Hallo Löckchen,
habe mich jetzt durch (fast) alle Beiträge hier durchgelesen...
eine Nacht darüber geschlafen...
und heute Morgen ist mir eine Begebenheit aus meinem Bekanntenkreis dazu eingefallen:
Ein Paar hat geheiratet, er ging arbeiten, sie versorgte Haus und Kinder. Sie liebte ihn sehr, hätte ihn nie verlassen, war absolut treu. Aber sie war trotzdem unglücklich, fühlte sich nicht ernst genommen. Wenn sie mit ihm reden wollte, ließ er sie reden, wartete dann ein paar Tage, bis sie sich wieder "beruhigt" hatte. Sie war verrückt nach ihm, aber er wies sie oft ab. Streß auf der Arbeit, nicht in der Stimmung etc. Die sexuelle Weigerung seinerseits dauerte manchmal Wochen, Monate an, wenn er sie dann doch wieder einmal berührte, war sie glücklich und glaubte, er hätte sie endlich verstanden.
Als sie eines Tages ein wenig nettere Wäsche (keine Reizwäsche - einfach nur schöne Unterwäsche) anzog, kam nur ein dummer Kommentar, ob sie nun verrückt geworden sein und sich für andere Männer schön mache...
Jedenfalls: am Ende stellte sich heraus, daß er in ihr jene Frau sah, die ihm zuhause das Nest machte. Treusorgendes Weib, das ihm das Essen auf den Tisch stellte, putzte, alles tat, damit Mann es gemütlich hat. Für die Leidenschaft - hatte er all die Jahre neben ihr eine Geliebte. Er wollte gar nicht mehr Leidenschaft in der Ehe, seine Frau hatte brav und fügsam zu sein, nicht selbstbewußt und leidenschaftlich.
auf Deine Situation bezogen: andere haben das ja schon angesprochen, daß er eventuell zur Sorte Mann gehört, die sich nach der Hochzeit gehen läßt, weil die Frau dann erobert ist. man ist gebunden - fertig. Sie kann nicht mehr weg und gut ists.
Damit will ich Deinem Mann das oben geschilderte nicht unterstellen - es soll lediglich ein Denkanstoß sein.
Du schreibst, daß Du ihn liebst, und ihn nicht verlassen willst...aber Dir fehlen essentielle Dinge. Die Situation treibt Dich dazu, Dinge zu tun, die Du selbst für Dich früher ausgeschlossen hast. Ich finde Fremdgehen nicht gut, weil es ein Vertrauensbruch ist, absolut. Aber: wie schlecht muß es Dir gehn, wie verzweifelt mußt Du sein, daß Du etwas tust, das Du früher verachtet hast? Das Dir niemals in den Sinn gekommen wäre? Du verblutest in dieser Beziehung, weil Du all Dein Herzblut gibst und das nicht zurückbekommst, was Du brauchst. Er hat Dir bewiesen, daß er es kann: Dich verführen, Dich beglücken - und doch tut er es nicht. Warum? Ganz hart gesagt: wenn man jemanden liebt, tut man alles, um ihn glücklich zu machen. Seine kurzfristige "Änderung" scheint jetzt im Nachhinein wirklich nur eine "Beschwichtigungsaktion" gewesen zu sein. Oder ihm war wirklich klargeworden, was Dir fehlt - nur...warum dann wieder der Rückfall in das alte Schema?
Auch das haben andere schon angesprochen: er möchte es bequem haben. Du solltest Dich in den Mittelpunkt stellen, nicht ihn. Mach Dich rar, besuche einen Sprachkurs, geh abends in einen Bauchtanzkurs. Sei nicht immer daheim, wenn er nach hause kommt. Tu Dinge nur für Dich, für Dich allein, und um Dir gut zu tun. Verwöhne Dich. Laß es Dir gut tun. Sei unabhängig in Deinem Vergnügen.
Auf Dauer betrachtet, und so hart es klingen mag: Du mußt entscheiden, wie lange Du dieses (sein!!!) Spiel mitspielst. Wie lange Du es erträgst, ohne dabei kaputt zu gehen. Sei Du Dir wichtig. Tu das, was Dir gut tut (damit meine ich jetzt aber nicht, fremdzugehen - denn so geil es im Augenblick der Tat auch sein mag - das bist nicht Du. Du betrügst nicht nur ihn, sondern auch Dich selbst, wenn Du das tust. Wenn Du fremd gehst, tust Du Dir im Grunde auch selbst weh, weil Du Dich verleugnest...)
Konkret zum Fremdgehen: Du sagst, er würde es nicht verkraften. Aber: verkraftest Du auf Dauer seine Ablehnung? Daß er Deine Bedürfnisse mißachtet? Genervt sagt "nicht schon wieder", wenn Du ihm sagst, daß Dir etwas fehlt?
Ich bin für Ehrlichkeit. Sag es ihm. Aber: versuche, es ohne Vorwurf zu tun, also nicht: "sieh, wozu Du mich getrieben hast." Sag ihm, daß es Dir schlecht geht, daß Du darunter leidest, daß er nicht auf Dich eingeht. Und daß Dich die Verzweiflung dazu gebracht hat, fremd zu gehen.
Vielleicht bricht das etwas in ihm auf, und er ändert sich...
Vielleicht ist das aber auch das Ende eurer Ehe.
Du solltest Dir erstmal klar werden, was Du willst. Was Dir wichtig ist. Von irgend jemandem kam hier auch der Vorschlag, eine Liste zu machen mit den Dingen, die Du an ihm magst. Mach das - aber nicht zuhause. Fahr eine Woche zu einer Freundin in Deiner alten Stadt, rede mit ihr über all das. Gewinne Abstand. Manchmal kann ein Perspektivenwechsel Wunder bewirken (und beim Partner den Kommentar hervorrufen: "wer hat Dir denn den Floh ins Ohr gesetzt? Sei nicht komisch!")
Lebe für Dich. Nicht für ihn.
Willst Du Dein Leben lang verzichten? Deine grundlegendsten Bedürfnisse mißachtet wissen? Du mußt Dich entscheiden, ob Du ein Leben lang unglücklich sein willst - oder einen Schlußstrich ziehen und komplett neu anfangen. Klar, es tut weh, und es wird schrecklich sein - aber irgendwann kommt ein Mann, der Dir all Deine Wünsche erfüllt...man kann es sich zwar nicht vorstellen, wenn man gerade unglücklich ist - aber es ist so.
Das sind meine Gedanken dazu - geprägt von eigenen Erfahrungen und Erlebnissen im Bekanntenkreis. Ich sehe das aus Sicht einer Frau, die betrogen wurde - deshalb kann ich den Betrug an sich nicht gutheißen, sehr wohl aber die Verzweiflung verstehen, die Dich zu dieser Tat getrieben hat.
Ich wünsche Dir, daß Du glücklich wirst - in dieser oder einer neuen Beziehung.