schon gebot. Außerdem war es immer gut, Landesgewohnheiten und Sitten zu kennen um bei Besprechungen nicht, gegenüber dem Gastgeber unhöflich aufzufallen. Doch mit dem Ort Poona, den er hier besuchte, um sich ein Bild von diesem Bhagwan und seinen Lehren zu machen, hatte das alles nichts zu tun.
Diese Stadt war nicht ein kleiner unbekannter Ort, sie hatte ihre geschichtliche Tradition, eine alte Festungsstadt, zur Zeit der Engländer war es eine Residenzstadt, die damaligen Kolonialherren hatten Parks, Golfanlagen und ihre Clubs hinterlassen und jetzt war sie ein Industriezentrum. Hauptsächlich elektronische Bauteile für die Computerindustrie wurden hier hergestellt.
Hier hatte jener Guru sein sogenanntes Ashram im Koreagoon Park aufgebaut und aus unerklärlichen Gründen strömten, hauptsächlich aus der westlichen Welt, tausende dorthin, mit dem innigen Wunsch diesen Mann zu sehen, es war diese Mund zu Mund Propaganda die die Menschen hierher kommen ließ, später waren es die Illustrierten die sich hier eine wundervolle Gewinnmöglichkeit durch ihre Berichte erhoffte. Seine Mitarbeiter, die dieses Zentrum aufgebaut hatten, wurden nur mit Kost und Logis bezahlt und hatten dieses große Therapiezentrum mit gegründet und aufgebaut. Besucher aus aller Welt strömten dort hin und ließen auch viel Geld dort, viele junge Leute und ebenso Prominenz, Schauspieler, Schriftsteller, Weltverbesserer und alle möglichen ultimativen Wahrheitssucher. Viele kamen auch nur wegen der freizügigen Einstellung zum Sex, der hier im Therapiezentrum gelebt werden konnte und den der große Meister auch predigte. Es wurden in sogenannten >Encounter-Gruppen< Diskussionen geführt bei denen es sogar zu Schlägereien und Vergewaltigungen gekommen war. Es sollten angeblich über zwanzig Ärzte dort arbeiten, es gab eigene Bäckerei und Kosmetikherstellung, sie waren recht geschäftstüchtig diese Jünger des Gurus. Das Motto dieser sogenannten Pseudoreligion war unter anderem, das erst durch Sex, die innere Selenblokade des Menschen aufgebrochen werden könnte. Seine Jünger, man nannte sich >Sannyasnis< arbeiteten nicht nur dort umsonst, sondern hatten sich in Europa und den USA, genauso etabliert. Man hörte von viele Frauen, die sich im nahe gelegenen Bombay als Prostituierte verdingten, nur um das Geld zu verdienen, welches sie brauchten, für einen längeren Aufenthalt hier im Therapiezentrum und um in der Nähe dieses Mannes zu sein. Bombay war in wenigen Stunden mit einem Schnellzug erreichbar. Friedrich besuchte mehrere seiner Vorträge, um sich ein Bild von dieser Bewegung zu machen, konnte aber keinen Gefallen an diesen Thesen finden, er fand alles recht ungewöhnlich und sah die Ausbeutung und Kontrolle über den Menschen dort. Bei einem Vortrag, an dem der Bhagwan persönlich anwesend war, hatte er das entscheidende Erlebnis, diese Gruppierung abzulehnen. Bei dieser Anwesenheit des allwissenden Gottes, der allerdings in sehr theatralischer Pose erschien, er wirkte freundlich doch sein Blick, hatte auf viele im Saal eine hypnotische Wirkung, die scheinbar auf Frauen einen besonders großen Einfluss zu haben schienen. Hier fiel ihm eine junge Frau auf, die als übernächste in seiner Reihe kniete, es war eine Europäerin, fast in seinem Alter. Sie war ihm aufgefallen durch ein ebenmäßiges, schönes Gesicht, ihre Kopfhaare waren fast komplett abrasiert und sie hatte eine sogenannte Irokesen-Frisur, sah mit ihren tizianroten Haaren den langen Ohranhängern, ihren Sommersprossen und strahlenden Augen, sehr aufregend aus. Sie war aufgestanden, doch ihr Versuch eine Diskussion über diese Vergewaltigungs-Sex-Orgien, zu beginnen, wurden von diesem sogleich unterbunden, ihre Aufforderung ihm dieses ins Gesicht zu sagen, umging der Möchtegern Gott, nachdem er scheinbar durch einen Blickkontakt mit ihr, sie nicht bezwingen konnte und daraufhin, ihr den Rücken zudrehte, sie nicht mehr beachtete und seinen Jüngern ein Zeichen machte diese unliebsame Person zu entfernen, sogleich erschienen mehrere Sannyasnis und führten die Frau mit Gewalt aus dem Raum, am Saaleingang sah Friedrich wie sie von der Hauseigenen Ersatzpolizei in Empfang genommen wurde und unter ihrem Protest rausflog. Niemand der Anwesenden erhob Einspruch, noch beachtete irgendjemand dieses Vorgehen, alle starrten nur ehrfürchtig nach vorne zu ihrem Prediger. Auch hier kam Friedrich der Rattenfänger von Hameln in den Sinn. Ihr Auftritt hatte Friedrich sehr imponiert, er verließ nach kurzer Zeit diesen Vortrag, nachdem er zur Überzeugung gelangt war, dass dieses nichts für ihn bewirken könne, als er draußen nach ihr suchen wollte, um ihr für ihre Art der Konfrontation zu gratulieren, konnte er sie nicht mehr finden. Nach diesem Erlebnis war sein Interesse an dieser Bewegung erloschen. Mit echter Meditation im Buddhistischen Sinne hatte dies nichts zu tun. Für ihn war dieser Mann mit der ganzen Bewegung, tatsächlich nur eine Art Rattenfänger der westlichen Zivilisation, um sich damit ein schönes Leben zu machen, denn dass dieser Mann in Luxus lebte war allgemein bekannt.
