Wenn man die pure Übersetzung "(be)herrschend" nimmt, wäre es sicherlich nicht mehr als die Möglichkeit zu walten.
Wie sich aber nicht nur hier wieder zeigt, wird doch weitgehend noch ein gewisses Charisma dazugerechnet, selbst wenn die Person sich je nach Situation auch roher Kräfte bedient.
Im Bereich BDSM wird, im Unterschied zu den anderen, dem Titel "Dominanz" eine moralische Komponente hinzugefügt:
Dominanz muss mit moralisch reinen Methoden, also durch Wissen, Integrität etc. erlangt sein, sonst ist sie keine "richtige". Sie muss zudem "gut" sein, dem allgemeinen Wohle dienen, ehrlich sein.
Ebenso wird Dominanz nicht als durch (gemeinsames) Verhalten bedingte Situation verstanden, sondern als einem einzelnen Menschen dauerhaft und unabänderlich ("hat man oder nicht") innewohnende Eigenschaft.
Mit der reinen Beschreibung des situativen Verhältnisses von Menschen untereinander der psychologischen Definition hat das nicht mehr viel zu tun...
Diese Erweiterung der Anforderungen hat allerdings Folgen, die immer wieder zu Problemen führen:
Die faktische Macht, egal wie erlangt, kann etwa durch "unfaire" Massnahmen zerstört werden, die ihrerseits nur mit in dieser Moral illegitimen Massnahmen abgewendet werden könnten.
Kompetenzen sind änderbar, auf ein Thema bezogen, das bisher unterlegene Gegenüber kann sie erlernen.
Verstösse gegen das Gebot der allgemeinen Wohlfahrt zerstören die Qualität der Dominanz.
Fehlende Handlungsmacht (Durchsetzungsvermögen, Kompetenz, Wissen, Rang, Status, ...) in einem Teilbereich des Lebens eines Menschen mindert dessen totale Dominanz, die ja eine grundlegende Eigenschaft der Person sei. Totale Dominanz meint dabei eben diese Lebenseigenschaft: Wenn ein Mensch irgendwann gegen eine der Bedingungen verstösst, so ist das ein Messwert seiner totalen Dominanz: Er ist nicht nur in diesem Moment un-dominant, sondern er ist grundsätzlich nicht dominant.
Unter diesen "Nebenbedingungen" wird "wirkliche Dominanz" dauerhaft nicht erfüllbar, eine ewige Sehnsucht bleiben.
Sie kann nur vorübergehend vorgetäuscht oder erhofft werden.
Die Lebensdauer eines "wirklichen" Dominanzverhältnisses unterscheidet sich damit kaum von dem der psychologischen Definition; allerdings ist dies bei letzterem klar, bei ersterem führt es regelmässig zu Ent-Täuschungen, deren Auswirkungen die BDSM-Foren des WWW füllen.
Bei "Charisma" geht mein erster Gedanke übrigens an Adolf Hitler, Mao Zedong, Pol Pot und Josef Stalin.