@ Cerberus:
Denn wenn selbst Du in einem konservativen Gebiet aufgewachsen bist, wo mehr Obrigkeitsgläubige unterwegs waren als andere... na dann bin ich ja so richtig an die Falschen geraten. Von einem Fettnäpfchen ins nächste
Naja, der Anteil der Obrigkeitsgläubigen bei uns ist schon äußerst hoch, aber nicht alle akzeptieren die Kirche als Obrigkeit. Es gibt bei uns schon auch andere Weltanschauungen, doch bis vor rund 20 Jahren durften die ihre Meinung nicht öffentlich sagen, sonst wurden sie von der streng katholischen Mehrheitsbevölkerung geächtet. Das hat sich während meiner Jugend ziemlich geändert - da spielt der höhere allgemeine Bildungsstandard eine Rolle, vielleicht auch die relative Nähe zu Wien und die Tatsache, dass viele Mitbürger in Wien arbeiten. So hatte ich eben schon recht früh Gelegenheit, mich mit anderen auszutauschen. Es gibt Gegenden in Österreich, die sind im kirchlichen Sinne sicher noch viel verbohrter als die unsere. Und mit den Pfarrern und so hattest Du eher kein Pech, denn das was Du beschreibst ist ja eher der Normalfall; dass es in einem Ort binnen zehn Jahren zwei Priester gibt, die den leiblichen Genüssen relativ offen frönen, ist ja doch eher eine Seltenheit.
Soso, da hat der kluge Wissenschaftler aber einen schönen Schmarrn daher gred. Denn wenn ich mir so die Welt mit all ihren Lebensformen ansehe, sehe ich da mehr als nur "ein paar" die nicht nur seit ein paar Tausend, sondern schon seit ein paar Millionen Jahren exestieren.
Naja, damit hast Du recht, und ohne es nachprüfen zu wollen stimmen Deine Beispiele sicher; aber erstens bestätigen ja Ausnahmen bekanntlich die Regel, zweitens hat er das Wort "Art" eher eng definiert. Weshalb bspw. der Ur in dieser Denkweise nur ein Vorgänger des heutigen Rindes ist und das Przewalski-Pferd (dieses Wort können nur Slawen und Österreicher halbwegs korrekt aussprechen
) auch nicht als ident angesehen werden kann mit den heutigen Pferden; und eben der homo habilis eine andere Art darstellt als der homo sapiens. Dazwischen stehen, hurra wir sind bei Darwin, Modifikationen und Mutationen. Aber ich glaube, wir sollten uns nicht an einer solchen Detailfrage aufhängen.
Der Mensch braucht BEIDE Arten, aber KEINE der beiden Arten braucht den Menschen. Das meinte ich mit dem Satz: Wir brauchen die Welt, aber die Welt braucht uns nicht.
Da muss ich Dir aber widersprechen, meine Liebe! Du siehst den Menschen sozusagen als dritte Art von Lebewesen neben Tieren und Pflanzen. Das sehe ich eigentlich nicht so; der Mensch ist den Tieren, speziell den Säugentieren, in seiner Genetik so ähnlich, dass er biologisch betrachtet eine Spezialform des Säugetiers ist. Somit ist er in der Frage, wie wichtig er für die Welt ist, mit jenem auf eine Stufe zu stellen. Wenn Du also schreibst, dass der Mensch Tiere und Pflanzen benötigt, aber Tiere und Pflanzen den Menschen nicht benötigen, dann frage ich Dich: Ist das nicht z.B. bei einem - vor allem nahrungsmitteltechnisch - sehr nahen Verwandten von uns, nämlich dem Schwein, nicht genauso?
Tja, aber HIER muss ich Dir nun schon wieder widersprechen. Denn der Mensch ist keinsefalls die einzige Lebensform mit Intelligenz.
Das habe ich auch nicht behauptet. Vielleicht habe ich mich auch nicht allzu gut ausgedrückt. Ich meinte nicht, dass der Mensch das einzige Lebewesen mit Intelligenz ist, sondern dass der Mensch mit einer besonderen Form von Intelligenz ausgestattet ist. Dazu gleich unten weiter. Zuerst aber zu den von Dir aufgelisteten Tieren - alles Beispiele, die ich vollkommen akzeptiere; v.a. die kollektive Intelligenz von bestimmten Ameisenarten oder Bienen ist natürlich extrem faszinierend. Vergessen hast Du auch bspw. die Biber mit ihrer unnachahmlichen Dammbautechnik. Wobei ich aber schon sagen möchte, dass ich es nicht für sooo intelligent halte, wenn Hunde Befehle ihres Herrchens ausführen, als wenn Katzen völlig selbstständig und ohne Anweisung oder Anleitung von großen Entfernungen nach Hause finden. Aber hier kommt der Katzenliebhaber bei mir durch.
