Brief an eine Einsteigerin
hallo. ich habe ein paar fragen zum thema richtig devot zu sein. ich habe noch keine erfahrung damit, und ich habe seit gestern einen Herrn, der mit mir nicht zufrieden ist. da ich nicht weis wie man einen Herrn richtig begrüsst und verabschiedet usw. ich hoffe ihr könnt mir dabei helfen. danke schon im voraus.
Vor einigen Monaten habe ich einmal einen Beitrag aus SZ kopiert, der mir als Anfängerin einigen Mut gemacht hat und ich hiermit gerne weiterreiche:
Hallo,
ich bin Susi und ich möchte sein wie Ihr. Und ich möchte erleben, was ihr auch erlebt. Ich möchte auch ein ewiges Fest der Gefühle erleben. Ich will aufgehen in meinem Dom. Ich möchte auch eine richtige Sklavin sein. Ich möchte für meinen Dom leben und leiden und dabei sehr glücklich sein. Ich möchte ihm danken, dass er sich meiner annimmt. Und ich möchte belastbar sein. Ich werde ihm alles geben. Und dann bin ich kein Anfänger mehr. Ich will keine Spielerin sein. Ich will echt sein! Ich will mich auch vertrauensvoll fallen lassen. Und ich werde ihn nicht heimlich toppen. Ich werde auch bestimmt keine Wunschzettelsklavin sein. Aber ich werde auch nicht zu den Kranken gehören. Ich will eine richtige SMerin sein. Aber irgendwie… Vielleicht mache ich ja etwas falsch. Könntet ihr mir nicht sagen, wie ich es richtig mache?
Eure Susi
Liebe Susi,
ich bin Masochistin und ich bin es schon eine ganze Weile. Und ich bitte Dich, werde nicht wie wir. Bleib "in erster Linie Mensch", ohne Dich ständig daran erinnern zu müssen, dass Du es bist. Diese Formulierung liest Du bei uns „Profis“ oft, nicht wahr? Bitte denke mal darüber nach, wie albern sie ist. Natürlich bist Du Mensch, das siehst Du ja jeden Tag. Wie könntest Du das je vergessen?
Willst Du das vergessen? Wenn ja, dann lauf so schnell Du kannst, denn bei uns wirst Du menschlicher, als Dir lieb ist. Du wirst Fehler machen. Du wirst Dir manchmal Dinge schön reden, die nicht schön sind. Und Du wirst lernen andere abzuwerten, um Dir Deinen Wert zu erhalten. Du wirst andere negieren, um Dein SM noch etwas besonderes sein zu lassen. Und Du wirst vielleicht sogar zeitweilig vergessen, was eigentlich der Kern Deiner Bedürfnisse war. Du wirst oft in Praktiken denken und Menschen funktionalisieren. Willst Du das?
Ich verrate Dir jetzt mal ein Geheimnis. Wir Masochistinnen und Devoten beschönigen manchmal ein wenig. Ja, wir empfinden tief. Und ja, wir wollen Grenzenlos sein. Wir wollen mit jeder Faser erleben, was wir erleben, weil es unser Bedürfnis ist. Aber die Beschreibungen unseres konkreten Erlebens sind stellenweise ein wenig verzerrt.
Solange man nicht zum Typus Frau gehört, der eine extrem hohe Schmerzgrenze besitzt und einen großen Teil von kräftigen Schlägen noch körperlich in die Schiene "normale" Berührung einordnen kann, wird man erschrocken über die Diskrepanz von Phantasie und Realität stolpern. Es ist wie immer beim Erstenmal: Man muß erst lernen die Reize umzusetzen. Es bedarf etwas Erfahrung, bis man weiß, wie man den Schmerz in Erregung umwandeln kann. Man muss genauso lernen sich in die Empfindung reinfallen zu lassen, wie bei den ersten Schritten in seiner sexuellen Jugend.
Ich verrate hier mal ein in unseren Kreisen leider oft verschwiegenes Geheimnis: Schläge tun weh! Angebliche Hingabe oder Erregung hin oder her. Es tut grundsätzlich weh wenn man geschlagen wird! Körper sind so gebaut, dass sie sich gegen Schmerzen wehren. Schmerz ist ein Signal für Gefahr. Ein Körper versucht auszuweichen, wenn ihm Schmerzen zu gefügt werden. Das ist so! Nun gibt es Drüsen im Gehirn eines Menschen, die bei zu starken Schmerzen schmerzlindernde Hormone ausschütten. Diese Hormone sind recht identisch mit Hormonen, die Hochgefühle auslösen. Wird der Körper über lange Zeit immer wieder mit der Erfahrung von Schmerzen konfrontiert, dann erlernt der Körper die automatische Gegenreaktion mit diesen Hormonen und schüttet diese immer früher aus. Genau das ist übrigens das, was man unter der Verschiebung der Schmerzgrenze versteht. Dies findet auch bei chronisch Kranken statt - sie entwickeln eine große physische Belastbarkeit, weil der Körper sich an Schmerzen gewöhnt und permanent Stresshormone ausschüttet.
