Seit ich mir ein paarmal Beulen von anderweitig „Beziehungsgeschädigten“ geholt hatte, lasse ich mich lange nicht mehr so unbefangen auf andere ein wie noch vor zwei, drei Jahren. Und lieber gehe ich selber, bevor jemand die Möglichkeit hat, mich wieder zu verlassen.
a_simple_smile
Ja, das kenne ich auch.
Allerdings waren es bei mir nicht anderweitig "Beziehungsgeschädigte", sondern die gescheiterte Ehe meiner Eltern, die für mich aus heiterem Himmel plötzlich zerbrach. Da gehen dann schon mal die Vorstellungen von Liebe und Nähe vollkommen kaputt und Vertrauen fällt schwer, weil so Urvertrauen einfach mal vollkommen zerstört wurde damals. Auch ich bin lange Zeit lieber gegangen, bevor es
wirklich ernst werden konnte... oft auch, weil ich feststellen musste, dass ich mir nur eingeredet hatte, etwas für jemanden zu empfinden. Ein schreckliches Gefühl, zumal man das ja auch nicht absichtlich macht (ich jedenfalls nicht).
Auch wenn ich endlich darüber hinaus bin, fällt es mir noch immer sehr schwer, anderen Menschen zu vertrauen und mich wirklich zu öffnen. Unbefangen auf jemanden zugehen funktioniert nicht - das dauert. Dennoch muss ich sagen, dass ich immer wieder an Menschen gerate, denen ich die Chance einräume, mir nahe zu kommen, wenngleich das für die meisten unmöglich bleibt. Aber das ist auch okay - nicht jede Person muss über eine oberflächliche, flüchtige Bekanntschaft hinauskommen.
Vielleicht kommt es auch darauf an, wie sehr man sich an seine Verletzungen klammert, wie wenig man sie irgendwann auch mal wieder loslässt, wie sehr man sie immer wieder aufs Neue füttert
Antaghar
Das denke ich auch. Aber ich glaube auch, dass es einen sehr langen Weg und viel Kraft braucht, das hinter sich zu lassen und als eine Möglichkeit zu akzeptieren, neben der es noch tausend andere gibt. Auf alle Fälle wird das Leben schöner und lebenswerter, wenn man sich von seinen Verletzungen lösen kann, und sie heilen lässt. Aber wie gesagt: Das braucht Kraft und ist allgemein nicht so leicht. Zumal man erstmal sehen muss, wo eigentlich das Problem liegt.
Im Zweifelsfall fliegen die Menschen raus aus meinem Leben, beziehungsweise dauert es seine Zeit (Allerdings auch nicht ungewöhnlich viel.), bis jemand überhaupt erst mal reinkommt.
Versuchender
Ja. Das ist wohl recht üblich - wie gesagt, es gibt immer wieder Menschen, denen ich die Chance einräume, wirklich in mein Leben zu gelangen. Aber das ist insgesamt nicht so einfach, und die meisten verschwinden wieder, bevor das überhaupt möglich war. Zeiträume sind da recht unerheblich, denke ich.. das kann so oder so sein.
Dafür gebe ich zu gerne und zudem fühlt es sich frei raus auch einfach besser an.
MissyC
Man kann auch geben, ohne sich wirklich zu öffnen. Das funktioniert hervorragend.. wenn man weiß, wie das geht. Frei raus ist da also so eine Sache.. Man kann frei raus geben, ohne sich richtig auf Menschen einzulassen. Oftmals sieht man das nicht mal unbedingt.
Und sollte man sich nicht auch dann, wenn eine Beziehung wirklich stimmig ist, noch eine gewisse Unverletzbarkeit, Integrität bewahren?
sinnflut
Ich denke, man kann einen Menschen nie wirklich vollständig kennen. Erstens verändert und entwickelt man sich in der Regel, zweitens gibt es immer Seiten, die man nicht sehen kann.. das ist vollkommen in Ordnung. Allerdings glaube ich, wenn der für den Moment richtige Mensch da ist, dass dann funktioniert. Dass man sich öffnen kann und seine Seele vollkommen öffnen. Sicher wird man dann verletzlich, aber das bedeutet nicht, dass man keine Integrität bewahren kann. Und auch nicht, dass man vollkommen ausgeliefert ist. Ich denke, es ist sinnvoll, wenn man jemanden hat, dem gegenüber man wirklich man selbst sein kann - mit allen Fehlern, weichen und verletzlichen Stellen und ohne dicken Panzer, der ständig dazwischen steht. Ich glaube, sonst fehlt sehr viel (und ja, es fällt mir verdammt schwer - und dennoch musste ich feststellen, dass es sich nach anfänglicher Angst und den ungewohnten und daher mulmigen Gefühl im Endeffekt doch gut anfühlt).
Ich habe das erste Mal einen Menschen gefunden, den ich wirklich an mich heranlassen kann. Und auch wenn das irgendwo beängstigend ist, ist das doch okay...
Mag sich komisch anhören, weil ich noch so jung bin. Aber ich denke, das hat nichts mit dem Alter zu tun. Solche Verletzungen kann man auch als Kind schon erleben.. und das zieht sich dann ebenso durch das eigene Leben. Ich hatte nur das Glück, es recht früh zu erkennen. Und wie gesagt: Ich habe lange Zeit verletzt, um nicht selbst verletzt werden zu können, bin aber über diesen Punkt glücklicherweise langsam hinaus, auch wenn das mit dem Vertrauen noch immer schwierig ist.
Und wie findet man einen Weg zwischen notwendiger eigener Offenheit und der verständlichen Angst, wieder verletzt zu werden?
a_simple_smile
Ich denke, das ergibt sich irgendwann. Vor allem mit den richtigen Menschen - irgendwann spürt man, welchem Menschen man sich öffnen kann. Manchmal dauert das sehr lange, manchmal geht das schief oder man ist noch nicht bereit. Vielleicht auch alles davon oder anderes. Aber insgesamt, denke ich, ergibt sich das, wenn es soweit ist. Man muss halt die Kraft finden, daran zu arbeiten, herauszufinden, was eigentlich passiert ist und warum man so reagiert. Und dann einen Weg finden, damit abzuschließen und damit umzugehen. Wenn das alles geschehen ist, man also wirklich daraus gelernt hat und für sich weitergekommen ist, dann kommt das meiner Erfahrung nach ganz allein.
Und ich verletze noch immer und werde auch verletzt. Sehr krass sogar, aber ich kann das annehmen und daraus lernen. Kommunikation hilft da eben auch - wenn man den richtigen Menschen dafür gefunden hat. Das bleibt nicht aus, aber Verletzen, um nicht selbst verletzt zu werden, ist der Falsche Weg, auch wenn es erstmal helfen mag und zum Schutz geschieht. Wir tragen unsere Erfahrungen eben mit uns herum - die Frage ist nur, wie wir damit umgehen und was wir daraus lernen.
Sorry für die Länge.. ^^"