Eine Legende jedoch ist unsterblich.
Vampire sterben nicht!
Sie leben durch das Interesse ihrer Opfer, das für sie ein nie versiegender Quell frischen Blutes ist, welches wachen Geist in der Grundnote, unendlicher Mut, der weit über Neugier hinausgeht im Bouquet und sehr oft auch eine gewisse natürliche Anmut im Abgang schmecken lässt.
Natürlich nur dem Kenner.
Thomas war so ein Blut.
Jeden Mittag fand er einen Vorwand, um sich aus der brandigen Fassmacherwerkstatt zu stehlen und zu warten, bis der Einspänner vor dem gegenüberliegenden Hof des Plantagenbesitzers Dechamps hielt. Pit, der schwarze Stallbursche den Rappen am Zaumzeug fing und die junge Lehrerin endlich dem Stallburschen die Zügel übergab und wie einem Gemälde entlehnt, dem Einspänner entstieg.
Es war ihm, als ob er den Duft ihrer Haut, das rauchige Parfum, selbst in dem dicksten Rauch der Branntweinfässer oder gegen den modrigen Gestank des Mississippi oder gar gegen den würzigen Geruch von Stowes kleinem Tabakfeld riechen konnte.
Selbst mit geschlossenen Augen hätte er sie zeichnen können.
Das kleine, elegante Hütchen aus schwarzer Seide, dessen leichter Schleier unter der kleinen Nase endete und den vollen roten Mund preisgab.
Das wie eine Krone in dem schwarzen lockigen Haar saß, welches sie auf irgend eine Weise kunstvoll steckte und den schlanken weißen Nacken offenbarte.
Ein Weiß, auf das er tausendmal im Traum seine Lippen legte um es zu schmecken. Und das in der engen Bluse seinen Anfang nahm, welche wie eine weiße Blüte aus der Enge der schwarzen Corsage aus feinem französischen Satin entsprang.
Wie eine weiße Nelke, dachte er.
Jeder ihrer Schritt auf der ausgeklappten Treppe des kleinen Einspänners, war eine von Natur gegebene Eleganz, welche zugleich Sicherheit und die Gewissheit des Selbstwertes ausdrückt.
Und Thomas war sich sicher, dass sie wusste, dass er von dieser Stelle aus, tagein, tagaus diesen Anblick genoss.