Hm... ich glaube, ich setze meine gedanklichen Prioritäten anders als so manche(r).
Ich habe Schwangerschaftsstreifen, ohne jemals ein Kind geboren zu haben (leider!). Die habe ich aus den verschiedensten Gründen. Sei es zu schnelles Wachstum meiner Brüste mit 12-15 (und nein, Übergewicht spielte dabei gar keine Rolle), ein wirklich extrem schwaches Bindegewebe an Hüften, Po und Oberschenkeln und auch durch Übergewicht und damit verbunden mit sehr schneller Gewichtsabnahme. Und wo der Streifen direkt neben den äußeren Schamlippen herkommt, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, denn da war ich nie dick!
Und ich habe einen wunderschönen kleinen Streifen am Bauch. Wunderschön, weil er mir wirklich gefällt, weil er aussieht wie eine Flamme und auch deswegen wunderschön, weil er einen Wandel in meinem Denken eingeleitet hat, der bis heute anhält.
Ich ernähre mich gesund, ich genieße gesund und ich gehöre zu den Menschen die bei einer Hungersnot erheblich länger überleben würden, weil ich ein hervorragender Futterverwerter bin. Ach ja, Sport habe ich zumindest in den ersten 25 Jahren meines Lebens immer regelmäßig gemacht.
Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns alle mal klar machen, wie pervers unser momentanes Schönheitsideal ist!
Ich denke einfach mal 200 Jahre zurück. Ein Tagesablauf mit vielen Stunden mehr Arbeit, als wir heute haben, Hunger war bei vielen an der Tagesordnung. Wie lange hätte wohl eine Frau mit "natürlicher" Gr 32/34/36 in einer Hungerzeit überlebt?
Wie weit ist das heutige Schönheitsideal weg von FRAU und nahe bei KIND? Was bitte ist an einer Frau von 1,78 mit Kleidergröße 34 denn noch weiblich, wenn sie nicht den schmalsten Knochenbau der Welt hat?
Es erwähnte jemand, dass Schönheit zu allen Zeiten eine große Rolle gespielt habe. Das ist vollkommen richtig. Aber die Schönheitsideale der letzten 5000 Jahre haben wenig gemein mit dem, was heute herrscht! Eines war IMMER wichtig: Ebenmäßigkeit der Züge. Symmetrie des Körpers, der goldene Schnitt... Warum? Weils auf gesunde Gene, frei von Erbkrankheiten und geistigen Krankheiten hindeutet.
Aber zu keiner Zeit war eine Frau deswegen, weil sie die Spuren von Schwangerschaften trug, weniger attraktiv, als ein junges Mädchen, das noch nie geboren hatte. Warum? Diese Frauen hatten bewiesen, dass sie zur Fortpflanzung fähig waren.
Ich schau mir die Venus von Willendorf an. Ok, so möchte ich wirklich, wenn ich eine Wahl habe, nicht aussehen. Aber das war ein Fruchtbarkeitssymbol. Eine Frau, die offensichtlich Kinder geboren hatte, gut im Futter stand. Natürlich ist auch das eine stilisierte Version, aber die Inspiration dazu dürfte sooo weit davon nicht weg gewesen sein.
Ich sehe meine Schwangerschaftsstreifen, wie alle meine Narben, als Spuren meiner Kämpfe, die mich zu dem Menschen gemacht haben, der ich heute bin. Kein Mann würde auf die Idee kommen, sich für seine Narben, die er auf der Arbeit, bei "Jugendsünden" wie Keilereien oder vielleicht sogar, als er einen Menschen geschützt hat, davongetragen hat, zu schämen. Das sind die Spuren meiner "Kämpfe".
Und die "Überbleibsel" eurer Schwangerschaften, die ich z.B. sehr gerne tragen würde, sind auch genau das. Zeig mir einen Kampf, in dem die Schmerzen größer sind, als die der Wehen.
Das alles hat für mich sehr viel mit Respekt zu tun. Respekt dem Gegenüber und dem von ihm gelebten Leben gegenüber.
Ich schau mir meine Mama an, die 3 Kinder geboren hat, die alle drei alles waren, aber nicht klein und leicht. Von der ich mein Bindegewebe geerbt habe, deren Bauch aussieht, wie eine Strumpfhose mit vielen Laufmaschen, der natürlich hängt, weil 3 Kinder ihn ausgeleiert haben, die auch noch ganz heftige Narben von einem geplatzten Darm mit künstlichem Darmausgang hat, so dass die beide Bauchhälften nach der Not-OP nicht wieder gleichmäßig zusammen genäht worden sind. Deren Brüste mit ihren 63 nicht nur der natürlichen Schwerkraft zum Opfer gefallen sind, sondern auch noch von den Schwangerschaften "entstellt" sind, weil sie da so explosionartig größer geworden sind, dass das Bindegewebe gerissen ist. Die Fältchen hat und deren Haare weiß werden. Und ich guck mir meinen Papa an, der diese Frau liebt, begehrt und -soweit er kann- auf Händen trägt. Und der übrigens nach wie vor Männer hinterher schauen, trotz ihres Übergewichts, das auch Folge ihrer Kämpfe im Leben ist, trotzdem offensichtlich ist, dass sie Kinder geboren hat, dass sie gelebt hat. Warum? Weil sie eine Ausstrahlung hat, die das beinhaltet.
Fazit: Nö, mich stören meine Streifen nicht. Und ich habe auch noch nie eine Frau gesehen, der ich auf den Bauch etc. geschaut hätte und mir gedacht: Ihhhhhhhhhhhhhhhh... Aber ich hab schon vielen ins Gesicht geschaut, das ihre Unzufriedenheit mit ihrem Leben und sich selbst widerspiegelte, egal ob durch hängende Mundwinkel oder soviel Pappe im Gesicht, dass die Gesichtszüge dadurch kaum noch erkennbar waren, oder ins Hirn "geschaut" und eine Denke entdeckt, die von Verachtung geprägt war und noch anderen Nettigkeiten und mich hat es geschüttelt!