Die Juristen halten fest zusammen.
Einige Tage diese Diskussion nicht verfolgt, und schon gibt es zig neue Beiträge. Zunächst finde ich interessant, dass sich hier einige gemeldet haben, die die "Unabhängigkeit" von Richtern so vehement gegen Infragestellung verteidigt haben. Ich unterstelle einmal, dass alle, die in diese Richtung gepostet haben, aus einem jurisitischen Umfeld kommen. Vor einigen Tagen habe ich die Worte eines sehr lebenserfahrenen Mannes gehört, der meinte, dass Juristen zwar oft untereinander streiten, aber wenn einmal ihr Stand angegriffen wird, dann halten sie zusammen wie Pech und Schwefel und bilden in eloquenter Weise eine argumentative Front, gegen die schwer anzukämpfen ist. Daran erinnert mich die Diskussion hier mittlerweile. Derselbe Mann meinte übrigens, dass wenn es in Prozessen wirklich um viel Geld geht, dann sollte man wissen, welcher Anwalt mit welchem Richter Tennis spielen geht und (u.a.) seinen Rechtsbeistand auch nach diesen Kriterien aussuchen (es könnte sich dabei vielleicht um ein typisch österreichisches Phänomen handeln, aber wer weiß?).
Zurück zur Sache:
@ Miale: Du hast die gegenwärtige Rechtslage sehr scharfsinnig analysiert. Was mir dabei aber absolut nicht gefallen hat, ist Deine kritik- und bedingungslose Angepasstheit an das gegenwärtige System (Zitat: "Daran ist nichts zu rütteln"). Das ist zwar typisch für Rechtspraktiker und solche die es werden wollen, dass sie sich nur mit dem beschäftigen was gerade gilt und nicht über den Tellerrand hinausblicken, aber in diesem Thread wird eben darüber diskutiert, wie die Rechtslage idealerweise sein sollte. Dafür habt Ihr Juristen ja auch einen wissenschaftlichen Ausdruck, nämlich "de lege ferenda". Ein bisschen darüber nachzudenken, wie die Lage in einem Rechtsstaat besser sein könnte, schadet niemanden. Und genau das machen wir hier.
@ Miale und @ jori, so wie Ihr argumentiert, das erinnert mich ein bisschen an Kaffeesatzleserei. Wir haben heute wissenschaftliche Methoden, wie eine Vaterschaft eindeutig festgestellt werden kann, und ihr kommt uns mit Ausdrücken wie "wird eine Vaterschaft vermutet", "es gibt gute Gründe" und ein Kind ist "als ehelich anzusehen". Das ist so ähnlich, wie wenn die Naturwissenschaft das kopernikanische Weltbild ignorieren würde und noch immer per Orakel feststellen wollte, wann die Sonne auf- und untergeht und wann welcher Stern an welcher Stelle des Firmaments auftaucht. Denn nichts anderes als ein Orakel sind solche Richtersprüche, die eine anerkannte Methode schlichtweg ignorieren bzw. ablehnen und sich statt dessen auf dubiose Vermutungen stützen.
In Juristendeutsch ausgedrückt: "De lege ferenda" wäre eine Änderung dringend wünschenswert. Wir haben in diesem Thread schon einige gute Vorschläge gelesen: Die richterliche Anordnung eines Tests auf Antrag des Mannes, die Beweislastumkehr (Mutter muss Vater beweisen, dass er es tatsächlich ist) oder der obligatorische Vaterschaftstest bei Geburt (um die Idee weiter zu spinnen: Dieser könnte natürlich entfallen, wenn beide Eltern damit einverstanden sind). Mit einer dieser drei Ideen wäre das Problem leicht aus der Welt zu schaffen.
Nochmal zurück zu @ Miale: Du schreibst, die Ehe sei "eine freiwillig eingegangene Lebensgemeinschaft und als solche sind die Partner zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet". Das stimmt, aber woraus willst Du hier einen Unterhalt für ein fremdes Kind ableiten? Und das mit den "gesetzlich objektivierten Beischlafzeiten" ist MMN eine bewusst eingebrachte Absurdität von Dir, das hat mit dem hier diskutierten Problem rein gar nichts zu tun, also sei die Frage erlaubt, wo Du das her hast.
Dass man auf Grund von (durch Richter und Politiker völlig unnötigerweise herbeigeführten) Schwierigkeiten das Unterhaltssystem gleich ganz abschaffen sollte, halte ich ebenfalls für eine absurde Forderung: Ich finde, es ist völlig in Ordnung, dass die Erzeuger großteils für das Wohlergehen des Kindes aufkommen. Dass die Gemeinschaft etwas beizutragen hat ist klar (die Gründe wurden eh schon mehrfach genannt), aber dies sollte auf den Bereich der Bildung (inkl. Betreuung) beschränkt bleiben. Eine gute Ausbildung und Betreuung der Kinder unter möglichst gleichartigen Voraussetzungen ist eine Investition für die gesamte Gemeinschaft, die sich später rechnen wird. Für alle anderen Ausgaben im Zusammenhang mit dem Nachwuchs gilt das nicht, zumindest nicht so deutlich.