Hach, Fernbeziehung. Ich hatte von Ende 2005 bis Anfang 2009 eine Fernbeziehung, also ziemlich genau 3 Jahre. Die Entfernung betrug 450 km.
Wir haben uns alle 3-5 Wochen getroffen, meistens von Freitag abends bis Sonntag abends. Allermeistens bin ich gefahren und habe daher im Grunde den ganzen Fahrstress gehabt: Freitag abends nach der Arbeit noch fahren und dabei entweder ewig in der Rush Hour stehen oder erst spät fahren und somit auch noch später ankommen, so dass ausser Begrüßung und gleich ab ins Bett nichts mehr ist. Sonntag abends zurück, häufig mit einem Gefühl der Trauer wegen des Abschieds im Bauch, zu Hause dann gleich ins Bett und wieder zur Arbeit.
Bei ihm ist das weggefallen, vielleicht hat er einen besseren Eindruck von unseren Fernbeziehung behalten.
Neben den vielen Stunden im Auto (der Kilometerzähler spricht Bände ;)) und den Kosten für Sprit kommen dann natürlich noch andere Nachteile der Fernbeziehung hinzu.
Sehnsucht, das "nicht erreichbar sein", wenn man es mal bräuchte. Ganz besonders ekelhaft fand ich es, wenn wir uns am Abend vor dem Treffen irgendwie gestritten haben oder nicht das nötige Maß an Vorfreude übermitteln konnten, so dass ich gar keine Lust hatte, überhaupt hinzufahren - es dann aber trotzdem gemacht habe, denn eiiigentlich will man es ja schon.
Ein weiterer Nachteil ist, dass man sich bei diesen Besuchen immer die sonnige Seite zeigt. Man lernt nur diese Seite am Partner kennen, nicht wirklich den Alltag - das habe ich dann auch später zu spüren bekommen.
Allerdings ist dieser Nachteil zugleich Vorteil, denn diese Besuche sind, wie jemand vor mir schon schrieb, Inseln außerhalb des Tages, in der man gemeinsam eine schöne Zeit verbringt
Die Kommunikation war bei uns nie das Problem. Während meiner Zeit der Fernbeziehung bin ich völlig am PC versumpft, und er genauso. Im Grunde haben wir die Freizeit immer zusammen "verbracht" - stundenlanges Chatten per ICQ, und das täglich. Skypen mit Video oder gemeinsam Online-Spiele spielen. Das war mir auch alles sehr wichtig, denn meiner Meinung nach ist ein stetiges"Kommunikationsband" zum Partner nötig, dass man die Beziehung überhaupt fortführen kann. Das muss nicht ganz so extrem sein wie bei uns, sollte aber doch einen wichtigen Teil einnehmen. Wenn man komplett getrennte Leben führt, wie kann man denn da die Liebe aufrecht erhalten?
So habe ich Vor- und auch Nachteile an der Fernbeziehung gesehen. Wir waren trotz der Entfernung sehr eng verbunden und haben dann an unseren Treffen schöne Sachen gemacht und unternommen. Andererseits war für mich der Zeit- und Kostenaufwand für die Treffen sehr hoch, und darunter habe ich genauso gelitten wie unter den Abschieden nach einer schönen Zeit.
Das Ende vom Lied kam, als ich Anfang 2009 zu ihm gezogen bin. Schlagartig zog der Alltag ein. Man hat auf einmal ein Übermaß an gemeinsamer Zeit, und weil man ja zusammen wohnt, braucht man auch nicht mehr chatten - dumm nur, wenn stattdessen auch nicht geredet wird. Der Sex fiel fast völlig weg, denn es baute sich irgendwie keine Vorfreude mehr auf wie früher. Und gemeinsame Aktivitäten außer Haus reduzierten sich ebenfalls auf beinahe Null - früher taten wir das, um unsere kurze gemeinsame Zeit möglichst schön zu gestalten, nach dem Zusammenzug hatten wir - wie gesagt - mehr Zeit als nötig und brauchten uns dafür keine speziellen Auszeiten mehr nehmen.
Anfang 2011 trennten wir uns, weil einfach nichts mehr da war.
So gesehen war die Zeit der Fernbeziehung die Beste in der Beziehung, und die Erfüllung des Wunsches auf mehr Zeit zusammen wurde zum Henker.