Ich hoffe ihr habe etwas Zeit.
Nebenwirkungen von Pille, Spirale und Sterilisation
Wir hatten bei unseren Patientinnen in der Klinik auffällig viele Nebenwirkungen und unerwünschte Schwangerschaften feststellen müssen, die laut der uns Ärzten normalerweise zugänglich gemachten medizinischen Informationen und Anpreisungen nicht und vor allem nicht in diesem Ausmaß vorkommen sollten. Bei der Sichtung der umfangreichen weiteren Literatur haben wir nebst einem großen Wirrwarr verschiedene überraschende Entdeckungen gemacht.
Grundsätzliche Überlegungen
Stellvertretend für manche sei dazu C. Y. Genton angeführt: „Eine solche Verbreitung der oralen hormonalen Kontrazeption stellt den Arzt vor eine ungewöhnliche Situation. Erstmalig werden gesunde junge Menschen jahrelang mit hochwirksamen Medikamenten behandelt, ohne daß eine traditionelle Indikation - etwa eine Erkrankung - vorliegt. Die Absicht, durch eine solche Medikation eine optimale Familienplanung zu erreichen, ist aber für den Arzt nur dann akzeptabel, wenn dieses Ziel für das Individuum praktisch risikolos erreicht werden kann. Ist dem tatsächlich so? (1) Zu diesem Zeitpunkt bedienten sich in aller Welt 50 Mio. Frauen der Ovulationshemmer (OH) zur Empfängnisregelung (nun sollen es bereits 80 Mio. sein).
Zur hormonalen Antikonzeption („Pille")
Die hormonale Antikonzeption (AC) versucht, mit künstlichen Medikamenten den natürlichen Zyklus der Frau zu imitieren, bzw. zu überlisten, wobei ursprünglich primär der Eisprung im Eierstock hätte verhindert werden sollen.
Die häufigste Anwendungsform der hormonalen AC besteht in der sogenannten Antibaby-Pille, einem Pharmakon, das die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen (Gelbkörperhormon) enthält - in verschieden hoher Dosierung und Konzentration - als sogenannte Kombinationspille, hoch oder niedrig dosiert (Mikropille), Sequenz- bzw. Phasenpille (2-Phasen-OH, 3-Phasen-OH) oder dann Pillen mit ausschließlich progestagenen Stoffen (wie z. B. die Minipillen). Letztere gibt es auch als Spritzen, in Form der sogenannten 3-Monatsspritze, (die bis jetzt in den USA, wegen ihrer Nebenwirkungen, zur AC noch nie zugelassen worden ist). Dieses Depot-Progesteron - einmal injiziert - bleibt 2 1/2 bis 3 Monate im Körper und wirkt auch bei Nebenwirkungen so lange ungebremst weiter.
Östrogene und Gestagene sind alles synthetische (künstliche) Steroidpräparate. Als solche beeinflussen sie im menschlichen Organismus ca. 150 (!) Stoffwechselprozesse. Steroide sind auch sonst sehr potente Pharmaka, die als Langzeitmedikation bei gewissen Krankheiten alle mit Nebenwirkungen und gesundheitlichen Risiken verbunden sind. (Steroide beeinflussen bekanntlicherweise auch die Immunabwehr des Organismus gegenüber Infekten).
Zur physiologischen (natürlichen) Wirkung der Östrogene
G. Dallenbach - Hellweg:
„Östrogene aktivieren in allen ihren Erfolgsorganen, bei Mensch und Tier, durch Bindung an spezifische Rezeptoren - unter Bildung eines Rezeptor-Östrogen-Komplexes im Kern - die DNS. Die Folge ist eine Transskription von RNS und eine Zunahme der Eiweißproduktion, der Wachstums- und Proliferationsvorgänge. Eine Mitosewelle folgt.(2)
(Mitosewelle = Zellteilungs- und Zellvermehrungswelle, dies bedeutet im Klartext: Östrogene fördern Gewebswucherungen.)
Biologische Wirkungen zugeführter Hormone:
Kleine Mengen zugeführter Hormone aktivieren die Rezeptoren, (=Wucherung), hohe Hormonkonzentrationen lähmen sie (=blockieren die Enzymsysteme), was zum Ausfall der Östrogenwirkung und zu einer Atrophie (einem Schwund) des betreffenden Zielgewebes führt.