Da Friedrich in der ganzen Zeit nie Urlaub genommen hatte, kam eine ganze Menge davon, hier zum Abtragen. Er fand eine preiswerte Fluglinie nach Thailand, hier war nach Ende des Vietnam-Krieges der Urlaubsboom ausgebrochen, die amerikanischen GI`s, die während der Kämpfe dort zur Erholung hingeschickt worden waren, hatten diesen Zustrom ausgelöst. Ja es kursierte der Ausdruck Bumsbomber und so war es auch in mancher Hinsicht. Alle zwei Monate flog Friedrich nach Bangkok, besichtigte diese Stadt und fuhr danach von dort in ein Touristenzentrum, verbrachte eine Woche mit dem vernaschen von Frauen, wie viele tausend andere auch. Es war schon erstaunlich wie jung hier die Mädchen waren, die ihre Liebesdienste den Touristen anboten und für wenige Bat ihre Körper verkauften. Doch hier lernte er noch etwas ganz kennen, was zwar eine lange Tradition in Thailand hatte, aber trotzdem nicht immer akzeptiert wurde. Es waren hübsche, junge Menschen mit Brüsten und einem Penis. Sie waren nicht einfach zu erkennen und man erzählte sich gerne in Touristenkreisen, von Männern , die erst im Bett erkannten was da bei ihnen lag, so gut waren sie geschminkt, angezogen und in ihren Bewegungen, nicht von einer weiblichen Person zu unterscheiden. Viele Touristen hatten mit einigen dieser Menschen ihre Schwierigkeiten denn in den Animierlokalen und Straßenbars verkehrten auch viele von ihnen und so mancher brave Familienvater, der hier mal fremdgehen wollte, erlebte eine für ihn meistens sehr unangenehme Überraschung. Am Anfang lehnte er es ab, doch dann lernte er manche diese Herrschaften näher kennen, hier nannte man sie >Kathoey< der Andersartige, es waren Männer die sich als Frauen fühlten, aber nicht schwul waren, sie lebten in einem Rechtsfreien zustand, keiner fühlt sich für sie zuständig, obwohl es sie in Thailand von je her gibt, nicht alle arbeiteten im horizontalen Gewerbe, nein sie waren an vielen Orten beschäftigt und genossen auch eine gewisse Achtung. Andere lebten ihren Drang in ihrer Freizeit aus, ohne dabei nach Sex zu suchen, Manche gaben sich künstliche Namen, sie wirkten unglaublich weiblich oder feminin, die meisten waren ausgesprochen liebenswert.
Ja so lernte Federico oder auch Friedrich genannt, eines Abends in einer Bar, jemanden kennen, sie saß an der Bar und trank ein Fruchtkocktail, sah zu ihm rüber, lächelte, er lächelte zurück, er überlegte ob er zu ihr rüber gehen sollte, vermutlich war sie eine Dame des horizontalen Gewerbes, etwas auf das er in diesem Moment nicht aus war. Die Bar war nicht sehr besetzt, es war noch früh am Abend und der richtige Trubel fing erst später an. Doch die junge Dame stand überraschender Weise auf, kam auf ihn zu, tolle Figur, ihre Kleidung, elegant mit erotischen Einschlag, erkundigte sich ob er etwas dagegen hätte, wenn sie sich neben ihn setzen würde. Friedrich dachte: bestimmt ist sie eine edlere Prostituierte und obwohl er so etwas in diesem Augenblick nicht suchte, machte er eine entsprechende Handbewegung, daraufhin setzte sie sich neben ihn an die Bar, ein betörender Parfumduft umgab sie. Zuerst dachte er: Richtig eine Prostituierte, die will mir ihre Liebesdienste anbieten. Sie wirkte auf ihn so faszinierend, dass es ihm unmöglich war sie wegzuschicken. Die Unterhaltung begann typisch englisch, mit der Betrachtung des Wetters, Friedrich musste schmunzeln, die meisten Unterhaltungen mit Engländern fingen immer mit Aussagen über das Wetter an. So auch hier, doch gleich danach erkundigte sich woher er käme, als er von Deutschland sprach, antwortete sie mit einigen deutschen Worten. Danach begann ein nettes heiteres Gespräch auf Englisch, sie unterhielten sich über Gott und die Welt, die junge Frau war ungemein gebildet und sprach auch ein wenig deutsch, viel war es nicht, wirkte aber sehr vergnügt. Sie hatte längere Zeit in einer Ex-und Import Gesellschaft gearbeitet die nur mit Deutschland Geschäfte machten. Doch seit einem Jahr war sie nun bei einer Bank beschäftigt, die deutsche Firma hatte ihre Niederlassung in Bangkok geschlossen und sie war hier nach Pattaya gezogen, arbeitete noch nebenbei, ehrenamtlich in einem Verein der sich >Sisters< nannte. Friedrich konnte damit wenig anfangen. Nach der Bar besuchten sie gemeinsam ein Tanzlokal, hier spürte er beim Tanzen erst richtig ihren geschmeidigen Körper und dessen Wärme. Sie wollte danach auch nicht von ihm nachhause begleitet werden, meinte das sei nicht besonders gut für ihn als Ortsfremder. Sie wohne nicht in einem Slum, nein nur die Nachbarn würden dann über sie reden. Damit war seine Theorie, sie sei eine Lustdame vom Tisch, denn das schien sie bestimmt nicht zu sein. Beim Abschied verabredeten sie sich, sie schlug vor ihm die Strände zu zeigen und schon am nächsten Tag trafen sie sich wieder, wie verabredet, am späten Nachmittag an einem von ihr ausgewählten Strandabschnitt, ihren Namen nannte sie hier erst, er war: Pam Lotos, in der Thaisprache klang er etwas anders, doch Pam hatte ihm den Namen so übersetzt. Sie kam in einem Sarong, zog ihn aus und stand in einem unglaublich knappen Bikini vor ihm, ein fast Knabenhafter Körper, makellos und wundervolle Brüste die nur von zwei kleinen Stofffetzen verdeckt wurden, schwarzes, sehr langes seidiges Haar, ein wunderbarer Po und Hüften die sich beim Gehen wiegten. Ihre dunklen warmen Augen sahen ihn immer wieder an, Pam flirtete offensichtlich mit Friedrich. Sie gingen gemeinsam Essen, sie wollte ihn einladen, weigerte sich ihn zahlen zu lassen, fuhren danach zusammen zu Sehenswürdigkeiten, sie hakte