Jetzt aber zur speziellen Intelligenz des Menschen. Also ich bin kein Biologe, das werden die meisten eh schon gemerkt haben
, aber mir wurde es in etwa so nahegebracht: Betrachten wir nun den nicht nahrungsmitteltechnisch, sondern von der Gehirnleistung nächsten Verwandten des Menschen, den Schimpansen. Er besitzt die bemerkenswerte Fähigkeit, mit Werkzeugen umgehen zu können. So kann er sich in der freien Natur mit Ästen und anderen Dingen seiner Umgebung helfen; in menschlichem Umfeld bringen Schimpansen auch bemerkenswerte Dinge zu Stande; gibst Du ihnen einen Hammer, werden sie bald feststellen, was man damit anstellen kann; gibst Du ihnen einen Pinsel, Farben, und eine Leinwand, lernen sie auch schnell, dass man damit Bilder malen kann (von denen manche im Übrigen auch schon bei Auktionen ansehliche Preise erzielt haben
). Was Schmimpansen aber nicht können ist, einen Pinsel oder einen Hammer zu bauen. Diese komplexe Denkweise haben eben nur wir Menschen. Bitte nicht falsch verstehen - ich möchte damit nicht sagen, dass der Mensch etwas "besseres" ist deswegen, aber dass er eben die Fähigkeit hat, die Welt dramatisch zu verändern. Gäbe es den Menschen nicht, würde die Erde sich weit weniger schnell verändern als sie es tut. Deshalb steht der Mensch auch in besonderer Verantwortung; und wenn eine Schöpfungsgeschichte den Satz "Macht Euch die Erde untertan" beinhaltet, ist es nicht gerade eine Aufforderung, diese Verantwortung wahrzunehmen, sondern eher das Gegenteil - ein Aufruf zur Verantwortungslosigkeit!
Du kritisierst meinen Satz, den ich ganz ehrlich gesagt auch nur dahingekritzelt habe (zur Erinnerung: "und ich überlasse Euch die Erde zu Euren Diensten, aber geht vorsichtig damit um, denn auch Euren Mitbewohnern und Nachkommen soll sie zu Diensten sein"), weil er dem Menschen nach wie vor eine Sonderstellung einräumt. Nun, ich meine, diese Sonderstellung kann man nicht verleugnen, weil nur der Mensch eben wegen seiner besonderen Form der Intelligenz (nämlich sich Werkzeuge selbst zusammenbasteln zu können) überhaupt in Frage kommt, die Erde nachhaltig zu verändern. Die Sonderstellung besteht im positiven wie im negativen Sinn. Das heißt, wenn die Schöpfungsgeschichte überhaupt einen Sinn haben sollte, dann den, dem Menschen eine Anleitung zu geben, wie er mit seinen besonderen Fähigkeiten umzugehen hat.
Allerdings ist der Mensch - mindestens der inustirelle, westliche NICHT mit der Natur lebende Mensch - die einzige Lebensform die unter anerzogenen Minderwertigkeitskomplexen und unter anerzogener Machtsucht leidet. Der Mensch strebt sein ganzes Leben danach sich selbst zu bestätigen und mehr Macht als andere zu haben.
Das ist wiederum ein Satz, den ich vollkommen unterschreiben kann.
Da er in Prinzip aber eben weder von Tieren, noch von Pflanzen gebraucht wird, dafür aber von beiden absolut lebensnotwendig abhängig ist, versetzt das dem armen, armen westlichen Menschen natürlich noch einen dicken Gnadenstoss dazu, was dazu führt, dass er dafür dringend eine Lösung braucht. Und diese Lösung heißt: Dafür sorgen, dass alles andere vom Menschen abhängig ist und der Mensch dadurch endlich Macht bekommt, was dann sein Ego auch gleich stärkt.
Glaubst Du das ist die Motivation? Ich glaube, dem "Machtmenschen" ist ziemlich wurscht, dass ihn die Erde gar nicht braucht, und er will es der Erde gar nicht beweisen; er will auch die Tiere und Pflanzen nicht unterdrücken, um es ihnen zu zeigen, wer der Herr ist. Das ist meine Meinung. Dem Menschen geht es lediglich um seine eigene Befriedigung. Dazu beutet er den Rest der Welt einfach aus, in rücksichtsloser Art und Weise. Tiere, Pflanzen, Rohstoffen, das sind nur Mittel zum Zweck für ihn.
Natürlich gibt's auch Ausnahmen, wie z.B. Großwildjäger, die sich Präparate ihrer Opfer an die Wand hängen, Tigerköpfe und Haigebisse. Auf solche Menschen trifft Deine Charakterisierung natürlich zu.
(...) da einen relativ guten Weg zu Gott (ach nein, wir wollten ja "Grosser Geist" sagen)
Wäre es mir so ergangen, wäre meine Einstellung dazu vielleicht auch ein wenig anders.