Tiefer dosierte Pillen beeinträchtigen die Verhütungssicherheit - womit zugleich die Einnistungsverhinderung, d. h. die frühabtreibende Wirkung der Pille zum Tragen kommt.
Weil synthetische Steroide auch in die DNS eingreifen - also an der Erbsubstanz gewisser Zellkerne wirken können, - werden unter dem Einfluß von OH heute auch virale Mutationen vermutet (Herpesviren), was unter Umständen noch von unabsehbarer Bedeutung werden könnte (denken Sie an das Aids-Virus).
Geprüft wird bei jeder Pille auch ihr Einfluß auf die Gerinnungsfaktoren und auf den Fettstoffwechsel.
Aus diesen Gründen auch der Ausspruch von Professor Ludwig (Basel) beim Schweizerischen Familienplanungskongress in Luzern im Herbst 1985:
„Wir dürfen nicht vergessen, daß wir es mit jungen, gesunden Frauen zu tun haben, die wir mit unseren Maßnahmen nicht krankmachen dürfen."
In der breiten Literatur gibt es über die Nebenwirkungen der Pille bis heute einige tausend Publikationen, seitdem die OH anfang der sechziger Jahre auf den Markt gebracht wurden. (Doch bereits wenige Jahre später waren nahezu alle wichtigeren Nebenwirkungen, mit denen wir heute noch zu kämpfen haben, schon bekannt und in Diskussion.) (3)
Diskutiert werden folgende Nebenwirkungsgruppen:
1. Kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Nebenwirkungen (Thrombosen aller Lokalisationen, Embolien, Hirnblutungen, Herzinfarkte, Blutdrucksteigerungen etc.)
2. Krebsrisiken: Zur Zeit sind sechs verschiedene Krebsformen in Diskussion:
a) Gebärmutterhalskrebs (Portio-/Zervix-Ca)
b) Gebärmutterschleimhautkrebs (Endometrium-Ca)
c) Eierstockskrebs (Ovarial-Ca)
d) Brustkrebs (Mamma-Ca)
e) gewisse Hautkrebsformen (malignes Melanom)
f) Leberzell-Krebs
3. Ernsthafte weitere Störungen wie gutartige Tumore der Leber, der Brust und der Eierstöcke (z. B. Zysten).
4. Infekt-Förderung und Kinderlosigkeit
5. Magen-Darmveränderungen
6. Augenstörungen
7. Psychische Störungen (Depression, Libidoverlust, Persönlichkeitsveränderungen)
8. Eng mit den Eierstockszystenbildungen hängt auch die Beeinträchtigung der Verhütungssicherheit und die antinidative Abortivwirkung (abtreibende Wirkung) der hormonalen AC zusammen.
9. Die Frage der Mißbildungen
1. Kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Nebenwirkungen
Die am frühesten entdeckten Nebenwirkungen sind diejenigen im kardiovaskulären und zerebrovaskulären Bereich.
Das „Royal College of General Practitioners" in England publizierte 1977 im „The Lancet" eine retrospektive und 1981 eine prospektive Studie je über 200.000 Frauenjahre - die nachwiesen, daß sowohl „Takers" wie „Extakers" von OH eine um 40% höhere Todesrate durch kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Ursachen aufwiesen - vor allem Herzinfarkte und Hirnblutungen. In diesen Studien zeigte sich das erhöhte Todesrisiko größer bei Raucherinnen und bei älteren Patientinnen. In der Prospektiv-Studie spielte - neu - die Dauer der Pilleneinnahme keine Rolle mehr: Auch bei kurzer Pilleneinnahme konnten die genau gleichen, schwerwiegenden Veränderungen auftreten wie nach langer Einnahmedauer, und das Risiko zeigte sich erhöht nun auch noch abhängig von der vorangegangenen Geburtenzahl.
