Neulich bei 3sat, Themenwoche "Sex und Liebe", gab es einen Wissenschaftler, der durch zahlreiche und jahrelangen Untersuchungen festgestellt hat, dass Sex als Kitt oder Halt in einer Beziehung erst an 12. Stelle steht.
Es sieht so aus, als ob wir der Exklusivität des Sexes nur innerhalb der Beziehung einen viel zu hohen Stellenwert einräumen. Werde jetzt gleich bestimmt wieder gesteinigt ob dieser Aussage, aber im Prinzip bestätigt es das, was wir schon seit Jahren denken. Sex spielt in einer intakten Beziehung sicherlich eine grosse Rolle, aber letztendlich nur eine Nebenrolle. Denn eine intakte Beziehung wird nicht durch guten Sex getragen, sondern durch sehr viele, ganz andere Faktoren.
Leider sind jedoch in einer Beziehung immer viele Unsicherheitsfaktoren vorhanden. Man bringt seine Lebenserfahrungen ein, welche sicherlich nicht immer nur positiv sind in punkto Beziehung. Man ist verlassen worden, hat verlassen usw. usw. Insofern ist es nicht so einfach diese Vertrauensbasis für das Swingen zu schaffen. Zu beobachten ist auf jeden Fall, dass die meisten Swinger nicht mehr ganz jung sind, meist schon so einige Jahre zusammen und sich absolut vertrauen. Darauf vertrauen, dass sie die Position 1 im Leben ihres Partners bleiben, dass nicht hinter dem Rücken und ohne Wissen fremd gegangen wird. Hat man dieses Vertrauen, rückt Sex an die richtige Stelle der Skala "was ist tragend für eine Beziehung". Ist man jedoch durch negative Erfahrungen verunsichert, ist es meist sehr schwer dieses Vertrauen zu schaffen und zu finden. Oder es finden biographische Umbrüche statt, welche das Selbstwertgefühl einer der Partner mindert und schon klappt es nicht mehr so richtig mit dem Swingen.
Wir kennen ein Paar, jahrelange Swinger, er wurde im Alter von 54 Jahren arbeitslos und hat in seinem Beruf keine Chance mehr in diesem Alter. Auch nicht unbedingt in anderen, man ist halt ausgemustert. Er konnte dann mit 56 in Rente gehen und es war anfangs okay für ihn. Problem: seine Partnerin, 8 Jahre jünger, steckt noch voll im Berufsleben, selbständig, erfolgreich, mit viel positivem Feedback, das ihr auch Selbstvertrauen gibt. Ihr Partner sitzt zuhause, frönt einem Hobby (allerdings eines, das man alleine macht). Es fehlt ihm die Ansprache, es fehlen ihm die sozialen Kontakte, Freunde und Bekannte arbeiten noch oder haben sogar noch kleinere Kinder und haben nicht so viel Zeit für ihn wie er es sich wünscht. Er rutscht in leichte Depressionen, es fehlen ihm Bestätigung und die Arbeit. Seine Partnerin kann es nicht auffangen, denn auch sie steckt noch zuviel in der "anderen" Welt und hat nicht so viel Zeit und oft auch nicht den Kopf, wenn dieser mit ihrem Job voll ist. Was passiert? Plötzlich fängt es an ihn zu stören, wenn sie sich bei einem Clubbesuch mit anderen Männern vergnügt. Er hält es nicht mehr aus. Er entwickelt Ängste, dass sie ihn für einen aktiveren, attraktiveren Mann verlassen würde. Einer der noch "was taugt", einer der noch voll im Berufsleben steht, so wie sie und deshalb auch ein anregenderer Gesprächspartner ist (seine Sicht). Er entwickelt Ängste, welche nach aussen irrational erscheinen, für ihn aber rational sind und die grösste Angst ist die Verlustangst.
Da er zwar rein rational noch das Vertrauen in seine Partnerin hat, aber die irrationalen Vorstellungen sich nicht unterdrücken lassen, ist bei diesem Paar das Swingen zum erliegen gekommen und somit natürlich auch der sexuelle Freiraum.
Unser Fazit bei dieser Geschichte: es ist eine Frage des Vertrauens ob man Swingen kann, wenn man es möchte, oder nicht.