SinasTraum:
Ich sehe die TE nicht als "bedürftig" weil das für mich zu negativ unterlegt ist.
Sie wünscht sich etwas. Auch aufgrund ihrer Erfahrung und der daraus resultierenden Unsicherheit, klar. Aber zur "Bedürftigen" in dem ganzen negativen Klang, den das hat, macht sie erst das Verhalten ihres neuen Partners. Denn je mehr er verweigert, desto mehr BRAUCHT sie, was sie sich eigentlich nur wünschst. Ein Verhalten bedingt das andere.
Diesen Absatz hab ich gestern erstmal mitgenommen und hab ihn wirken lassen...
Ich denke, dass diese Art von Ansicht einen relativ großen Anteil an den Schwierigkeiten ausmacht, die in Beziehungen vorkommen (können). Es ist klar, dass die eigene Haltung auch bei der Wortwahl eine große Rolle spielt - für Dich ist Bedürftigkeit ein negativ besetztes Wort (was ich spannend fände, zu wissen, warum das so ist) - für mich ist es eine Beschreibung eines inneren, emotionalen Zustands, ein Wort, um etwas, was in einem Menschen vorgeht, zu beschreiben.
Für mich ist es auch so, dass ich aufgrund der menschlichen Situation an sich, den Menschen generell für ein bedürftiges Wesen halte, aus einer annehmenden Haltung heraus, nicht einer bewertenden. Infolge dessen bedeutet für mich auch erwachsen werden aus dieser Bedürftigkeit so gut es geht herauszutreten. Ich denke, dass dies der Kern von spirituellen (und auch therapeutischen) Ausrichtungen ist und dass die Haltung auch den Blickwinkel auf eine Situation beeinflusst (gern zitiertes Beispiel - Glas ist halb voll oder halb leer - beide haben Recht
).
Es gibt für mich einen beobachtbaren Unterschied zwischen einer Bedürftigkeit und einem Wunsch, wenn er auch recht schmal und im Alltag oftmals nicht (gleich) erkennbar ist. Bei einem Wunsch ist es für den Wünschenden relativ egal, ob der Wunsch in Erfüllung geht oder nicht. Er bleibt emotional relativ unbeteiligt. Er mag vielleicht mal kurz traurig sein, aber es hat keine weiteren "Folgen".
Wird etwas, und da finde ich wird es gerade in Liebesbeziehungen sehr spannend, aus einer Bedürftigkeit heraus als "Wunsch" formuliert, dann hat die Nichterfüllung des Wunsches Auswirkungen deutlich vehementerer Art - die wünschende Person beginnt zu leiden. Und die Reaktionen dieses Menschen sind deutlicher Art.
Und dann hab ich als "wünschende" Person (ich breche es mal bewusst herunter) zwei Möglichkeiten (auf diese Situation bezogen) - Sie kann die Chance der äußeren Situation nutzen, um, wie bjutifool für mich treffend schrieb:
zu überlegen, wie geht es mir, was will ich und welche Anteile der Unsicherheit resultieren aus der früheren negativen ERfahrung?
In dem Fall bleibe ich bei mir, übernehme die Verantwortung für meine (alten) Verletzungen und deren Heilung.
oder
Ich behalte (all) meine alten Verletzungen und schleppe sie (vereinfacht ausgedrückt) immer wieder mit mir mit in jede weitere neue Beziehung. Und wundere mich, dass ich immer wieder in Beziehungen unglücklich bin, dass Männer emotional nicht ausreichen (oder sie Schweine sind) und und und...
Die Schwierigkeit, die ich dabei sehe, ist, dass alte Verletzungen den Blick zum Teil sehr verzerren können und somit eine Schieflage hervorrufen, die dann, verständlicherweise, vom Partner gar nicht verstanden werden kann. Ich sagte hier auch schon mehrmals, dass keiner Notiz davon zu nehmen scheint, dass sie sich sehr bedeutsam fühlt
wenn die beiden zusammen sind. Da redet keiner von. Warum?
Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Romantic Touch hat für mich einen spannenden Aspekt hinein gebracht - der in der breiten Masse zu beobachtbare Umgang mit Gefühlen von Männern und Frauen.
Bedürftig erlebe ich beiderlei Geschlechter, aber ich schließe mich da meinem Vorredner an - Männer sind wahre Meister der Verdrängung (ohne es zu bewerten) und bleiben darin oft einfach bei sich und können dadurch die Frauen interessanterweise eher so sein lassen wie sie sind.
Frauen verdrängen für mich anders. Sie schauen da auch nicht so wirklich drauf (den Schmerz alter Verletzungen fühlen will keiner gerne), aber sie
wünschen sich dann vom Partner, dass er ihre Bedürftigkeit "wegmacht". Und werden darin nicht selten als "schwierig" von den Männern empfunden. (Heute kann ich das sehr gut nachempfinden).
Für mich ist weder das eine noch das andere besser oder schlechter. Ich frage mich mittlerweile eher dahingehend, was ich von einer Beziehung möchte und wieviel ich zu investieren bereit bin - nicht in den anderen im Sinne eines Tauschgeschäftes, sondern was ich in mein eigenes Wachstum zu investieren bereit bin. Partner sind für mich die wertvollsten Spiegel, die ich haben kann, daher bin ich auch mittlerweile für jede Reibung dankbar
Klar kann ich solange immer wieder den anderen weiterschicken, bis ich den gefunden habe, der mir meine "Wünsche" erfüllt. Ich erlebe viele Beziehungen, die auch so bestehen und funktionieren (meine alten eingeschlossen). Nur ist dies für mich eben, aus meinem Blickwinkel heraus, mehr ein Zusammenspiel von Mustern und Konditionierungen als eine Beziehung, in der Begegnung stattfinden kann. Und das Schwierige dabei ist meiner Meinung nach bei der Haltung, Verhalten bedingt Verhalten, dass diese Bedürftigkeit weiter gegeben wird - von Müttern auf ihre Kinder, denn es wird kein Unterschied gemacht, wer die "Wünsche" erfüllt (auch bewusst herunter gebrochen).
Daher bin ich mittlerweile da positioniert, dass ich die Verantwortung für die Altlasten und das Erwachsenwerden bei jedem Menschen selbst sehe und Integrität für mich etwas sehr Wichtiges und Wertvolles geworden ist. Integer sind für mich Menschen, die weitestgehend nicht nach "Verhalten bedingt Verhalten" leben und reagieren. Für mich hab ich ein persönliches Mantra gefunden: "Egal, was jemand tut - mir geht es gut". Hilft mir, den anderen in seinem Verhalten und Denken wirklich so sein lassen zu können, wenn ich ihn wieder mal verändern möchte, weil er ja meinem "Wunsch" nicht nachkommen will....
Einen schönen Tag an alle