Weitere Studien aus diesem Zeitabschnitt bestätigen diese Ergebnisse: Das Risiko, an einer Hirnblutung zu erkranken, war bei Raucherinnen 5,7 x höher, bei Pillenkonsumentinnen 6,5 x höher und bei Frauen, die rauchten und die Pillen nahmen, 22 x höher. Früher Beginn mit der Pilleneinnahme erhöhte dieses Risiko ebenfalls. (4)
In den folgenden Jahren traten zusätzlich und zunehmend Arbeiten über venöse Thrombosen und Embolien im Gefolge von OH-Einnahme in den Vordergrund. Die Reduktion der Östrogendosis (wie in der Mikropille) brachte keine diesbezügliche Verbesserung, sodaß schließlich die Gestagene als Verursacher verdächtigt wurden. Es wurden neue Gestagene geschaffen, die laborchemisch wesentlich günstigere Resultate ergaben. Doch auch damit haben sowohl wir selbst als auch Kollegen Frauen mit Schlaganfällen erlebt (eine unserer Patientinnen war 20-jährig, Nichtraucherin und auch sonst ohne weitere Risiken, mit einem Hirninfarkt und Lähmungen, von denen sie sich seit zwei Jahren noch immer nicht völlig erholt hat). Entsprechend publizierte die „Deutsche medizinische Wochenschrift" 1986 sechs Frauen im Alter von 13 - 49 Jahren mit akuten Hirngefäßverschlüssen, von denen fünf seit längerer Zeit die Pille eingenommen hatten, wobei nur drei zusätzlich rauchten. Ein leitender Gynäkologe der Universitätsfrauenklinik Bonn hat mich anfang 1986 persönlich auf die große Skepsis der Internisten und Neurologen der Pille gegenüber aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen, daß an ihrer Frauenklinik deshalb keine einzige ihrer mitarbeitenden Ärztinnen noch die Pille nehmen würde.
2. Krebsrisiken:
a) Gebärmutterhalskrebs:
Sehr viele Arbeiten beschreiben eine eindeutige Wucherungstendenz am Gebärmutterhals - sowohl im Kanalteil (durch Gestagene) wie an der Portioaußenwand (durch Östrogene) und in der Übergangszone. Geringgradige Veränderungen können nach Absetzen der Pille zurückgehen - ausgeprägte hingegen sind teilweise 2 - 3 Jahre nach Pillenstop noch in eine Krebsbildung übergegangen.(5) Die Veränderungen scheinen abhängig von der Stärke der Pille zu sein und - ausgeprägt abhängig - von der Einnahmedauer.(6) Rauchen (abhängig von der Zigarettenzahl) aber auch Alkoholkonsum verstärken dieses Risiko statistisch signifikant, und bis zum 3-4fachen (Harris 1980). Auch die WHO kommt 1985 auf ein gut 1 1/2faches Risiko - allein schon nach 5jähriger OH-Einnahmedauer.
b) Endometrium-Ca und
c) Eierstockskrebs:
Hier zeigen verschiedene Arbeiten eine Schutzwirkung der Pille gegen Krebs auf die Gebärmutterschleimhaut und auf die Eierstöcke auf. - Dies aber nur bei hochdosierten (gestagenbetonten) Kombinationspillen. Sequenzpillen (z.B. 2-Phasen-Präparate) fördern sogar das Endometrium-Ca-Risiko (mehrere Arbeiten). Letzteres wird in der Regel in den medizinischen Medien verschwiegen. Frauen, die noch nie geboren haben (nullipar) profitieren mehr von diesem Schutz als insbesondere Frauen, die schon öfters geboren haben (multipar).
Was hingegen die heute stark verbreiteten niedrigdosierten OH betrifft, werfen einige Autoren zur Zeit die Frage auf, ob damit diese Schutzwirkung auf Endometrium und Eierstöcke nicht abnehmen könnte. (7) Die Schutzwirkung auf die Eierstöcke hängt übrigens ebenfalls direkt von der Einnahmedauer der Pille ab und ist schlechter bei schwergewichtigen Frauen.
d) Brustkrebs:
Die Literatur bezüglich Krebs-Förderung oder Schutz durch die Pille auf die weibliche Brust ist äußerst kontrovers. Eine der meist zitierten Arbeiten sieht ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Brustkrebs, wenn die Pille vor der ersten, zur Geburt führenden Schwangerschaft über längere Zeit eingenommen wurde, erhöht auch, wenn die Frau mit der Pilleneinnahme vor dem 25. oder 23. Altersjahr angefangen hat oder die Pille bei noch unreifen, verlängerten Zyklen einzunehmen beginnt. (ebenso, wenn die Mutter oder die Schwester der Patientin an gutartigen Brustkrebserkrankungen leidet).(8) Die Schutzwirkung der OH hingegen sei hier beschränkt auf „Current users" („laufende Anwenderinnen") (9) mit gutartigen Mammatumoren und dies nur, wenn die gutartigen Gewebsveränderungen minimal waren. Bei starken Veränderungen: Kein Schutzeffekt.(10) Die Adoleszenten-Brust und die junge Erwachsenen-Brust - vor deren Reifung durch eine ausgetragene Schwangerschaft - stellt offenbar eine kritische Phase für das spätere Entstehen eines Brustkrebses dar! Denn ebenso wie OH fördert auch ein Spontanabort oder eine Abtreibung in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft die Brustkrebsbildung, wenn keine Geburt voranging (oder - weniger schützend zwar - wenigstens kurz darauf folgt).