Vielleicht. Aber andererseits bin ich ja froh über Menschen mit Deiner Einstellung, denn eine Diskussion mit einem Menschen wie Dir hilft mir, meinen eigenen Standpunkt zu reflektieren.
Mir gefällt es, dass Du nachdenkst und Deine Meinung und Weltanschauung vertrittst, die zudem auch noch sehr konsequent und schlüssig ist, und nicht, wie soviele andere, die uns tagtäglich begegnen, die Ansichten von anderen nachplappern und sie als ihre eigenen verkaufen.
@ RamsesNefertari:
Zunächst danke für Deine interessanten Beiträge, die eine absolute Bereicherung darstellen.
und natürlich ist "intelligenz" als nettowert kein gradmesser für VERNUNFT.... genau dafür ist homo "sapiens" (spöttel, spöttel) das beste beispiel. ich meine, ich hab nie ein tier gesehen, daß sich seinen lebensraum derart versaut, seine artgenossen anfällt und versklavt, für dämliche ideologien allen möglichen mist baut .... naja, ameisen mal ausgenommen.
Also ich gebe Dir vollkommen recht, was das Verhältnis von Intelligenz und Vernunft angeht. Das habe ich auch oben versucht zu beschreiben, und hoffe, dass ich mich nicht missverständlich ausgedrückt habe. Intelligenz per se ist (leider) nichts von vornherein Positives. Es kommt drauf an, was man draus macht. Um fossile Brennstoffe aus der Erdkruste zu fördern, bedarf es besonderer Intelligenz. Dass man sie aber so mit Hochdruck herausholt, dass alle fossilen Brennstoffe, die im Zeitraum von Millionen Jahren eingelagert wurden, binnen (sagen wir einmal) 200-300 Jahren verbraucht werden, ist wider jede Vernunft (Ausnahme: Man hat als Individuum die Einstellung "Hinter mir die Sintflut").
Jetzt habe ich mich über die kollektive Intelligenz der Ameisen gerade so fasziniert gezeigt, und Du zerstörst mein Weltbild wieder.
Ich glaube, dass Ameisen keiner Ideologie folgen, sondern sich als Art Körperteil in einem kollektiven Individuum sehen. Für eine so winzige Tierart wie die Ameise ist das eine adäquate Überlebensstrategie, finde ich.
Aus Deinem vorletzten Beitrag:
Ich schrieb:
Zitat:
Nun wäre es die Aufgabe einer Religion, dem Menschen klar zu machen, dass er diese "übermäßige" Intelligenz vernünftig, eben "nachhaltig" einzusetzen hat, und nicht zerstörerisch. So war mein Satz gemeint.
und Du hast geantwortet:
, aber da halte ich dagegen einen Satz von G.B.Shaw, daß der Vernünftige sich den Umständen anpaßt, während der Unvernünftige erwartet, daß sich die Umstände ihm anpassen - daher gehe aller Fortschritt vom Unvernünftigen aus.... Und das seh ich auch so. Der Ramses ist da noch etwas optimistischer, was Religionen betrifft....
DAS ist natürlich wiederum ein äußerst interessanter Einwurf. Umgelegt auf meine Obrigkeitsgläubigkeits-Beiträge (was für ein Wort!
) würde es bedeuten: Es ist vernünftig, opportunistisch zu sein (na klar, denn man kann von den Führern für seine Nibelungentreue mit Belohnungen rechnen); es ist unvernünftig, seine eigene Meinung zu vertreten (und damit möglicherweise als Außenseiter zu gelten).
In gewisser Weise hast Du recht. Gerade dort, wo Dogmatismus herrscht, ist es besser "unvernünftig" zu sein und die Umstände ändern zu wollen. Zum Beispiel in gesellschaftspolitischen Dingen.
Im Umgang mit der Natur war der Mensch MMN lange genug unvernünftig. Und es hat sich nicht immer bewährt, die Umstände verbessern zu wollen. Klar geht aller Fortschritt vom Unvernünftigen aus - aber was ist Fortschritt? Gerade in den letzten 20-30 Jahren ist die Kritik an der Popper'schen Wissenschaftstheorie, dass jeder Fortschritt automatisch Verbesserung bedeutet, größer geworden. In manchen Bereichen wäre es besser, wenn die Menschheit eine Phase der Vernunft einlegen würde, selbst wenn es dadurch weniger "Fortschritt" gibt.
So, jetzt sind wird endgültig in einer philosophischen Diskussion gelandet, und ich mittendrin als alter Weltverbesserer.
so, jetzt bin ich gespannt, was kater als nächstes schreibt.
Ich hoffe, Deine Erwartungen einigermaßen erfüllt zu haben. Freue mich natürlich aber auch schon auf die Beiträge von Dir, Cerbi, Antaghar und allen anderen.