sich immer öfters bei ihm ein oder lief durch die Straßen, seine Hand haltend, bei diesen Gelegenheiten, erklärte Pam ihm die Eigenarten des Buddhismus und ihrer Einstellung zur Religion. Es war eine wunderbare Zeit, allerdings ohne jeglichen Sex, er lernte aber dafür sehr viel über das Land und seine Menschen. Beim Abschied, am letzten Tag, küsste Pam ihn ganz zärtlich, flüsterte ihm zu: „Ich wurde mich freuen wenn du wieder kommst und mich besuchst“. Schon im nächsten Monat zog es ihn wieder nach Pattaya, er hatte sich gerade im Hotel eingerichtet und überlegte wie er diese hübsche Pam wieder treffen könnte, als das Zimmertelefon ging und der Portier meinte, es sei eine Dame im Foyer die ihn sprechen wolle. Etwas erstaunt ging er hinunter und da stand strahlend Pam, woher sie von seinem Kommen wusste verschwieg sie standhaft, sie hatte die Hände zusammengelegt und begrüßte ihn mit einer Verbeugung nach Landesart, um ihn gleich danach zu umarmen und auf westliche Art stürmisch zu küssen. Schon am selben Abend war sie bei ihm auf dem Zimmer, Friedrich war schon richtig aufgeregt, nur Pam wirkte plötzlich ein wenig unsicher, er glaubte sie sei sich doch nicht so sicher, mit ihm auf sein Zimmer gegangen zu sein. Friedrich trat nackt hinter sie, sie stand in ihren halterlosen Nylons und einem kleinen Slip vor ihm, er fasste nach ihren recht üppigen Brüsten und küsste ihr den Hals, Pam drehte ihren Kopf zu ihm und meinte: „Frede, ich hoffe du bist gleich nicht zu sehr enttäuscht von mir, doch irgendwann muss du es doch erfahren, mach bitte meinen Slip auf, hier an der Seite ist eine Schleife“, er tat es und ein schlanker Penis sprang ihm entgegen, er musste sich hinsetzen, vor seinem Gesicht der glatte hübsche Bauch, mit Bauchnabel piercing und darunter ein glatt ausrasierter Schwanz. Pam griff nach seinem Kopf, so dass er zu ihr aufsehen musste und meinte leise: „Frede ich habe mich in dich verliebt, ich kann an nichts anderes mehr denken als an dich, aber du musst es wissen, wenn du mich jetzt nichtmehr magst dann werde ich gehen und zwar traurig aber nicht böse sein“. Friedrich betrachtete den nun etwas erschlafften Penis, nahm ihn in die Hand, er spürte ihre Hände über seinen Körper wandern, nahm dieses nun wieder steife Juwel einfach in den Mund, Pam drückte ihn daraufhin auf den Rücken und kam über ihn, er spürte ihre heiße Zunge, ihre feuchten Lippen die sein Glied liebkosten, dann drehte sie sich um und zeigte ihm wie sie geliebt werden mochte, von da an waren sie ein Liebespaar auf Zeit. Dieses Verhältnis ging über vier Jahre, sie unternahmen sehr viel, fast ganz Thailand besuchten sie gemeinsam, auf manchen Reisen zog ihn Pam die Kleidung der einheimischen Männer an und so durchwanderten beide gemeinsam, mit Bahn, Bus, Flussbooten und selbst mit dem Fahrrad durch das Land, es war unglaublich spannend, dieses alte Königreich zu durchwandern. Beim Besuch der unterschiedlichsten Tempel und Klöstern wurde ihm deren Kultur vorgeführt. Pam weihte ihn in die Regeln des Buddhismus ein. An manchen Nächten, wenn sie neben ihm lag und schlief, bedauerte er das Pam keine vollständige Frau war, doch gleich darauf verscheuchte er diesen Wunsch, denn sie war etwas wunderbares, das er mit solchen Gedanken nicht zerstören wollte. Seine Arbeit in Indien profitierte enorm von dieser Geistigen Errungenschaft, selbst sein >Gönner<, war bei privaten Unterhaltungen mit ihm, immer wieder über Friedrichs Kenntnisse auf diesem Gebiet überrascht. Er wurde kein Budhist, doch die Meditationslehren nahm er voll auf und zwar mit Pam zusammen. Diese Pam war unglaublich einfühlsam, sie ging ihrem Beruf nach, er wurde oft mit bewundernden Blicken für seine Begleiterin konfrontiert und wenn er kam, wohnte er in ihrer nun größeren Wohnung, lernte ein wenig die Sprache, nahm ihre Sitten an. Nahm sie auch einmal mit nach Indien, damit sie sich ein Bild von seiner Arbeit machen konnte, obwohl es hierbei schon allerhand Probleme mit ihren Papieren gab, laut Pass war sie ein Mann. Das Leben mit ihr war einfach wundervoll, ein Mensch ohne Launen, immer glücklich wirkend immer zufrieden und ausgeglichen, letzteres bewunderte er am meisten immer wieder an ihr. Friedrich konnte sich gar nicht vorstellen nach Deutschland zurückzukehren, obwohl er zwischenzeitlich zweimal in Düsseldorf zum Rapport hatte antreten müssen, die Firma war mit seiner Arbeit restlos zufrieden, seine Aufgabenbereiche wurden erweitert genau wie seine Vollmachten. Nach dem ersten halben Jahr, ging sie mit ihm in eine große Klinik und sie ließen sich beide eine Prinz-Albert Piercing –Ring stechen, im nächsten halben Jahr schenkte sie ihm Piercings für seine Brustwarzen, zur Weihnachtszeit nahm sie ihn mit in ein Tätowier-Studio, ihm wurde eine farbige Kompassrose, in deren Zentrum die Zeichen für Ying und Yang standen, auf den rechten Oberarm tätowiert und auf dem linken bekam er ihren Name in chinesischen Schriftzeichen., Pam ließ sich auf ihrem Oberarm ebenfalls seinen Namen in diesen Schriftzeichen tätowieren und gleichzeitig über dem letzten Lendenwirbeln, ein Blumenmuster, in dessen Zentrum der Buchstabe >F< eingesetzt war. Jedes folgende Jahr ließ sie Friedrich am Hoden einen Ring anbringen, es war ihre Art, Jahresgedächtnisse zu feiern. Im zweiten Jahr ihres Zusammenseins, schenkte sie ihm, an einem dortigen großen religiösen Feiertag ein Kockring, mit vier eingelassenen Brillanten und auf der Innenseite den Spruch eingraviert >In Liebe, deine Lotos< Es musste sie ein Vermögen gekostet haben und wenn er versucht