Blechle, 3, heilig
Shelley,
du breitest hier seitenlang deinen alten Schmerz aus, dass du mit Männern nicht klar kommst.
Das ist ok, denn dafür ist ein Forum, neben anderem,
auch da.
Dein Schmerz ist so tief, dass du geradezu manisch auf der Position beharrst, dass das natürlich an den Männern läge. Jeder liebvoll und gut gemeinte Hinweis anderer darauf, dass dem nicht unbedingt so sein muss, schmetterst du ab.
Daraus lese ich ein Bedürfnis, deinen Schmerz bestätigt zu bekommen. Du möchtest, dass wir dir alle beipflichten: ja, Männer sind nur auf ihren Vorteil aus, kümmern sich nicht um die Frauen, benutzen sie bloss, nützen sie nur aus, sind unsensibel, nennen sich "Doms", weil sie sich hinter dieser Bezeichnung verstecken können, um die Frauen besser ausnützen zu können, und zudem lässt der Blutdruck in ihrem Glied immer viel zu schnell nach.
Aber was wäre denn,
wenn wir dir dies alles bestätigen würden? Würdest du dich dann besser fühlen? Weil dein Leiden dann einen "objektiven" Grund hätte?
Du hast dich so sehr verstrickt in deinen Schmerz, dass du nicht einmal mehr zuhören kannst. Dabei las ich hier schon sehr viel Zuhörenswertes.
Wenn jemand im Schmerz nicht mehr zuhören kann, gibt es dafür zwei Gründe. Der erste: der Schmerz hat ihn taub gemacht. Der zweite: zuhören könnte bedeuten, das eigene Sein überdenken zu müssen. Damit verliert man die Möglichkeit, den Schmerz nach aussen, in die ach so unzulängliche (Männer-)welt projizieren zu können.
Auch diese Zeilen, die ich schreibe, wirst du nicht hören wollen. Ich schreibe sie als Flaschenpost, die vielleicht in Jahren bei dir ankommen wird, vielleicht auch nie.
Du hast Begegnungen mit Männern beschrieben, die vielversprechend begannen, aber am Ende doch wieder dort landeten, wo deine Befürchtungen sie schon vorher sahen, und wodurch du dich bestätigt sahst – Männer sind so.
Das Gegenteil ist der Fall.
Du ziehst genau solche Männer an, an denen du dir
dein Problem verdeutlichen kannst. Präziser: an denen deine Seele deinem Ego-Bewusstsein dein Problem verdeutlichen kann. Das ist übrigens nichts Besonderes – menschliches Leben funktioniert genau so. Du wirst so lange solche Männerbegegnungen haben, die deinen Schmerz bestätigen, bis du gelernt hast, deine inneren Strukturen, die dazu führen, zu durchschauen. Du kannst allerdings auch vorher sterben. Es liegt an dir, zu entscheiden, wann du aufbrichst – aufbrichst zu dir selbst.
Die Umkehr deines Leidens könnte daran ihren Ausgangspunkt nehmen, wenn du beginnst, dir zu sagen: "Männer sind wunderbare Wesen. Ich liebe sie." Ich verspreche dir: wenn du diesen Satz hundertprozentig angenommen und
mit Gefühl durchdrungen hast, wirst du nur noch wunderbaren Männern begegnen. Das kannst du dir im Augenblick nun mal gar nicht vorstellen.
Nötiger noch wäre, dich selbst in einer neuen Weise anzunehmen. Denn du siehst dich als diejenige, die mit den Männern immer die A-Karte zieht. Mit jeder neuen und wieder einmal mehr scheiternden Männerbegegnung fügst du dir selbst neue Schmerzen zu und ergänzt die alten. Solange du dich nur auf diese Weise spüren kannst, wirst du nichts anderes erleben.
Irgendwelche verallgemeinernde Erörterungen, wie nun der Begriff der Dominanz zu verstehen wäre oder ob eine Sub auch willensstark sein kann, verblassen gegenüber der Tragik dieser Struktur.
Das Leben ist übrigens eine wunderbare Veranstaltung. Jeder Schmerz, jedes Elend, jedes Leid sind nur Lehrmeister, - Hinweise auf innere Strukturen, die den Energiefluss des Lebens hemmen.
stephensson
art_of_pain