Brustdrüsengewebe und Gebärmutterschleimhaut reagieren oft ähnlich, in der Antwort auf zugeführte synthetische Hormone aber offenbar genau gegenläufig. Das Endometrium wuchert in der 1. Zyklusphase mit Östrogen, - das Brustdrüsengewebe in der 2. Zyklusphase, bzw. mit Gestagenen. Denn vor allem hohe Gestagendosen scheinen die Brustkrebsbildung (laut Pike und anderen) zu fördern, (je stark abhängig von der Gestagenpotenz und von der Einnahmedauer).
Die Pike-Studie ist in den USA anerkannt, in Europa jedoch abgelehnt. Verschiedene Studien, die die Resulatate der Pike-Studie nicht zu bestätigen vermochten, weisen dabei oft eine recht kurze Beobachtungszeit auf. Professor Joyeux, Krebsspezialist in Montpellier, vergleicht dazu eine amerikanische und eine dänisch-schwedische Studie, beide von 1986, von denen die amerikanische keine Erhöhung des Mamma-Ca-Risikos durch die Pille erkennen läßt, während die dänisch-schwedische - wie Pike - bei einem Pillenkonsum von mindestens 6 Jahren eine klare Erhöhung des Brustkrebsrisikos aufweist. Zu Recht weist Professor Joyeux darauf hin, daß zwischen der Einwirkung einer krebserzeugenden Noxe auf ein Organ und dem Ausbruch der Erkrankung 10 - 20 Jahre vergehen können. Dies gilt ganz besonders für das Brustdrüsengewebe. Förderung durch die OH erfährt laut verschiedenen Arbeiten auch:
e) das maligne Melanom und
f) das Leberzellkarzinom (neu entdeckt)
3. Tumore
Auch gutartige Tumore von Leber, Brust, Gebärmutter und Eierstöcken sind beschrieben und nicht immer harmlos. Sie können einbrechen oder aufplatzen. (Im Zeitraum von 7 Jahren lagen z. B. 650 Fallberichte über gutartige Lebertumore unter OH-Einnahme vor (Leberadenome). Es gab dabei Verblutungsfälle. Der Autor dieser Meldung forderte allein deshalb schon, die OH nicht mehr zur Familienplanung zu verwenden).
4. Infektförderung:
Auch diese wird in der Literatur kontrovers behandelt. Ein direkter Trend zur Infektförderung (Steroide erniedrigen die Immunabwehr) und das durch die OH begünstigte veränderte Sexualverhalten scheinen aber Infekte im Genitalbereich und die - auch durch verschiedene andere Gründe verursachte - vermehrte Kinderlosigkeit von Pillenkonsumentinnen (M. Vessey und andere Autoren) eindeutig zu fördern. Die gefürchteten Chlamydieninfekte z. B. werden unter OH 2-3 mal häufiger gemeldet als ohne OH.
Eine Beobachtung zur Frage der Mutation von Viren durch OH: Lesbierinnen haben praktisch nur Herpes-Virus I (sie brauchen keine OH). Hetersosexuelle Frauen haben überwiegend das Herpes-Virus II. (Prof. Frech, Kalifornien, der eine Hauptursache für solche virale Mutationen in den durch die OH veränderten Säureverhältnissen der Scheide sieht.)
5. Magen-, Darmveränderungen
Gemeldet wurden durch OH geförderte Magen-Darm-Leiden (11)
6. Augenstörungen
7. Psychische Störungen
Recht oft finden wir psychische Störungen wie z. B. Depressionen und Libidoverlust sowie Persönlichkeitsveränderungen (zum Teil als Folge des „endokrinen Psychosyndromes" und zum Teil bedingt aus Gründen, die ich - entsprechend - dann bei der Sterilisation erwähnen werde.)
