Von Vasen und Blumentöpfen
Nicht so ganz einfach, beim Bild zu bleiben.
Vertrauen ist nicht
eine Vase, sondern von Mensch zu Mensch, von Erfahrung zu Erfahrung, von Beziehung zu Beziehung und auch innerhalb ein und derselben Beziehung eine oder mehrere
verschiedene Vasen. Ein anderes Dekor, eine andere Größe, vor allem aber aus unterschiedlichem Material. Angefangen von feinstem chinesischen Porzellan, über Glas, Ton bis hin zu Vasen, die scheinbar aus Polyethylenterephthalat (PET) bestehen und quasi "unkaputtbar" sind. Wenn man in eine PET-Vase (mal angenommen es gibt solche, ich weiß es spontan nicht) ein Messer rammt oder mit 'ner Dampfwalze drüber rollt, ist auch die hinüber und zu nichts mehr zu gebrauchen. Es war kein Pfand darauf und einfach eine neue kaufen stellt sich dann wohl als schwierig bis unmöglich heraus. Zerstörtes Kapital? Nicht unbedingt! Denn die Vase hat solange ihren Dienst getan wie sie es konnte. Nicht jede Vase hält ein Leben lang. Deshalb muss sie aber keine Fehlinvestition gewesen sein, selbst wenn man sich mehr von ihr erhofft hatte. Die Zeit mit ihr war schön, doch der Abschied schmerzt natürlich!
Was bringt mir eine Vase? Eine Vase steht nicht nur leer herum, sie ist mit Wasser und Blumen gefüllt. Die Vase verleiht mir ein angenehmes Gefühl, ich erfreue mich täglich sowohl an ihrem Äußeren wie an ihrem Inneren, meistens natürlich an Letzterem. (Die Vasen im Schrank lasse ich jetzt mal außen vor.) Ich kann mich auf diese Vase verlassen. Sie hält dicht, auch wenn sie vielleicht hier und da mal eine kleine Macke abbekommen hat. Bei einer Vase, die ich in mein Herz geschlossen habe, die vielleicht ein lieber Mensch sogar extra für mich oder mit mir zusammen getöpfert oder sonst wie hergestellt hat, sehe ich die Schrammen oder "abben Ecken" nach einer Zeit gar nicht mehr. Wie von Zauberhand verschwinden sie hin und wieder gänzlich. Sie waren ja sowieso nur für mich sichtbar und für den vertrauten Menschen spürbar.
Manchmal kann es dann passieren, dass wo kurz zuvor recht stabile Vasen standen, nur noch äußerst empfindliche Vasen in der Wohnung stehen, die bei der kleinsten Unachtsamkeit auseinander brechen.
Eine Vase lebt von der Veränderung ihrer Inhalte. Sind die Blumen welk, schmeißt man sie auf den Kompost und ersetzt sie durch neue. Da würde mir das Bild von einem Blumentopf etwas besser gefallen, weil in ihm Leben wächst. Und mit der Zeit wird der Topf zu eng, man gibt dem Vertrauen neuen Raum, weil es so schön gediehen ist. Hin und wieder wird ein kleiner Ast gestutzt, damit er auch in Zukunft noch Freude bringt, bei Bedarf wird gedüngt, dem Inhalt neuer Nährstoff gegeben. Hier kümmert man sich aktiv darum, dass etwas wächst oder in Form bleibt anstatt nur tote Blütenblätter zu entfernen und auf das endgültige Ende eines viel zu kurzen Lebens zu warten, um es anschließend durch ein vollkommen anderes zu ersetzen. Ein Blumentopf ist robuster, gibt es aber ebenfalls in unterschiedlichen Materialien mit unterschiedlicher Empfindlichkeit.
Leider kann man mit dem Vergleich wohl keinen Blumentopf gewinnen, weil der äußere Wert eher gering scheint. Bei einer teuren Vase hält man seine Hände schützend davor, jeder bleibende Kratzer bedeutet einen Verlust ohne Chance, jemals den ursprünglichen Wert wiederzuerlangen oder gar zu steigern. Wichtig ist, was nach außen sichtbar ist.
Eine Vase ist ein hohler Raum und bietet Möglichkeiten für lebendige, inhaltliche Gestaltung. Sie kann von innen und von außen Schaden nehmen.
Rhetorische Figuren finde ich oft reichlich spannend. Eine bildhafte Sprache kann sehr, sehr schön sein und helfen, vieles besser zu veranschaulichen.