Wenn es sich bei diesen Schmerzerfahrungen nun nicht um einen chronischen Zustand handelt und man diese in einem sexuellem Kontext macht, KANN folgendes geschehen: Ein Mensch, der sich nicht gegen die Schmerzen wehrt und DEN WILLEN dazu bzw. DAS BEDÜRFNIS danach hat, kann nun lernen diese Hormone zu "missbrauchen" um seine sexuelle Erregung zu steigern. Das ist wie mit dem Adrenalin, welches die Nebenniere bei Sex an öffentlichen Orten ausschüttet, sobald die Angst erwischt zu werden mitspielt. Entscheidend ist, ob man den aufrichtigen Wunsch hat, mit dieser Angst zu spielen, sprich, dass man Adrenalinjunkee genug ist, das Ganze als aufregenden Kick zu empfinden. Sicherlich kannst Du diese Form der Belastbarkeit auch entwickeln, wenn Du dieses Bedürfnis nicht besitzt.
Ich weiß, dass klingt tragisch pragmatisch. Aber der Satz "Das tue ich alles nur für Dich" sollte ehrlichkeitshalber umgewandelt werden in "Diese Erfahrung möchte ich nur noch mit Dir machen, weil es mit Dir einfach am Schönsten ist"... Der Wunsch danach ist halt schon von alleine vorhanden und will in der Praxis nur erlernt werden.
Nun veranstalten wir „SMer“ gerne untereinander eine kleine alberne Olympiade. Anstatt das gefühlte Ergebnis zu bewerten, halten wir einen kindischen Leistungswettbewerb ab, der an dem Kern der Thematik vorbei geht. Hinzukommt die lächerliche Angewohnheit, das Ganze in poetische und verklärte Floskel zu kleiden, was in Wirklichkeit manchmal einfach nur hart und schmerzhaft ist. Kaum eine "Hochglanz-Sklavin" gibt zu, dass sie in manchen Momenten einfach nur denkt: "Ich hasse Dich. Ich liebe Dich. Warum tust Du mir das an. Ich halt das nicht mehr aus und ich will hier weg. Bitte hör nicht auf". Nur so direkt drückt das kaum jemand aus. Und tatsächlich wollen wir genau diese Härte (und die kann sehr unterschiedliche Levels haben), weil wir sie brauchen. Diese Härte ist unsere Intensität. Und natürlich empfinden wir das als Nähe und Liebe. Wir teilen mit unserem Gegenüber unsere tiefstensten Bedürfnisse. Aber es sind dennoch UNSERE kleinen egoistischen Bedürfnisse. Was sind Deine Bedürfnisse? Wonach sehnst Du Dich? Was ist Deine Intensität?
Und nun lass mich noch etwas zu den „Spielern“ sagen, zu den Möchtegerntops und Wunschzettelsklaven. Die gibt es nicht. Uns allen geht es um das Gefühl der Authentizität, um Intensität und um Nähe. Der Unterschied liegt lediglich in der Reizflut, derer wir bedürfen, um diese Gefühle zu erleben. Nimm zum Beispiel die allseits erwähnten „Vanillas“. Ein „Vanilla“ kann das gleiche Gefühl von Liebe und Intensität erleben wie wir. Nur bedarf er dabei nicht so starker Reize. Er ist vielleicht sensibler. Oder lebt schlichtweg in einer anderen Welt. Wer weiß das schon. Es ist wie mit verschlossenen Türen. Nicht jede Tür bekommt man mit demselben Schlüssel auf, auch wenn der Raum dahinter vielleicht identisch ist. Genauso ist es mit Switchern oder den so titulierten „Spielern“. Die Tür, hinter der sich das Gefühl von Echtheit, Intensität und Liebe befindet, besitzt einfach ein anderes Schloss. Im Grunde ist das so einfach.
Und nun nimm Dir Zeit. Überlege Dir gut, was Du willst. Höre anderen ruhig zu. Du kannst auch gerne an ihren Phantasien partizipieren oder Dich von ihnen inspirieren lassen. Aber bitte friss nicht alles unbesehen. Es mag durchaus sein, dass der bezaubernde Top in Deiner Mailbox die richtigen Worte findet, für das Was Du hinter Deiner Tür finden willst. Und dennoch kann sein Weg dorthin für Dich der Falsche sein.
Und nun wünsche ich Dir alles Gute.
ST