Diese Sache mit einem gewissen Dualismus: Nenne uns nur eine einzige Sache, die in dieser Welt existiert, die nur ausschließlich positiv oder negativ ist, die keinen Gegenpol hat, keinen Antipoden, kein Gegenüber - sei es aus der Physik, der Psychologie oder aus dem ganz normalen Leben. Und dann reden wir weiter.
Du hast etwas falsch verstanden, ich sagte es wohl zu unklar.
Ich behaupte ja gerade, daß es keine Entitäten gibt, die ausschließlich gut/böse (blau, rot, laut, leise) sind, sondern das sich diese im Rahmen von unserer Sprache (Sprachspiele) bewegen. Im Umgang in der Sprache mit ihnen, messen wir ihnen dann Bedeutungen zu.
Demnach ist es unsinnig, von einem Gegenpol zu sprechen, wenn es um naturwissenschaftliche Erkenntnise oder ethische Normen geht. Der Gegenpol zu laufen ist nicht laufen - darin verbirgt sich aber weder eine NW-Erkenntnis, noch eine Ethische Norm. Der Gegebpol zu Sein ist nicht Sein, von richtig ist er falsch, von Gut ist er Böse. All das sind sprachliche Konstruktionen. Aber ohne mindestens 2 formulierte Interessen, kann es keine solche Konstruktion geben. Darauf wollte ich hinaus. Die Frage ist ein Scheinproblem.
Und da auf mein - eines meiner besten - Beispiele nicht eingegangen wurde und ich es nicht zum drittenmal schreiben werde, hier ein anderes. Bei Farben und Farbkombinationen fällt es uns schon schwerer Gegenpole zu finden. S/W ist uns noch klar. Aber was ist die Antipode zu blau? Oder zu türkis?
Im Rahmen der Farben haben wir uns auf kein so starres begriffliches Modell geeinigt, wie in der Ethik oder Moraltheologie. Das ist auch klar: wenn ich die Antipode von Grün für Rot halte und mein Nachbar für Blau, dann ist das Konfliktpotential dieser beiden Interessen sehr gering. Niemand schlägt dafür fremde Köpfe ein. Da schwimmt schon wieder die Beliebigkeit mit.
In Dilemmasituationen wird das besonders klar. Soll ich zum sterbenen A oder B fahren, wenn die Zeit nur noch für den Besuch von einer der beiden Personen ausreicht? Die Frage hat wie die ganzen Beispiele, keine ethische Qualität. Sie bekommt nur eine, weil Du eine solche Qualität in sie hineinlegst, sie mit Werten füllst. Menschen neigen aber häufig dazu, so zu tun, als ob diese Qualität von jeher dagewesen sei. Ist sie aber nicht.
Das zu erkennen und so zu handeln wäre auch die genannte Möglichkeit C. Aber man kann doch nicht so argumentieren, als ob es die letzten 200 Jahre Philosophie nicht gegeben hätte.