hätte ihr bei diesen Kosten beizustehen, wäre sie zutiefst beleidigt gewesen. Ihr einziger Nachteil, sie wollte nie Hilfe von ihm, weder mit Geld noch mit Taten. Manchmal fragte Pam ihn, ob sie nicht ein Mädchen mitbringen solle, damit Friedrich nicht das andere Geschlecht ganz vergessen möge, allerdings vermutete er das Pam selber immer wieder diese Vergleiche ausprobieren wollte. Das waren dann Nächte zu dritt, wenn die Dame nicht mehr gebraucht wurde verschwand sie, er erkundigte sich bei Pam, woher sie kämen und was er bezahlen müsse für ihre Dienste. Pam erklärte, die Mädchen seien hundertprozentig gesund und bezahlen würde sie die Damen. Es sei ihr Geschenk an ihn, für die vielen wundervollen Tage die sie gemeinsam verbringen würden. Friedrich hatte auch inzwischen verstanden, bei was für einem Verein Pam ehrenamtlich arbeitete. Dieses >Sisters< war eine Organisation, die den vielen tausenden von Kathoey in Thailand, zu mehr Rechten und Sicherheiten verhelfen sollte, da die meisten dieser Ladyboys in die Prostitution absackten. Man versuchte sie vor den Gefahren der HIV Infektion aufzuklären und zu Warnen. Viele dieser Kathoey, gingen Risiken ein um ihre Weiblichkeit hervor zu heben, das ging von Hormonspritzen über Antibabypillen bis zu fraglichen Medikamenten. Anderseits gab es auch Schönheitswettbewerbe nur für Kathoey, diese wurden im Fernsehen übertragen und wurden von der oberen Gesellschaft mitgetragen. Es war schon alles sehr verrückt. Im Gegenzug konnte man auf der >Walking Street< von Pattaya in den verschiedenen Abschnitten, die unterschiedlichsten Arten von Prostitution betrachten, von hetero- bis homosexuell.
Nach vier Jahren zogen sie gemeinsam nach Bangkok, das Zentrum dieser Stadt war westlich orientiert, es war modern und elegant hatte allerdings auch ein wenig von seiner asiatischen Schönheit und Geheimnis verloren, hierfür musste man in die Randbezirke gehen, dort fand man noch das ursprüngliche Bangkok. Chao Praya, die schwimmenden Märkte, welche außerhalb von Bangkok lagen. Die vielen Pagoden, Wat Po die älteste Klosteranlage direkt neben dem Königspalast, das alles neben christlichen Kirchen und chinesischen Pagoden und so vieles mehr, es gab Stadtteile in die kaum je ein Europäer oder Tourist sich verlief, hier herrschte das einheimische Leben. Überhaupt war das Wohnen am Fluss das angenehmste, hier wehte immer mal ein leichter Wind, wodurch die Luftverschmutzung nicht allzu sehr bemerkt wurde. Leider gab es hier in der Stadt eine Unmenge von Kaffees in denen Kinderprostitution angeboten wurde, immer wieder wurde auch Friedrich mit solchen Angeboten konfrontiert, Pam regte sich immer wieder darüber auf, doch schienen Anzeigen nicht viel zu nutzen, denn oft waren die Polizei mit an diesem Gewinnspiel beteiligt. Pam eröffnete hier ein Schönheitssalon, woher sie die Kenntnisse dafür hatte, wusste er nicht, sie beschäftigte sieben Leute, zwei Kathoey und fünf Frauen, alles Gute Fachkräfte, die sie auf geheimnisvolle Art herbei zauberte, das Geschäft funktionierte bestens, sie betätigte sich in allen möglichen Hilfsorganisationen. Ihr Laden warf richtig Geld ab, schon nach kurzer Zeit erweiterte sie ihn und hatte nun zwölf Angestellte, halb und halb wie sie lachend sagte, von jeder Gruppe sechs. Selbst in Modezeitschriften wurde sie erwähnt und ihr Salon vorgestellt. Immer wenn er aus Indien herüber kam, nahm ihn Pam zuerst in ihren Salon mit, hier bestand sie darauf, ihn zusammen mit einer Masseurin, eine erotische Vollmassage, an diesem Spiel sie sich persönlich mitbeteiligte, angedeihen zu lassen. Es wurde fast zu einer Kulthandlung. Friedrich fühlte sich danach in den folgenden Tagen unheimlich leicht, dynamisch und angeregt. Eines Tages brachte sie eine Schwester mit, irgendwo gab es also doch noch eine Familie, gerne sprach sie nicht darüber und Friedrich bedrängte sie auch nicht. Die Schwester war sehr hübsch, er schätzte sie auf vierzehn Jahre, doch sie war schon einundzwanzig, das Alter der Frauen aber auch der Männer, war für Fremde hier sehr schwer zu bestimmen. Das Alter von Pam wusste Friedrich auch nur von der gemeinsamen Indienreise, sie war zweiunddreißig Jahre alt. Diese hübsche Schwester schnurrte immer wie eine Katze um Friedrich herum, wenn er aus Indien rüber kam, manchmal kam er nur über das Wochenende, die Flugzeit war sehr kurz bis zu seiner Arbeitsstätte in Indien. Sie kam aus einem ganz kleinen Dorf und die Großstadt war ein gewaltiges Erlebnis für sie, Pam war immer hinter ihr her und passte auf sie auf, ihre Schwester gehorchte aufs Wort und erkannte diese Mann-Frau als ihren Vormund an. Wenn sie ausgingen nahm sie ihre Schwester auch mal mit, sie durchstöberten die ganze Stadt zu dritt, durch die beiden lernte er das ursprüngliche Bangkok erst richtig kennen. Die Schwester war nach der Behandlung durch Pam eine richtige Thaischönheit und es wimmelten dann ständig, im Geschäft, wo sie mitarbeiten musste, viele Verehrer um sie herum, doch ohne Pams Einverständnis lief nichts. Talu war ihr Name und Pam meinte es sei nur eine Abkürzung, sonst sei dieser Name viel zu lang, diese Talu sah Friedrich manchmal hilfesuchend an, doch hier mischte er sich nicht ein, dafür waren ihm die Sitten hier zu fremd und er war fest davon überzeugt dass Pam richtig handeln würde. Dabei sagte sie einmal zu Friedrich: „bevor einer dieser verlogenen Kerle sie bekommt, schenke ich sie dir, du darfst sie entjungfern, ihr ein Kind machen, doch das Kind bekomme ich“, lachte danach ganz vergnügt über ihre so wundervolle Idee.
