Persönliche Ansicht
Auch mich interessieren mit brennenden Zweifeln die Zusammenhänge zwischen Sex und Paarbindung. Man weiß im Grunde so wenig, und zwar vor allem von den anderen, die es (mit)betrifft. Hier mal ein Versuch meiner Interpretation - der in der ganzen Kontroverse dieses Threads hoffentlich nicht allzu sehr auffällt -
Die eckig gesetzten Nummern bezeichnen Menschen meines persönlichen Umfelds, die ich teilweise unter einigen verschiedenen besonderen Umständen kennengelernt habe.
Von alleinerziehender [11111] möchte ich hören, warum sie mit wechselnder Begleitung die Tauschclubs besucht. [51515] hat mir am selben Ort deklariert, sie gehe des Bedürfnisses wegen her, aber ein Mann käme ihr nie wieder ins Haus - seit sieben Jahren - weil sie ihrem Kind das ersparen will, was Beziehungen aus Menschen machen können.
Ob und wie solche die klassische Trennung Anonyme Nacht – Vertrauter Tag vollziehen. Wie sie das Konzept der Ewigen Verschmelzung damit vereinbaren.
Ich möchte [22222] dazu interviewen, die reflektiv akademisch und praktisch geschulte Seelsorgerin, die mit einem halb so alten Athleten auf die Matte geht. Das unerhörte Ausnahmevergnügen, von mehreren Männern bedient zu werden, gleichzeitig oder in Folge ? Jahrmarkt, Fitnessstudio, Wellness ?
Für einen ersten, greifnahen Anfang könnte ich geschiedene Doppelmutter [33333] befragen. Und deren neuen Partner selbst, der schon fünf Jahre bevor er sie kennenlernte, als Single in den Swingerclubs unterwegs war und sie auf den Geschmack brachte.
Gestern stellte ich mir vor, es würde noch passieren, daß ich [44444] mal im [meinClub] treffen könnte…
Es sind inzwischen einige, denen ich es zutrauen würde. Und andere, von denen ich mir sicher bin, daß sie es zwar nicht tun, aber könnten. Und wissen möchte ich auch, wie die frisch Verliebten davon sprechen, die nach einer Scheidung in eine neue Liebe gefallen sind. Ob die allerdings in der Lage sind, sich dazu überhaupt konkret zu äußern ? [55555], als die heldenhaft monogame Frau, die trotz Trennung ihre alte Ehe wieder aufbaute, würde vermutlich abwehrende, abfällige Dinge predigen, so wie es [66666] tut und [77777], ihres Zeichens professionelle Ganzkörperkünstlerinnen, und von [88888] erwarte ich auch nichts Überraschendes in dieser Hinsicht.
Mehr gelogen wird nur noch beim Geld -
Das Tabu ist sehr stark. Denn es hängt immer noch der Waffencharakter der Sexualität mit dran, den er vermutlich von seiner biologisch doppelten Funktion hat, zum einen zur Begattung zu verlocken, zum andern aufzuchtsstabile Beziehung zu begründen.
Sexuelle Attraktivität geht üblicherweise von Attributen der Stärke, Gesundheit und Fruchtbarkeit aus. Klingt verpönenswert für gebildete Wohlerzogene, die gehalten sind, Geist und Bewußtsein an erste Stelle zu setzen.
Genuß aber ist auch in der nackten Berührung überhaupt, und Reiz im Erkunden, Taktieren mit Erobern und Gewähren. Es kommen viele Faktoren zusammen, auch ein Seelenspiel ist dabei, das das Geschehen mit mythischen Fantasien unterlegt - oder soll ich sagen, überspannt ?
Wenn ich mir die Mühe mache, darüber nachzudenken, werde ich meistens davon behindert, daß ich einen mächtigen Zensor im eigenen Kopf habe, der die zu treffende Schlußfolgerung bereits von vorneherein vorgibt. So müssen meine Überlegungen darauf hinauslaufen, daß sie das bewährte und vorgeprägte Ideal der harmonischen, erfüllenden Zweierbeziehung unterstützen. Daß Kultiviertes, Ästhetisches, ja Produktives zu schaffen ist.
Unter diesen Voraussetzungen ist es nahezu unvermeidlich, daß man in der Schizophrenie, in der Doppelmoral landet und resigniert.
Weil den Mädchen, die ich kenne, das Analytische meist nicht so sehr liegt, geraten sie gerne ins abenteuerliche Schwadronieren über den Lichtcharakter der sexuellen Urkraft, die rein gehalten werden muß um jeden Preis für das ewige Seelenheil und das gesunde und glückliche Fortbestehen der Menschheit.
Daraus folgern sie ihre Verschmelzungstheorien, die für mich im Grunde nach nichts anderem klingen als der archaischen Befürchtung der Frau, befruchtet verlassen zu werden. Darum heiraten sie Jesus und verbünden sich mit der Kirche, die das trefflich zu nutzen weiß. Und ich krieg die Krise...
Ist aber eine verläßliche Versorgung etabliert, und besteht die Möglichkeit, sexuelle Aktivität so einzurichten, daß sie jene nicht gefährdet - zumindest aller Wahrscheinlichkeit nach - na dann staune ich nur noch, was die Mädels für eine Schau abziehen. Da entfalten und leben sie eine solche gewaltige und unendliche Lust, daß mir als randbeteiligter Mann ab und zu schon mal angst und bange werden kann. Vor allem weil ich merke, daß das offenbar nichts mit Beziehung, Liebe und Person zu tun hat, schon gar nicht mit meiner. Aber auch weil ich merke, daß meine Lust nicht mal annähernd in die Nähe dieser Höhe, Tiefe und Breite kommt.
So gesehen scheint das Märchen von der individuell einzigartigen unbegrenzt haltbaren Zweierliebe wie ein Trost, den uns die Frauen spenden wollen dafür, daß wir ja nur austauschbare Männer sind und einer eigentlich zu wenig für eine.