Wow Joiman
da hast du ja als Thema ein heißes Eisen angefasst. Das ist ein Garant für emotionsgeschwängerte Postings und ein harter Stellungskrieg.
Schuld, eine Illusion, so alt wie die klerikalen und dogmatischen Gehirnwäschen. Schuld ist was absolut geniales. Es nimmt mir in allererster Linie das harte Brot, anerkennen zu müssen, dass es weder richtig noch falsch gibt. In zweiter Linie, als Bonus und Sahnehäubchen, nimmt es mich persönlich aus der Aktion/Reaktion-Gleichung des Lebens.
Wer sich "Schuld" ausgedacht hat, dem gehört eigentlich der Nobelpreis verliehen.
Ich habe bei mir irgendwann gemerkt, dass es halbschwanger nicht gibt. Also gibt es auch kein "bißchen" selbst schuld geschweige denn "schuld sein" und "Schuld überhaupt.
Schuld existiert einfach nicht, das wäre genauso wie wenn wir einen Orkan als Windstille bezeichnen würden.
Ich bin über 3 Jahrzehnte durch die Welt gelaufen mit dem herrlichen Gedanken, dass für alles was mir passiert andere oder anderes schuld wäre. Natürlich jenes ausgeklammert, wo ich meine Ursächlichkeit nicht leugnen konnte. Aber ansonsten durfte alles herhalten. Die Politik, der Nachbar, das Wetter, der Partner, alles wirklich alles konnte für das Erlebte die Schuldprügel über sich ergehen lassen.
Nur hat es was 3 Jahrzehnte geändert?
Nö
no
Wirklich geändert hat sich erst etwas, als ich aus dem alten Weltbild ausgestiegen bin. Zu viele weise Sprüche alter Meister deuteten darauf hin, dass wir der Dreh- und Angelpunkt für unser Erlebtes sind. Es hat einen Grund, warum mir etwas passiert, aber jemand anderem gar nicht. Es werden keine 82Mio Menschen in Deutschland verlassen, gefoltert, vergewaltigt, ausgeraubt oder im Stich gelassen. Gewisse Vorgänge passieren nur gewissen Personen. Und dafür muss es ja einen Grund geben.
Irgendwann war mir klar, dass niemand das identische Leben führt. Von Geburt auf an lebt jeder Einzelne ein absolut einzigartiges Leben. Es mögen Ähnlichkeiten existieren, aber auch nicht mehr.
Das die Gesellschaft, die Medien & Co mit ihren Statistiken und dem Einteilen in Gruppen uns suggerieren will, dass wir keine wahren Individuen sind, kippt Öl in das schwelende Feuer.
Wenn also unser eigenes Leben absolut einzigartig ist, müssen doch die Gründe und Ursachen immer in uns liegen. Jetzt kommt aber der Haken. Wir als Menschen tun uns so verflucht schwer, weil wir ja noch in "Schuld" denken. Sprich, wir trauen uns einfach nicht, wirklich alles an Ursachen in uns zu suchen und anzuerkennen, weil wir dann dies sofort mit "schuld sein" gleich setzen. Und dieses Gefühl erschlägt einen regelrecht.
Da es aber keine Schuld gibt, können wir diesen illusionären Wert ablegen. Es gibt auf Aktionen eine Reaktionen, mehr nicht, daran ist nichts falsch und nichts richtig. Verschüttest du ein Getränk, ist der Boden nass. Das ist nicht falsch und nicht richtig. Es erfordert nur das Reinigen danach, so what? Klar, man kann diese Situation jetzt perfekt dazu nutzen, all seinen Tagefrust loszuwerden oder irgendwas oder irgendwem die Schuld zuschieben, aber umgeschmissen haben wir es selbst. Selbst wenn wir überlegen: "warum ist mir das passiert" gehen wir bereits bei dieser Satzstellung schon aus der Eigenverantwortung, denn wir taten ja das Umwerfen. Auch die Frage "warum habe ich dies umgeworfen" kann uns die Schuld wo anders suchen lassen. Erst wenn unser Blick in unser Inneres geht, dann wird ein Schuh daraus.
Nehmen wir präsente, lokale Vorgänge. In Portalen wie dem JC melden sich Männer als Frauen an oder Mitglieder mit falschen Angaben. Mit der Schuld und richtig/falsch und sonstigen Moralkeulen kann man das vielfältig ausschlachten, aber am Ende ist es ganz einfach. Jeder der so etwas tut, beißt sich selbst in den Hintern, weil sich die Person um all die Freiheit, Offenheit, Ehrlichkeit und damit Lebensqualität bringt inkl. dem zwar Ersehnten aber niemals zu erreichenden Ziel. Aktion -> Reaktion.
Zwei Partner einigen sich auf Monogamie, einer geht "fremd", der andere zieht einen Schlussstrich, aus Ende, Schluss. Falsch? Verwerflich? Nein, beide haben sich angezogen, sich etwas getriggert, ausgelöst, erlebt, agiert und reagiert.
In dieser "Nüchternheit" mag das sehr "kalt" wirken, aber das ist es nicht, denn wenn jeder für dich beginnt aus dem Schuld-Denken auszubrechen und dann noch beginnt alle Ursachen in sich zu suchen, wird so viel Emotionen frei geschaltet, dass es mehr als warm wird
Es ist der Weg in die eigene innere Freiheit, in seiner eigenen Eigenverantwortung.
Natürlich ist die erste Reaktion eines "Opfers" sich in der eigenen "Unschuld" zu suhlen. Hat es doch nichts getan, ist es doch unschuldig, was für böse Menschen es doch gibt. Aber ist das nicht ein wenig kurz gegriffen? Weiß das vermeintliche Opfer wirklich alles über das eigene Leben? Wohl kaum, denn sonst wüsste es, warum gerade ihr/ihm genau das passiert ist und dann wäre das Thema Schuld/Unschuld vom Tisch, respektive gar nicht erst existent.
Von daher, super Thema Joiman, denn das sind die aktuellen Themen im Zeitenwandel und gerade deshalb auch im therapeutischen Bereich genau der Zündstoff, wo jeder früher oder später erkennt, wo die Ursachen tatsächlich liegen. Der größte Schmerz besteht ja im "sich eingestehen" und weniger im Erlebten. Wir sind der Nabel unserer eigenen Welt.
Statt "schuld sein" verwende ich in meinem Wortschatz "ursächlich sein", denn das verdeutlicht wo die Ursache wirklich liegt frei von "Schuld".
Weiterhin viel Reibungsfläche hier im Thread
hg
D.