An einem dieser Wochenende, an dem Friedrich aus Indien rüber kam, nach der üblichen wunderbaren Thaiplusmassage, wie Friedrich es munter nannte, hatte Pam Eintrittskarten für eine große Kabarett-Show bekommen, drei Stück, für das >Calypso Ladyboy Cabaret< Es war eine Show mit fast ausschließlich Transsexuellen. Farbenprächtig und bewundernswert, Talu war dann besonders stolz auf diesen weiblichen Bruder und Pam traf sich mit Freunden und Mitstreitern der >Sisters<, er, Friedrich, hatte sich in der Pause an die Bar gesetzt und betrachtete das elegante Treiben. Neben sich hörte er plötzlich sehr bekannte Laute. Da sprach doch tatsächlich jemand spanisch, aber das gleiche Spanisch das in Argentinien gesprochen wurde. Federico suchte die Quelle dieser Unterhaltung und zwei Sitze weiter saß ein Paar, die sich so unterhielten, ihr Gespräch handelte natürlich von der Show, sie wollten nicht glauben das die Mehrzahl der Protagonisten in Wirklichkeit Männer und in ihren Augen Homosexuelle seien, und keine Frauen.
Friedrich gesellte sich zu ihnen, stellte sich als Landsmann vor und erklärte ihnen, dass diese Leute keine Homosexuelle seien, sondern nur Menschen im falschen Körper und alleine in Bangkok mehrere Tausend von ihnen leben würden. Viele von ihnen nie sexuelle Beziehungen mit anderen eingingen, nur die Lust an der Weiblichkeit war ihre Triebfeder. Dieses Ehepaar, stammte aus sehr wohlhabenden Verhältnissen, wer sonst hätte sich in Anbetracht der Wirtschaftskrisen, die Argentinien ständig erschütterten, solche Reisen erlauben können, sie berichteten ihm wo sie untergebracht waren, es war ein sechs Sterne Hotel an der Silom Road, ganz in der Nähe des >Chao Phraya Flusses<, also ein Quartier für sehr betuchte Herrschaften. Später kamen Pam und ihre Schwester dazu, er stellte sie vor, erwähnte nicht das Pam keine richtige Frau sei, warum auch, sie wäre höchstens beleidigt gewesen, denn sie fühlte sich als Frau. Nach der Show gingen sie gemeinsam in ein Lokal, Pam und Schwester ließen ihn mit den Leuten alleine, da sie die Sprache nicht kannten und diese Landsleute ein erbärmliches englisch sprachen, sie verabredeten sich für später, er wollte ein wenig die Leute ausfragen, wie es in der Heimat zuginge, man hörte immer wieder von Geldentwertungen, politische Streitereien und den unglückseligen Falklandkrieg, Gräueltaten der ehemaligen Militärdiktatur usw.
Bei dieser Unterhaltung stellte er fest dass die Herrschaften in der gleichen Straße wohnten in welcher der Professor Garcia und seine Frau lebten. Sie sahen ihn erstaunt an, ob er nicht gehört hätte, dass der Professor Minister für Arbeit und Soziales geworden war und nach vierzehn Tagen, auf offener Straße von einem politischen Gegner ermordet wurde. Es gebe allerdings auch Gerüchte das die Finanzierungsfirmen des Professors in zwielichtige Geschäfte verwickelt seien. Genaues wussten sie auch nicht, nur das fürs Vaterland sehr verdienstvolle Familien, ihr ganzes Vermögen verloren hätten. Er antwortete darauf, er sei nun schon viele Jahre von dort weg und hätte über die Innenpolitischen Vorgänge keine Ahnung. Gut Friedrich wusste genau was unter >Fürs Vaterland verdienstvolle Familien<, gemeint waren, es waren die Oligarchen, Großgrundbesitzer, Estancieros und vermutlich die korrupten Politiker aller Parteien, denen es nicht gelungen war ihre Vermögen rechtzeitig aus dem Land zu bringen um es in den USA, sicher zu parken, was daran so patriotisch sein sollte, konnte er auch nicht verstehen.