8. Versager- und zur Abortivwirkung:
Niedrig dosierte OH, Einnahmefehler, Interaktionen mit verschiedenen Medikamenten wie auch mit Kaffee, Alkohol oder Nikotin, ferner Magen-Darmverstimmungen, andere Ernährungsweisen (Asien) und angeborene veränderte Stoffwechsellagen vermindern die Pillenwirkung auf die Eierstöcke: Die Eibläschen reifen dadurch teilweise heran und führen zu Zystenbildungen der Eierstöcke; oder sie können vollständig springen, und es kann dadurch eine Schwangerschaft unter Pilleneinnahme entstehen. (Wir haben im Laufe von 1 1/2 Jahren selber 21 Schwangerschaften unter Pilleneinnahme beobachtet). Daß längst nicht alle unter der Pille entstandenen Schwangerschaften dann auch zur Geburt führen, ist u. a. bedingt durch die multifaktorielle Wirkung der Pille: Gestagene und Östrogene beeinflussen nicht nur den Eierstock. Sie verlangsamen auch die Beweglichkeit des Eileiters, verändern die Gebärmutterschleimhaut und beeinträchtigen den Gebärmutterhalsschleim gegenüber Samenzellen. Darum wird auch der Transport des befruchteten Eies durch den Eileiter bei OH-Konsumentinnen verlangsamt und der Embryo erreicht deshalb die rettende Gebärmutterschleimhaut oft zu spät (d. h. quasi „ausgehungert"). In anderen Fällen vermag er sich überhaupt nicht in die durch die Pille beeinträchtigte Gebärmutterschleimhaut einzunisten: in beiden Fällen stirbt er ab.
All die oben genannten Faktoren beeinträchtigen sowohl die Sicherheit als sie auch die Abortiv-Wirkung fördern. - Daß letztere nicht klein sein kann, erhellt daraus, daß bei durchschnittlichen, heute verwendeten Pillen das Hormonprofil und das Wachstum des Eifollikels in 30 % knapp die Größe wie unmittelbar vor dem Eisprung erreichte und in 20 % wenigstens teilweise heranreift. (Es genügt folglich unter Umständen ein nur noch sehr geringgradiger Gonadotropinanstieg - und der Eisprung ist da). Die offiziellen Versagerquoten (Methodensicherheit) werden mit einem Pearl-Index von 0,1 - max. 2,5 angegeben. (Entscheidend ist aber letztlich die Anwendungssicherheit.) (Döring) Bei Schwangerschaften, die unter einer Minipille entstanden (Pearl-Index v. 13,77), geben I. Gerhard und B. Runnebaum vermehrt Schwangerschaften außerhalb der Gebärmutter (EUG) an.(12) Bei derart vielen Pillen-Schwangerschaften kann auch die angegebene Eindickung des Zervix-Schleimes durch die Pillen-Gestagene gegen die Spermien nicht sehr effektvoll sein.
9. Mißbildungen
Neuestens wurde im Abortmaterial von Frauen, die innerhalb von noch 6 Monaten nach Absetzen der Pille schwanger geworden waren, in 48 % Chromosomenstörungen (wie Triploidie und Monosomien X) festgestellt - und in 30 % Polyploidien. Die entsprechenden Zahlen im Abortmaterial von Frauen, die ohne OH schwanger wurden, betragen 22 % und 5 %.(13)
Ovulationshemmer als Medikament:
Es gibt nun aber auch Krankheitszustände, für deren Behandlung sich OH gut eignet. Hochdosierte Kombinationspillen werden z. B. zur Zystenbehandlung der Eierstöcke eingesetzt. Gewisse hormonal verursachte Hautkrankheiten sowie Dysmenorrhoe - und zum Teil auch die Endometriose - können mit OH’s behandelt werden. Hier besteht aber eine medizinische Indikation, d. h. eine Erkrankung, die behandelt wird - und zudem werden bei diesen Leiden die OH’s in der Regel nicht länger als 3 bis höchstens 6 Monate eingesetzt.
Zur Spirale
Die Spirale (IUD) ist in erster Linie ein abtreibendes Mittel - bedingt durch eine durch die Spirale verursachte Reizentzündung der Gebärmutterschleimhaut. Diese verhindert die Einnistung des Embryos und führt so zu seiner Vernichtung.
