von jori67
Nochmal, ich heisse keines von beidem gut. Ich meine nur immer noch, dass eine Ohrfeige nicht so schlimm ist wie Prügel. Ich möchte bezweifeln, das die, die hier so kategorisch für den Fall einer Ohrfeige ankündigen ihren Partner zu verlassen, dies auch in Wirklichkeit in jeder Situation tun würden.
Ich nehme mal die "Ohrfeige" als Synonym für einee momentane Entgleisung und nicht als "akzeptablere", "verständlichere" Form von Gewalt.
Natürlich sehe ich es wie Jori: Ich heisse auch die nicht gut.
Nur, macht es mich, wenn ich in einer aussergewöhnlichen, stressbesetzten, vielleicht sogar provozierten Situation einmal für einen Augenblick die Nerven verliere, zu einem Täter, der nun immer wieder schlägt?
Man kann doch unterscheiden zwischen einer "Ohrfeige" aus "ich habe die Nerven verloren, ich bin über mich selbst erschrocken und erkenne, dass ich zwar zu so etwas fähig wäre, aber es nicht wieder tun werde, weil ich weiß wie es dazu kam " und "...weil ich nicht anders KANN"
Als ich 20 war hatte ich eine (DARAUFHIN SEHR KURZE) Beziehung mit einem 38jährigen Mann: Ich hatte mich mit einer Freundin festgequatscht und kam etwas später zu dem Mann (ich mag noch nicht einmal sagen: mein damaliger Freund) zurück. Bevor ich einen Ton sagen konnte, schlug er mich ins Gesicht. Ich war PERPLEX! Ich verstand überhaupt nicht, was Sache war. Daraufhin sackte er in die Knie, umfing meine Beine und weinte plötzlich und erzählte mir, dass er so etwas noch nie gemacht hätte, es sich gar nicht erklären könnte, usw. Ich 20jähriger unerfahrener Naivling glaubte ihm. Er erklärte es mit Liebe, blablabla.... und ich glaubte ihm (fast). Zwei Wochen trug er mich auf Händen und ich "verzieh" ihm. (Ich kannte körperliche Gewalt von Männern überhaupt nicht, das Schlimmste, was ich je von meinem Vater erfahren hatte, war ein Stirnrunzeln..) Nach diesen zwei Wochen gab es wohl für ihn (endlich?) einen weiteren Grund: Ich habe die Abreibung meines Lebens bekommen, allerdings sehr geschickt verabreicht: Nie ins Gesicht. Ich habe geschrien und mich gewehrt, bis ER aufhörte. Am nächsten Tag packte ich meine paar Sachen ein und verschwand, obwohl ich mich wunderte, dass sich meine Verliebtheit nicht zeitgleich verabschiedete. Gefühlsmäßig war es aber nach ein paar Tagen für mich gegessen "ich kann keinen lieben, der mich so behandelt, denn dann ist es keine Liebe".
Zum einen war für mich klar: Ich lasse mich nicht schlagen oder auf irgendeine Weise misshandeln. Zum andern ging mir auf: Das alles war keine Premiere für ihn! Und das stimmte: Wie ich erfuhr, hatte er sowohl seine langjährige Lebensgefährtin regelmäßig geschlagen als auch seine geschiedene Frau, die sich wohl letztendlich deshalb von ihm getrennt hatte.
Ich fühlte mich nun in keinster Weise für SEIN Handeln verantwortlich noch bemüsigt, ihn zu therapieren.
Völliger Irrglaube: Als Partner kraft seiner Liebe den anderen (Misshandelnden) therapieren zu können?? Quasi als Laie etwas zwischen Tür und Angel während des Alltages mir dem Rezept "Liebe" zu erreichen, wofür ausgebildete Therapeuten JAHRE brauchen????? Manche der Schlagenden fühlen sich im Recht, haben also noch nicht einmal ein Krankheitsbewußtsein - warum sich also therapieren LASSEN?! Und das Selbstbewußtsein des Partners zu zerstören ist ja auch eine Absicht von den Tätern!
Und die meisten Misshandelten erkennen überhaupt nicht, dass die Misshandelnden wirklich psychisch KRANK sind. Und erkennen dann auch nicht ihre eigene Krankheit/Störung, wenn sie sich über längere Zeiträume oder Jahre hinweg misshandeln LASSEN!
Was sind das für Persönlichkeiten, die sich jahrelang oder immer wieder misshandeln lassen? Ich meine, dass sie genauso therapiebedürftig sind, wie die Täter. Und damit beginnt die Schwierigkeit mit dem Eingreifen.
Wenn ich meinen Gegenüber auf seinen bis dahin unbemerkten Ausschlag aufmerksam mache, kann auch er ihn SEHEN. Problematisch wird es doch, wenn die Misshandelten sich noch nicht einmal MISSHANDELT FÜHLEN und u.U. noch ihren Misshandler in Schutz nehmen. Da hilft es nichts, die Polizei zu rufen. Zuerst einmal wenigstens nicht.
ABER WEGSEHEN? NEIN!!
Vielleicht aufzeigen, dass Schläge KEINE Liebe und Zärtlichkeit und Fürsorge sind. Dass auch er/sie ein wertvolles, liebens-WERTES Wesen ist. Und unterstützen, sobald Hilfesuche angedeutet wird.
In Extremfällen würde ich mich - vor allem wenn Kinder im Spiel sind - unbeirrt an die Polizei wenden.