Jetzt kam plötzlich in Friedrich die Erinnerung an jene Zeit zurück, er hatte tatsächlich seine Zeit dort vergessen. Vor drei Jahren war der Vater gestorben, bis ihn die Nachricht in Indienerreicht hatte war die Beerdigung schon geschehen, im Jahr darauf war seine Mutter verstorben, wieder erreichte ihn diese Nachricht zwei Monate später. Seine Schwester war über ihn so verärgert, dass sie den Kontakt nun ganz abbrach, obwohl beide Male, ihn keine Schuld traf, er lebte nun mal weit entfernt von dort und hatte auch keine Verbindung zu Freunden. Während diesen Erzählungen viel ihm plötzlich seine kleine, rothaarige Freundin Maria Luisa ein, was mochte aus ihr geworden sein? Es kam ihm der Gedanke, dass er ihr untreu geworden war, er hatte ihr versprochen ein Plätzchen in seinem Kopf oder Herz, für sie bereit zu halten, doch was war geschehen? Er hatte sie einfach vergessen. Wie lange war das her, als sie sich so überraschend auf der Straße zum Abschied geküsst hatten? Er begann nachzurechnen, es waren fast zehn Jahre vergangen, heute hatte er seit jener Zeit zum ersten Mal wieder spanisch gesprochen, die Sprache kam ihm selbst recht fremd vor. Als Pam mit Schwester wieder zu ihm kam, ging er doch recht nachdenklich mit ihnen nachhause. Die vielen Jahre die Friedrich nun schon in Indien arbeitete, waren fast zur Gewohnheit geworden, er kannte Indien, aber noch mehr und besser Thailand, besser noch als seine zweite Heimat Argentinien, geschweige von seiner ersten Heimat Uruguay. In Gedanken hatte er sich schon überlegt, mit Pam seiner Zwittergeliebten in diesem Thailand für immer zu bleiben. Er hatte schon seine Fühler ausgestreckt, ob es möglich sei bei der Firma zu bleiben und hier in Thailand eine Vertretung aufzubauen. All das wurde im fernen Düsseldorf diskutiert. Allerdings hatte auch dieses zufällige Gespräch mit jenen Landsleuten, alte Erinnerungen in ihm geweckt. Als jetzt auch noch die Absage aus Düsseldorf eintraf, war er innerlich fast glücklich über diese negative Entscheidung. Er fing an Pam auf eine eventuelle Trennung vorzubereiten, denn er wusste genau das die Arbeit in Indien dem Ende entgegen ging. Zu seinem Erstaunen, nahm diese das ganz gelassen hin, immer mehr ihrer Familienmitglieder, tauchten hier in Bangkok auf und mussten beschäftigt werden, es schien eine traditionelle Pflicht unter ihnen zu herrschen. Pam sagte ihm auch ganz offen, sie hätte immer schon gewusst dass er sie eines Tages verlassen würde.
Einige Wochen nach dieser Aussprache, kam sie abends mit der hübschen kleinen Schwester, in ihr gemeinsames Schlafzimmer, zog das Mädchen vor ihm aus, danach entkleidete sie sich ebenfalls, er sah beide erstaunt an, ihre kleine Schwester war sehr hübsch und sehr zierlich, sie zeigte auch keine Scheu vor ihm, trotz ihrer Nacktheit, Pam schien sie vorher zurecht gemacht zu haben, ein betörender Duft umgab die Beiden, er war richtig berauscht von diesem Parfüm oder was es auch war. Beide lächelten und Pam sagte: „Frede, ich möchte dir meine kleine Llieblingsschwester für diese eine Nacht schenken, sie will es auch, sie will das du sie zur Frau machst, ich Frede, werde dir dabei behilflich sein, sie zu entjungfern, denn ich will das sie diesen Moment als eine wunderschöne Erinnerung für ihr ganzes Leben behält, komm küss dieses Mädchen“ schob dabei die Nackte zu ihm ins Bett. Es wurde eine erotisch berauschende Nacht, Federico machte im Laufe dieser Nacht, mit Pams Hilfe, dieses zarte Geschöpf zur Frau. Im Morgengrauen weckte Talu ihn ganz sanft, legte sich auf ihn und machte ihm mit Worten, Gesten und Küssen deutlich, dass sie von ihm nochmals geliebt werden wollte, übernahm dann allerdings selbst die Initiative, es war unglaublich wie sie dieses Liebesspiel ausführte, als er am Ende zur Seite sah, lächelte Pam zu beiden rüber und streichelte Talu den Rücken, diese blieb auf Friedrich liegen und schlief auch so ein. Irgendwann, fielen ihm auch die Augen zu. Als er am nächsten Morgen, immer noch recht erschöpft erwachte, lag er alleine auf der großen Schlaflieget, dann betrat Pam das Zimmer und warf ihn lachend aus diesem Bett raus, er wollte wissen wo ihre süße kleine Schwester geblieben sei, doch Pam legte ihm einen Finger auf die Lippen und machte: „Pssst, mein liebster, du hattest sie nur für eine Nacht, mehr gibt es nicht, sonst werde ich noch eifersüchtig“, küsste ihn ganz zärtlich und es wurde nicht mehr darüber gesprochen. Auch später beim Frühstück saß die Schwester am Tisch und verhielt sich so als hätte diese letzte Nacht gar nicht stattgefunden, nur in einem unbeobachteten Moment, oder wenn sie alleine im Raum waren, pustete sie ihm einen Kuss von der flachen Hand zu und lächelte rätselhaft.
Die Zeit des Abschieds war gekommen, er hatte seine Arbeiten den einheimischen Ingenieuren dort in Indien übergeben und wurde nicht mehr gebraucht, allerdings gab die Indische Firmenleitung eine kleine Feier für ihn und mit vielen Dankesworten wurde Friedrich von ihnen verabschiedet. Den Rückflug hatte er so gewählt das er zuerst nach Bangkok flog, von dort sollte es weitergehen über Santiago de Chile nach Buenos Aires und von dort über Sao Paulo, Rio weiter nach Frankfurt. Den zweiten großen Abschied gab es in Bangkok, Pam hatte alle Freunde und ihre Familie eingeladen, sie schliefen noch einmal zusammen, zum Flughafen kam Pam mit ihrer kleinen Schwester, als sie sich zum Abschied küssten und Federico feststellte das er ihr nur diese Tatos als Erinnerung hinterlassen habe, lächelte Pam ihn an, streichelte über den Bauch ihrer Schwester und meinte: „Frede, hier in ihr, ist das schönste Geschenk welches du mir machen konntest, leb wohl mein Geliebter Freund, ich hatte eine wundervolle Zeit mit dir, doch man kann im Leben nicht alles haben, doch dieses Geschenk ist unbezahlbar und wird uns immer an dich erinnern“, jegliche weitere Fragen beantwortete sie nicht, beide sie und ihre Schwester lächelten dieses asiatische undurchsichtige Lächeln.