Die hauptsächlichen Nebenwirkungen der Spirale bestehen in Blutungen, Schmerzen, Infektionen (zum Teil schwere Bauchfellentzündungen), häufig mit Sterilitätsfolge - sowie in künstlich verursachten, aber auch spontanen Perforationen der Gebärmutterwand (es wurden bei Spontanperforationen Spiralen bis in die Lebergegend hinauf gefunden). Aufgrund dieser Nebenwirkungen sind in den USA an die 2500 Haftpflichtprozesse hängig (mit Schadenersatzforderungen in Dollar in Milliardenhöhe), so daß ab Beginn 1987 in den USA der Verkauf von Spiralen vollständig eingestellt worden ist. Die Spiralen werden seither dort lediglich noch für die Drittweltländer produziert und für die übrigen Industrienationen.
Die Spirale ist ein in die Gebärmutter eingeführter Fremdkörper, zum Teil verbunden mit Kupfer und/oder Gelbkörperhormon (entsprechend demjenigen der Pille). Die Spirale trägt einen in die Scheide ragenden Faden. Der Faden dient der Kontrolle, ob die Spirale noch in der Gebärmutter liegt und schafft damit eine Verbindung durch den infektabdichtenden Schleimpfropf des Gebärmutterhalses zur Scheide.
Man versucht dauernd die Spirale zu verbessern und sie auch sicherer zu machen - unter anderem durch Erhöhung des Kupfergehaltes. Der Beweis dafür, daß sich ein genügender Prozentsatz von Spermien dadurch nicht beeindrucken läßt, liefern 8 -10 x erhöhte Zahlen an Eileiterschwangerschaften (der Pearl-Index des IUDs wird mit 0,4 - 2 - 3 - 17 - 24 Schwangerschaften pro Jahr und 100 spiraltragenden Frauen angegeben, - je nach Spiralenart und Umständen).
Zur Sterilisation:
Die Sterilisation der Frau ist (wie die Vasektomie beim Mann) eine operative endgültige Methode der Familienplanung. Sie ist ein absoluter Wahleingriff. Auch hier müssen die Risiken deshalb gleich 0 sein. Weil dies nicht der Fall ist, gaben die amerikanischen Gynäkologen vor 2 1/2 Jahren eine Verlautbarung heraus, die Tubensterilisationen künftig äußerst restriktiv zu handhaben. Auch in Europa wird bereits nach Kriterien gesucht, die die schlechten Erfahrungen der letzten Jahre mit Tubensterilisation und Vasektomie eingrenzen oder verbessern könnten - insbesondere durch Ausschluß von besonderen Risikofaktoren und durch wiederholte, eingehende vorgängige Aufklärung der Paare über die möglichen Folgerisiken.
Auf der Tagung der mitteleuropäischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Gesellschaft für Familienplanung und der Schweizerischen Gesellschaft für Sterilität und Fertilität) über die endgültige Familienplanung am 16. Januar 1988 in Schaffhausen wurde vor allem vom Psychiater eine „Nebenwirkungsprognose-Regel" eingehämmert, um diese eher eingrenzen zu können: Klare Bewußtheit der Betroffenen über die eigentlichen eigenen Motive für den geplanten Eingriff, eindeutiger Entschluß, größtmögliche Freiwilligkeit, ausgeglichene reife Persönlichkeit und ausgeglichene, stabile Partnerschaft. Ferner mindestens 2-malige Beratung im Abstand von 2-4 Wochen, nie unter Zeitdruck, nie während einer bereits laufenden Schwangerschaft etc.
Nach Prof. Hohl, Baden, würden immerhin 10-15 % aller tubensterilisierten Frauen den primären Eingriff bereuen und 1-2 % eine Refertilisierungsoperation erwägen.(14) Weltweit gibt es zur Zeit ca. 90 Mio. tubensterilisierte Frauen. Der Urologe H. I. Leisinger doppelte auch beim Manne nach: „Vasektomie ist nichts für labile Männer", und Prof. Bandhauer, Urologe, St. Gallen, sprach von „vielen, sehr anspruchsvollen Haftpflichtfällen".
Als Gynäkologen übersehen wir vor allem die Situation bei der Sterilisation der Frau: Sie umfaßt im wesentlichen folgende Problemkreise: Narkosezwischenfälle, Thromboembolien (vor allem, wenn der Eingriff nach einer Geburt oder unter bzw. bald nach Absetzen der OH durchgeführt wird), Blutungen und Sepsis (beides eher durch eine Unterbindung mittels Bauchspiegelung auftretend, infolge Verletzungen von großen Gefäßen oder Darmanteilen), Herzrythmusstörungen, Kreislauf- und Lungenkollaps etc. - All dies hin und wieder auch verbunden mit Todesfällen. (Ich selbst habe einen Fall erlebt mit tödlicher Lungenembolie am Spitalaustrittstag bei einer - nach der 5. Geburt - im Wochenbett durch einen Kollegen sterilisierten Frau). Risikoreich sind immer auch die Eileiterschwangerschaften: Bei Sterilisationsversagern treten sie zu ca. 50 % auf und sind mit rund 10 % an der mütterlichen Mortalität beteiligt.
