Liebe bedeutet für mich auch, meinen Partner zu fordern wie auch zu fördern ...
Das unterschreibe ich sofort, wobei ich betone, dass viele leider das Fördern durch Fordern vergessen.
... jedoch nicht bewusst zu überfordern ...
Das ist so klar wie das Sonnenlicht!
... und damit sein emotionales wie auch sein geistiges System situativ in eine Krise zubringen ...
Wobei ich anmerken will, dass es manchmal (nicht immer!) nichts Heilsameres und Chancenreicheres gibt als eine ausgewachsene Krise. Und manchmal ist es auch Liebe, die Krise eines geliebten Menschen aushalten zu können.
Und ich frage höflich nach, ob man wirklich jemanden immer dort abholen muss und soll, wo er gerade steht? Kann man sich nicht auch wünschen und es herausfordern, dass er sich mal Mühe gibt und von allein in die Gänge kommt?
Bei der Begleitung und Betreung von Kindern und Menschen mit Handicap hat sich das durchaus bewährt: Herausforderungen zu ermöglichen, an denen der andere wächst und reift.
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An dieser Stelle möchte ich für alle, die es interessiert, eine kleine Geschichte erzählen:
Es war einmal eine Frau, die einen Schmetterling beobachtete, der sich gerade aus seiner Verpuppung herauskämpfen wollte. Sie mochte den kleinen Kerl sehr und konnte seine Schmerzen und Qualen, seinen fast verzweifelten Kampf kaum ertragen.
Also holte sie eine Schere und schnitt behutsam und liebevoll alle Fäden durch, an denen der Schmtterling noch hing. So nahm sie ihm den Kampf ab, den er zu bestehen hatte - nicht aus Liebe, obwohl sie es so empfand, sondern weil sie es nicht ertragen konnte, sein Leid zu sehen.
Leicht und locker kam er nun aus seiner Verpuppung. Doch was musste die Frau nun mit Entsetzen erkennen? Er hatte statt prachtvoller Flügel nur kraftlose Stumpen an seinen Seiten. Niemals würde er seine Flügel ausbreiten und fliegen können. Denn er hätte seinen Kampf gebraucht, damit die Lebenssäfte in seine Flügel strömen, damit er starl wird, damit er kraftvolle und wunderschöne Flügel bekommt.
Weil sie es nicht ausgehalten hat, ihn um prächtige und kraftvolle Flügel kämpfen zu sehen, hat sie ihn letztlich zum Krüppel gemacht. Dabei wäre er vielleicht ein wunderschöner, freier und glücklicher Schmetterling geworden, hätte sie es ausgehalten, wie er sich alleine freikämpft.
Sie hatte es sooo gut gemeint, aber übersehen, dass es keine Liebe ist, für den anderen nur Verständnis zu haben und ihm alle Steine aus dem Weg zu räumen.
(Der Antaghar)