Friedrich drehte sich noch mehrmals nach den beiden um, sie standen dort beide nebeneinander, immer wenn er zu ihnen sah, verbeugten sich mehrmals auf Thai Art, indem sie ihre Hände zusammenlegten und an die Stirn führten, lächelten fast Maskenhaft dabei und man konnte keine Gefühlsregung bei beiden erkennen. Dann saß er im Flieger, sein Kopf brummte ganz schön, die kleine Schwester war also schwanger und er würde wahrscheinlich nie erfahren, was es geworden sei, Junge oder Mädchen, hoffentlich nicht ein unglücklicher >Kathoey< dachte Friedrich. Eine lange Flugzeit über dem Pazifischen Ozean lag vor ihm. Er versuchte zu schlafen und in seinen Träumen geisterten zwei Personen herum, Pam seine schöne männliche Geliebte und Maria Luisa das rothaarige Mädchen mit den grünen Augen. Beide sahen ihn immer mit einem rätselhaften lächeln an und im Traum hatte er ein ganz schlechtes Gewissen, beiden gegenüber.
In Santiago, der Hauptstadt Chiles, betrat er nach über zehn Jahren, bei der Zwischenlandung, den Boden dieses Kontinents. Es war ein seltsames Gefühl nach so vielen Jahren, diese vertraute Sprache überall zu hören. Drei Stunden später stand er in der großen Empfangshalle des internationalen Flughafens von Buenos Aires, in Ezeiza. Dieses Mal erwartete ihn niemand, damals beim Abschied hatten hier seine Eltern und seine Schwester mit ihrer Familie gestanden. Draußen standen mehrere Taxen, in alter Gewohnheit erkundigte er sich, bei verschiedenen Fahrern nach ihrem Fahrpreis, es war genau wie früher, erst wurde ein horrender Preis verlangt, wenn der Fahrer merkte das dieser Gast ein Einheimischer war, ging er in Anbetracht der wenigen Kunden, die hier herauskamen, mit seinem Preis herunter. Dann ließ Federico sich ins Stadtzentrum bringen, sagte dem Fahrer den Straßennamen >Suipacha< Nummer 500, in dieser Straße befand sich ein kleines Hotel, der Eigentümer war Deutscher, der schon seit fünfzig Jahren hier lebte, es waren Bekannte seiner Eltern.
Das Hotel existierte noch immer. Am Empfang erkundigte er sich nach dem Eigentümer, es kam sein Sohn, erklärte ihm, der Vater sei vor einigen Wochen verstorben und er und sein Bruder würden das Hotel nun führen, als Federico seinen Nachnamen nannte, konnte der Mann sich an den Vater und die Mutter gut erinnern, ja er sei damals mit seinem Vater auf beiden Beerdigungen gewesen. Ein schönes Grab sei von der Schwester ausgesucht worden, auf dem deutschen Teil des Friedhofs, Cementerio de la Chacarita. Es sei auch leicht zu finden, am besten er solle mit dem Colectivo dorthin fahren. Seine Schwester würde immer bei ihnen Station machen wenn sie aus Bariloche nach Buenos Aires käme, daher wisse er das. Sie sei in den letzten Jahren immer seltener gekommen, was er sehr bedauerte. Federico stellte erst mal seinen Koffer im Hotel unter, danach bummelte er Ziellos durch die Stadt, viele neue Hochhäuser standen jetzt hier, früher war das <Edificio Kavanagh< mit seinen 120 Metern Höhe, das größte Gebäude, doch trotz vieler neuen Hochhäuser, ragte es mit seiner strengen Fassade immer noch hervor. Von der Plaza San Martin, mit dem Reiterdenkmal des nationalen Befreiungshelden, wanderte er die Florida hoch, ins eigentliche Zentrum. Er schlenderte durch die >Galeria Pacifico<, in der Florida, Ecke Avenida Cordoba. Der Obelisk auf der Avenida 9 de Julio und der Kreuzung mit der Diagonal Norte und Avenida Corrientes stand wie immer, vom brausenden Autoverkehr umgeben, er war 67 Meter hoch und Federico erinnerte sich an seine Schulzeit, dieser Obelisco, wie die Portenios ihn nannten, war zur 400, Jährigen Gründung der Stadt Buenos Aires errichtet worden, die Bäume an der 9 de Julio, standen ebenfalls noch hier, es waren seltene Baumarten darunter, zum Beispiel der >Palo Borracho< sein seltsam aussehender Baumstamm, hatte ihm wohl diesen Namen gegeben, der übersetzt >Besoffener Stock< hieß.
Doch dann stand er plötzlich vor der Bar Iguazu, hier hatte er Abschied von Maria Luisa genommen. Es sah fast genauso aus wie damals, gut viele Häuser wirkten ungepflegt, man erkannte dass die Wirtschaftskriese und die politischen Wirren, allem hier ordentlich zugesetzt hatten. Doch das Leben pulsierte wie immer, auf der Florida kam er an jenem Geschäft vorbei, wo er vor fast zwölf Jahren seine kleine Schülerin, beim Betrachten der eleganten Dessous, getroffen hatte. Spät abends kehrte er in sein Hotel zurück, in dieser Nacht träumte er erneut von seinen, für ihn wohl Wichtigste beide Menschen. Beim Frühstück am nächsten Morgen, überlegte er, ob er zu Fuß zum Bahnhof Retiro gehen sollte um mit der Bahn bis zu jener Haltestelle, wo er damals dieses Mädchen getroffen hatte, zu fahren. Doch er beschloss erst einen Colectivo zu nehme, die Avenida Santa Fe runterzufahren bis kurz vor der Plaza Italia, an der Avenida las Heras auszusteigen und die dreihundert Meter dann zur Charcas zu laufen und zu sehen ob Señora Garcia dort noch wohnte. Eine Stunde später stand er vor dem Haus, es war hier nicht üblich Namensschilder an der Klingel anzubringen, hier stand nur die Nummer des Apartments. Als er noch zögernd davor stand, öffnete sich die Haustür und ein großer Mann mit finsterem Blick erkundigte sich barsch, was er hier wolle oder suche. Federico erklärte ihm, dass er ein Bekannter der Familie Garcia sei, doch nach zehn Jahren nicht wüsste ob diese hier noch wohnten. Der Mann erkundigte sich nach seinem Namen, bat ihn zu warten, nach wenigen Minuten erschien er wieder, entschuldigte sich für seine Unhöflichkeit, führte Federico zum Aufzug, öffnete ihm persönlich diese eiserne Gittertür, dann fuhr er hoch und kurz darauf stand er vor der ihm recht gut bekannten Haustür. Ein indianisch aussehendes Mädchen wartete dort bereits, sie trug ein kurzes schwarzes Faltenröckchen, schwarze Strümpfe, für ein Dienstmädchen recht hohe Schuhe, eine schwarze Bluse mit kurzen Ärmeln und über allem eine weiße Schürze. Es fehlte eigentlich nur ein altmodisches Häubchen. Sie führte ihn in den Salon. Es sah alles fast genauso aus wie damals, viel Plüsch und Pomp und ein Geruch nach Mottenpulver überlagerte alles. Hier schien die Zeit stehen geblieben zu sein.