Zunehmend werden heute Periodenstörungen mit verstärkter und/oder schmerzhafterer Periode ab Unterbindung gemeldet, (mit der Folge von gehäuften Gebärmutterentfernungen). Einige Autoren fanden einen nach der Sterilisation erniedrigten Gelbkörperspiegel im Blut (dies vor allem nach laparoskopischer Unterbindung) und sie vermuten eine durch die Sterilisation verursachte Durchblutungsstörung des Eierstockes als Ursache dafür. Sogar der Verdacht auf Brustkrebsförderung - ausgelöst durch diese gleiche zirkulatorisch-hormonelle Basis, wird zur Zeit durch eine größere Studie untersucht.
Ferner wird das Tampon-Schocksyndrom bei sterilisierten Frauen exzessiv häufiger vorkommend vermerkt als ohne Sterilisation.
Am häufigsten jedoch treten die zu Beginn dieses Kapitels angedeuteten psychischen Störungen aller Art auf, inkl. Libidostörungen sowie Partnerschaftsstörungen.
Zur Libido: Die Möglichkeit, schwanger werden zu können, fördert oft die Libido - und umgekehrt kann die Libido unter Umständen völlig erlöschen (der Körper also „abhängen") durch eine - auch im Unterbewußten realisierte - Unmöglichkeit, noch schwanger werden zu können. Auf dem Gebiet von Sexualität und Fruchtbarkeit manifestiert sich die grundlegend untrennbare leibseelische Einheit unseres menschlichen Wesens meines Erachtens besonders eindrücklich (was wir beim Problem der Kinderlosigkeit und der Frigidität ja längst schon kennen). Der bereits erwähnte Refertilisierungswunsch (vor allem bei veränderten Lebenssituationen) weist ein statistisches Häufigkeitsmaximum bei 8 Jahren nach dem durchgeführten Eingriff auf.
Das „Sudden-infant-death-Syndrom", d. h. der gehäufte plötzliche kindliche Tod im ersten Lebensjahr (4 pro 1000 Geburten) führte schon seit längerer Zeit zu vermehrter Zurückhaltung gegenüber einem diesbezüglichen Eingriff im Wochenbett. (Auch wir hatten innerhalb von knapp 2 Jahren 4 solcher Todesfälle, von denen 2 vorerst eine Sterilisation im Wochenbett angestrebt hatten. Beide wünschten kurz nach dem Todesfall des Kindes wieder schwanger zu werden und haben inzwischen wiederum geboren). Sicher - ein Kind ist niemals durch ein anderes ersetzbar; aber die Möglichkeit, ein weiteres Kind haben zu können, ob man davon Gebrauch macht oder nicht, kann über sehr vieles hinwegtrösten, wie sich das immer wieder zeigt.
Schlussfolgerung
Es ist nicht leicht, sich im Urwald der Literatur bezüglich Antikonzeption zurechtzufinden: Jeder Arbeit, die den Beweis für eine ernsthafte Nebenwirkung liefert, folgt meist mindestens eine bis mehrere Arbeiten, die den Gegenbeweis zu liefern versuchen, obwohl die Untersuchungsbedingungen dabei häufig nicht vergleichbar sind! In dieser Situation habe ich als Ärztin nur zwei Möglichkeiten, mich zu entscheiden: Entweder mich - um ein Beispiel zu nennen - um eines materiellen Vorteiles willen bei meiner 18-jährigen Patientin trotz allem für die Pille zu entscheiden, oder aber mich für die Gesundheit eines Menschen, meiner Patientin, zu entscheiden, um sie nicht mit 25 Jahren evtl. im Rollstuhl zu sehen.
Noch immer sind wir als Ärzte dem hippokratischen Prinzip des „Primum ni nocere" verpflichtet - d. h. daß das oberste Prinzip allen ärztlichen Handelns darin bestehen muß, der Gesundheit der uns anvertrauten Patienten nicht zu schaden!
[Quelle:
http://www.aktion-leben.de]