Also...
das sieht mir hier alles nach einem Spiel aus.
Spiele der Erwachsenen: Psychologie der menschlichen Beziehungen [Taschenbuch]
Eric Berne (Autor), Wolfram Wagmuth (Übersetzer)
Nette Lektüre...
Kennt ihr die Geschichte von dem Skorpion und dem Frosch? Sie endet mit dem Tod des Frosches UND des Skorpions, weil der Skorpion einfach nicht gegen seine Natur kann.
Ich sehe eure 24/7-Geschichte als Spielerei an. Den lähmenden Punkt, an dem ein Spiel keinen Spaß mehr macht, kennt doch jeder. Ich meine jetzt ein ganz allgemeines Spiel. Versetzt euch mal in diese Situation. Da wird doch wirklich jedes Kind unausstehlich, wenn man es zum Weiterspielen ZWINGT.
Wenn man von natur aus nicht so veranlagt ist oder BDSM nur zum Aufpeppen der Sexualität benutzt (was ja durchaus seinen Reiz hat), dann klappt auch keine 24/7-Beziehung.
Ich bin jetzt 47 Jahre alt. Ich habe mich bereits schon als 18-jähriger geoutet. Das sind 27 Jahre BDSM. In dieser Zeit habe ich zwei 24/7-Beziehungen geführt, die über mehrere Jahre gingen. Eine davon würde ich sogar als TPE-Beziehung bezeichnen.
Rückblickend kann ich sagen, dass derartige Beziehungen bei mir nur funktionierten, weil sie quasi wie von selbst entstanden sind. Es lag an der echten Neigung aller Beteiligten. Und weil auf beiden Seiten natürlich auch die Veraussetzungen dafür da waren. Wenn es nicht in Deiner Natur liegt, dann wird Dich die Sache völlig überfordern.
Es reicht nicht, als Top, Dom oder Master (oder wie man sich immer nennen mag) nur mit Dominanz ausgestattet zu sein.
Es gibt Menschen, deren Dominanz man förmlich spüren kann, wenn sie den Raum betreten. Wie eine Aura. Aber was nützt sie ihnen, wenn sie in einer Führungsposition kläglich versagen? Oder wenn sie sich als menschliches Arschloch entpuppen?
Ich bin zwar nicht devot, aber ich würde mich einer Person nur dann völlig ausliefern, wenn ein absolutes Urvertrauen da wäre. Das setzt auch eine gewisse Reife voraus, die in Deinem Alter (bezogen hier auf den männlichen Part) überhaupt noch nicht gegeben ist.
Wenn Du ein guter Top werden willst, dann würde ich es an Deiner Stelle zuerst einmal mit Einfühlungsvermögen versuchen. Studiere die Menschen in Deiner Umgebung. Sei ein guter Beobachter und hinterfrage Dich innerlich, warum sie so ticken wie sie ticken. Wenn Du weißt wie sie gestrickt sind, und sie sprechen auf Dich an, dann brauchst Du Deine Peitsche nur noch, um Lustschmerzen zu bereiten (anstatt zu strafen).
Ein guter Dom ist vollgestopft mit positiven Charaktereigenschaften. Er geht gerade durchs Leben und ist eine vertrauenvolle Führungspersönlichkeit, immer konsequent im Handeln. Er arbeitet an sich, und er lernt auch aus Fehlern, da er ansonsten gleich den nächsten begeht.
Niemand wird vor Dich knien und zu Dir aufschauen, wenn Du für den anderen nicht ein ganz besonderer Mensch bist, den man absolut vertrauen kann.
Man braucht auch keinen Zwang. Das wäre doch völlig beknackt.
Und dann, was ich da gelesen habe. MICH aufzuwecken, um MIR meinen gesunden Schlaf zu stehlen? Also Leute, wirklich...
Ich würde mir saudumm vorkommen, wenn mich in der Öffentlichkeit jemand fragen würde: Meister, darf ich bitte pinkeln gehen?
Also, es mag hier ja Menschen geben, die das ungemein befriedigend finden. Aber ICH würde mich wie ein Depp fühlen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Leute, die das mitbekämen, den gleichen Eindruck hätten.
Eine ganz andere Geschichte ist die folgende, die ich vor nicht allzulanger Zeit erlebt habe. Dazu muss ich vorausschicken, dass ich selbst mit einer dominanten Frau verheiratet bin. Wir betreiben nebenbruflich ein SM Studio in Braunschweig. Da gibt es natürlich auch die tollsten Spielmöglichkeiten.
Kurzum: Ich liebe meine Frau. Aber da wir beide gleich veranlagt sind, und meine Frau zudem bi ist, suchen wir nach devoten Spielpartnerinnen. Und hin und wieder ergeben sich auch die schönsten Erlebnisse - Dank des Internets.
Ich stand am Bahnsteig des Braunschweiger HBF und fragte mich, ob da tatsächlich die junge Dame aussteigen würde, mit der wir uns über zwei Monate hier im Joyclub geschrieben hatten. Und sie stieg dann auch wirklich aus dem aus Frankfurt kommenden Zug.
Dann passierte etwas, was ich nicht erwartet hatte. Sie kniete sich plötzlich vor mich hin, ergriff meine Hand und sagte: Danke, dass ich zu Ihnen und zu Lady Ornella an diesem Wochenende kommen durfte.
Also, das fand ich schon sehr beeindruckend. Es geschah von IHR aus, und die Leute auf dem Bahnsteig waren ihr völlig egal. Und weil es absolut echt war, hatte es auch nichts Lächerliches an sich.
Und selbstverständlich habe ich auch die schwere Reisetasche bis zum Auto getragen. Da bricht sich der Top in mir überhaupt kein Zacken aus der Krone.
Einfühlungsvermögen, die Fähigkeit sich in devote und submissive Menschen hineinzuversetzen, ihre Sehnsüchte zu ergründen und zu erkennen, das wäre für mich der Schritt in die richtige Richtung.
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Das ist so meine Meinung und meine Erfahrung. Andere Meinungen müssen nicht mit der meinen übereinstimmen. Aber damit bin ich immer gut durchs Leben gekommen.