Señora Garcia erschien direkt, kam strahlend auf ihn zu und umarmte ihn. Sie sah fast unverändert aus, wirkte immer noch sportlich elegant, ihr Gesicht wirkte eine Nuance härter als damals, auch ihre Hände zitterten etwas, Ihre Haare waren von grauen Strähnen durchzogen, sie umgab ebenfalls dieser seltsame Geruch nach Mottenpulver, als ob sie aus der Vergangenheit käme. Es wurde Tee serviert, sie erkundigte sich ob Federico lieber einen Mate mit ihr trinken wolle, das hätte sie schon so lange nicht mehr gemacht. Mate-Tee war in Argentinien ein Volksgetränk, das aus einer Kalabasse mit einem Saugrohr geschlürft wurde, diese Kalabasse, ein Ausgehöhlter und bearbeiteter Kürbis, wurde unter Freunden, aber auch beim einfachen Volk, herumgereicht und jeder saugte am gleichen Saugrohr. Es waren nur immer kleine Schlucke heißen Tees, die man da heraussaugte, danach wurde wieder heißes Wasser aufgegossen und der Mate weitergereicht, solche Materunden konnten manchmal sehr lange dauern. Sie zelebrierte es hier mit ihm, es war ebenfalls etwas, das er seit damals nicht mehr gemacht hatte. Dann erkundigte sich Señora Garcia, nach seinem Lebensweg, danach erzählte sie nur ganz kurz über die Ereignisse die zum Tod ihres Mannes geführt hatten. Ganz zuletzt sagte sie plötzlich: „Federico, lieber junger Freund, das alles hier wollen sie doch eigentlich nicht wissen, stimmt es? Sie wollen wissen was aus jener jungen Dame, die sie hier her gebracht haben, damals in jener schrecklichen Nacht, was aus ihr geworden ist. Lieber Federico, diese Frau, hat sich rücksichtslos nach oben durchgeschlafen, viele brave Familienväter sind dieser Edelnutte zum Opfer gefallen. Ich weiß nicht wie viel Familien sie dadurch zerstört hat. Sie hat allerdings auch Rache an allen denen genommen, die nicht immer gut zu ihr waren, selbst bei meinem Mann dachte ich erst, sie sei an diesem Mord schuldig, doch es stellte sich heraus, dass es scheinbar nicht so war. Sie hat in der Zeit der Militärs, an ihren Peinigern blutige Rache genommen und danach, es auch immer wieder verstanden, sich gewaltsam durchzusetzen, ich sage ihnen ganz ehrlich , Federico ich habe heute noch Angst vor diesem Weib, sie ist wahrlich eine rothaarige Hexe, mein lieber Mann hätte sie damals gar nicht aufnehmen dürfen, doch als guter Christ sah er sich dazu verpflichtet. Sie Federico, sind eigentlich ungewollt schuld an allem, sie haben uns dieses Ungeheuer ins Haus gebracht, nein sie können nichts dafür, keiner konnte die Schlange in ihr erkennen, ich ahnte ihre Schlechtigkeit von Anfang an und hätte sie damals schon mit der Reitpeitsche züchtigen sollen, aber man ist ja ein zivilisierter Mensch mit Kultur. Sie war und ist es bis heute, eine hinterlistige, verdorbene Hure und hat die Merkmale ihrer untersten und niedrigsten Klasse behalten. Ich war immer schon der Meinung diesen Tieren in Menschengestalt darf man niemals die Hand reichen “. Er war doch sehr verblüfft über diese Erklärung, erinnerte sich noch, wie sie selbst ihn damals beiseite genommen und von diesem herrlichen ungeschliffenen Diamant geschwärmt hatte, jetzt zeigte sie selbst ihr wahres Gesicht und ihre Einstellung, zur ihrer Meinung nach, wertlosen Klasse? Dies war allerdings auch von Wut, Hass und wie er meinte von Neid durchsetzt. Sie berichtete aufgebracht und empört, wie sie, diese Hure, den netten älteren Richter, der doch aus besten Kreisen stammte, über die Spitzel der Militärregierung ins Zuchthaus gebracht hätte, wegen angeblichem Meineid, Bestechung und Beihilfe zu Mord im Amt. Für Señora Garcia, ein Netz von Lügen und Verleumdungen. Selbst ihren netten Stiefvater hätte sie ins Zuchthaus gebracht, mit weiteren vier einfachen Männern, dieser einfache nette Mensch, der diesem verdorbenen Weib als Kleinkind, eine Familie geboten hätte, sei dieser undankbaren Hyäne überhaupt nicht gewachsen gewesen.
Nach diesen letzten Äußerungen wusste Federico, dass seine Gesprächspartnerin, entweder so naiv war oder aus Hass auf diesen Emporkömmling und dessen mögliche Zurückweisung ihrer lesbischen Genüsse, ihren Aufstieg, den sie nicht hatte stoppen konnte, hier durch eine ihr passende Brille betrachtete und allen ihren Hass aufzudrängen suchte.
Es war spät geworden, als er sich verabschiedete, meinte die Señora: „Federico, lieber junger Freund, meiden sie diese Hure und Verbrecherin, sie bringt allen nur Verderben, man hätte sie als Kind schon erschlagen sollen“, das war nun d