Treue, Lebensalter... und Loki Schmidt
@**ra+Max
Danke euch beiden für das wohltuend gelassene Statement!
Ja, es stimmt, in jungen Jahren sieht man manches anderes, früher hätte ich auch nicht für möglich gehalten, dass ich mal fremdgehe. Euer Statement erinnert daran, dass man so etwas als Außenstehender schwer beurteilen kann – jede Beziehung ist anders. Es gibt keine Patentrezepte.
Und die Gründe für Untreue sind sehr komplex und ebenso bei jedem und jeder anders.
Untreue in langjährigen Partnerschaften, in denen jeder (s)eine Entwicklung hinter sich hat und die Partnerschaft gewachsen und gefestigt ist, hat ganz andere Gründe und Bedeutungen, als wenn in einer noch jungen Beziehung eine(r) ausschert.
Von dem Psychotherapeuten C.G. Jung stammt der Satz: „Die beste Voraussetzung für eine glückliche Ehe ist die Erlaubnis zum Seitensprung.” (Zugegeben, er spricht also von nicht heimlicher Untreue.)
„Das Joch der Ehe ist so schwer, dass man es zu zweit tragen muss, und manchmal muss sogar ein dritter helfen.” Alexandre Dumas
Auch für mich sind offener Umgang und Respekt wichtig. Ich rede immer noch mit meinem Partner über uns und unsere Beziehung, ich interessiere mich auch immer noch für ihn, es ist KEIN Nebeneinanderherleben, sondern es geht durchaus liebevoll und respektvoll zu unter uns. Ich würde meine Beziehung durchaus als wertvoll und glücklich bezeichnen. Sie hat sich durch meine Untreue auch keineswegs verschlechtert, im Gegenteil.
Aber offener Umgang hat seine Grenzen, in kleinen wie in großen Dingen.
So wie es z.Zt. aussieht, würde ich mit Offenheit mehr kaputtmachen als mit vorsichtigen Heimlichkeiten. Letztere sind im Augenblick rücksichtsvoller, verantwortungsvoller und konstruktiver als schonungslose Offenheit – als Selbstzweck, um das Gewissen zu entlasten, oder warum?
Ich würde auch meinem Mann Untreue verzeihen, solange ich das Gefühl habe, das unsere Basis noch stimmt. Möglicherweise wäre es aber auch besser, wenn ich davon genauso wenig erfahre wie umgekehrt.
Heute las ich in der Zeitung, dass Helmut und Hannelore „Loki” Schmidt, beide 88 Jahre, Eiserne Hochzeit feiern – 65 Jahre gemeinsame Zeit!
Wow, Respekt! Zitat: „Sie hätten sich zeitlebens dafür interessiert, was den anderen bewegt, sagte Loki einmal. Auch sei sie immer ihre eigenen Wege gegangen, habe immer eigene Interessen gehabt. Vielleicht sei es deshalb leicht gewesen, es miteinander auszuhalten, ,weil wir nicht soviel Zeit miteinander verbracht haben wie andere Paare’.”
Ich weiß natürlich nicht, was genau Loki Schmidt „mit eigenen Wegen” gemeint hat, aber ich finde doch interessant, dass sie das betont und ausdrücklich NICHT das sonst gern von alten Paaren erwähnte Patentrezept „ewige Treue” hochhält.
Wer weiß, welche Geschichten und Erfahrungen dahinter stecken.
Für manche Paare ist symbiotische Enge und totale Offenheit gut, für manche sind Freiheiten und weise Verschwiegenheit besser.
Jeder muss seinen eigenen Weg zum Glück finden.
So, genug geschlaumeiert für heute...