Also, zwischen dem Gefühl zulassen und das GEfühl spüren und diesem aber keinen solchen "endgültigen" Namen geben zu wollen ist für mich ein Unterschied.
Das Wort Liebe ist einfach zu ungenau für die Vielzahl der Empfindungen. Ich liebe single malt, meine Kinder, meine Garten, meinen Beruf, meinen Mann, meinen Dom, meine Bücher, meine Eltern....
Das ist doch alles "wischiwaschi" und wenig konkret.
Ich hinterfrage, seziere und definiere die Gefühle nicht, ich spüre sie und kontrolliere sie über die Ratio. Und ich frage mich nie, ob diese "Liebe" "übermorgen" auch noch da ist, denn ich weiss, dass ich übermorgen ev ganz anders fühle und nächste Woche wieder wie heute.
Ja, ich bin Naturwissenschaftlerin, Philosophie sind für mich oft ungreifbare leere Worthülsen, aber das bedeutet nicht, dass mein leben weniger intensiv oder gefühlvoll ist, nur weil ich die philosophische Betrachtung von Gefühlen für mein Glück nicht benötige.
BeitragVerfasst am: 03. Mai 2007 Titel: Chemie
Dafür, geschätzte Lethe, dass du nur ein geordneter Haufen materieller Fett- und Eiweissmoleküle, gepaart mit ein paar Calcium-Einlagerungen, bist, sind deine Beiträge hier recht geistreich!
Spass beiseite:
Man kann sich dem Problem der Liebe natürlich entledigen, indem man die Liebe für nichtexistent erklärt, und selbstbewusst gegen eine Jahrtausende alte Tradition der Menschheit anrennt. In der Konsequenz argumentiert man auch sich selbst damit weg, denn das, was da schreibt, also das Bewusstsein von uns selbst, - das wir in uns tragen und das "ich, Lethe" sagt, ist natürlich auch nur ein wild gewordenes Hormoncocktail, gepaart mit ein paar Elektronen, die behende über ein paar Synapsen springen.
Durchdenkt man, auf welchen Glaubenssätzen die Naturwissenschaften beruhen, hält man eher deren "Welt-Er-klärungsversuche" für eine "Verklärung" (also eine Verunklarung, d.h. eine Eintrübung) als das romantische Bewusstsein.
Naturwissenschaft befleissigt sich immer – methodisch notwendig – einer Aussenansicht der Phänomene. Für Innenansichten – also Regungen unseres Gefühlslebens – ist sie nicht gemacht und damit nicht zuständig. Behauptet sie, es zu sein, gelangt sie in die Region der Lüge.
Dein Vorschlag, zu bedenken, dass die Griechen der Antike immerhin schon mal drei Worte für das Phänomen hatten, für das wir nur ein Wort besitzen, führt schon wesentlich weiter.
Mike hatte meinen Gedanken zurückgewiesen, uns zuerst einmal zu vergewissern, was Liebe sei, bevor wir über Vielliebe (Polyarmory) sprechen. Er verwies darauf, dass jeder Mensch unter "Liebe" etwas anderes versteht. sagitta hatte das mit dem herrlichen Zitat Erich Frieds unterstützt. Daraus folgt, dass wir über Liebe und Vielliebe nicht diskutieren können. Aber: wir können sehr wohl von der Liebe sprechen, und davon, dass sie sich auch auf mehrere Menschen beziehen kann. Wir können berichten, was wir bei unseren vielfältigen Lieben spüren und erfahren. Mikes Schilderungen in diesem Thread sind für mich hierfür ein eindrückliches Beispiel.
Konnten die Griechen ihre Empfindung der Agape auf eine Personengruppe, die der Philia auf eine andere, und die des Eros wiederum auf eine dritte beziehen, ohne dass sich die beteiligten Personen dabei "ins Gehege" gekommen wären, hat unsere Tradition all diese Empfindungen in das eine Wort "Liebe" gepackt, und dafür auch nur einen Menschen, den Geliebten, die Geliebte (heute: Geschäfts-Partner) als Ziel dieser Liebe bereitgestellt. Bis vor kurzem musste dieser Mensch auch noch geheiratet werden, damit die Empfindungen gesellschaftlich zulässig waren.
Der Grieche, der zu Hause seine Frau philisch und beim Gastmahl seinen Jüngling erotisch liebte (oder zu Zeiten umgekehrt), musste sich über Polyamorie keine Gedanken machen. Insofern ist für mich unsere reichhaltige Erörterung hier ein Spiegel eines Problems unserer Zeit, also nichts Allgemein-Menschliches, sondern kulturell Bedingtes und damit Anerzogenes. Der Gedanke, Polyamorie könnte an der banalen Frage "GV: ja/nein" festgemacht werden, zeugt schon von diesem Problem. Eine solche Verengung der Sicht auf die Liebe behindert eine fruchtbare Phänomenologie der Polyamorie.
Ich sehe den möglichen Gewinn unserer Erörterung darin, dass sie uns aufzeigen kann, wie eng die Gefühlsschubladen sind, die wir uns zuerst selbst gebaut und uns dann später hineingezwängt haben (Das bedeutet umgekehrt noch lange nicht, dass wir die alte Kommode, in die diese Schubladen gefügt sind, mit dem Vorschlaghammer zertrümmern müssen). Diese Enge bedeutet zunächst Abhängigkeit, denn in der Enge haben wir unsere Verlustängste konstruiert, und nahezu jeder unbedachte Seitensprung zeigt in seinen schmerzhaften Folgen diese Abhängigkeit.
Begrüssen würde ich es, wenn hier auch Äusserungen von Ina, ihrem zweiten Geliebten, Mikes Geliebter, Lethes Mann und Lethes Dom und von Iwans Subs zu lesen wäre. Wie sähe deren Blick auf das Phänomen der Polyamorie (bzw. Polytestosteronchemie) aus? Und noch utopischer: hätte ich eine Zeitmaschine, würde ich die heutigen Beteiligten gerne in zehn Jahren befragen. Denn dann existiert JC sicher nicht mehr und all unsere Postings sind der Delete-Taste eines Serveradministrators zum Opfer gefallen ….
Stephensson:
Mein Dom liest hier mit und könnte sich äussern, wenn er will. Mein Mann leider nicht, denn er ist chronisch krank und hat seit Jahren keinen "Bezug" mehr zu Erotik, er hat kein Interesse.