ein Arzt ist kein Piercingfachmann!!!
Als einen Fachmann würde ich Piercer i. d. R. nicht bezeichnen. Hier fehlen einfach med. Hintergründe, weshalb es dann auch zum Einsatz ungeeigneter Materialien kommen kann.
Für passende Materialauswahl braucht man keine medizinischen Kenntnisse, sondern die genaue Kenntnis der zuständigen Gesetze, der spezifischen Materialkunde und der speziellen Anatomie für Piercer (die oft nicht mit Anatomie für Ärzte übereinstimmt)... Und dazu das Grundlagenwissen, wo und wie man die diversen Piercings überhaupt platzieren und ausmessen muß. Übrigens alles Dinge, die ein Arzt garantiert nicht in seiner Ausbildung lernt...
Bei medizinischem Edelstahl handelt es sich in der Regel um einen V4A Edelstahl, der aus einer Chrom / Kobalt / Molybdän Legierung besteht, der gleichzeitig auch lebensmittelecht ist. Eine Nickelfreisetzung sollte hier also nicht möglich sein, es sei denn, es handelt sich um das minderwertigere V2A.
Da sind wir doch schon wieder bei Fachkenntnissen...
V2A bzw V4A sind gewöhnliche nichtrostende 18/10 Chrom-Nickel-Stähle (die korrekte Bezeichnung ist übrigens 1.4301/AISI 304 bzw 1.4401/AISI 316) daraus macht man allerdings nur medizinische Instrumente - nicht etwa Implantate oder Piercingschmuck!
Ein implantierfähiges medizinisches Material wäre z.B. AISI 316LVM...
Grundsätzlich setzen
alle Chrom-Nickelstähle (wie auch V2A/V4A) Nickel frei - immerhin sind ca 12 - 20% Nickel enthalten und der wird natürlich auch freigesetzt - wenn auch langsam.
Deswegen sind ja in der entsprechenden Verordnung auch die Höchstmengen der Freisetzung festgelegt worden...
Übrigens: ein seriöser Piercer verwendet sowieso KEINEN Stahl als Ersteinsatz - der nimmt nickelfreies und abheilförderndes Titan!!!
Während die billigen Studios Stahl oder Plastik verwenden - genau wie die meisten Ärzte...
Zum Reinigen und Desinfizieren würde sich hier NaOCl anbieten, zum Desinfizieren und Blutstillen eine 10% H2O2 Lösung.
WTF!!!!
Natronbleichlauge hat selbstverständlich ABSOLUT GAR NICHTS auf einem Piercing zu suchen!!!
Der übliche Verwendungszweck ist übrigens das Bleichen oder Desinfizieren (beispielsweise in Schwimmbädern) oder in diversen Haushaltsreinigern als sogenannter Aktivchlor...
10%tiges Wasserstoffperoxid darf in Deutschland gar nicht an Endkunden verkauft werden!!!
Und es hat in dieser Konzentration auch nichts auf einer Wunde zu suchen - man nimmt - wenn überhaupt - maximal 3%tiges H2O2 - für Wunden und im Mundbereich eher 0,3 -0,6%!!! Zudem ist seine Wirkung aufgrund der Gewebeschädigung gerade bei chronischen Wunden (zu denen ein Piercing immer zählt) selbst in Fachkreisen höchst umstritten - daher wird ein Profi immer ein VAH-geprüftes und zugelassenes Wunddesinfektionsmittel empfehlen und nicht solche Methoden...
Das brennt dann etwas, tötet aber anaerobe Bakterien ab, die eine prima Überlebensnische im Stichkanal haben.
Für den gewählten Zweck geprüfte, zugelassene und geeignete Desinfektionsmittel brennen übrigens nicht und wirken dafür deutlich besser und vor allem zuverlässiger - und sogar gegen Anaerobier und Aerobier und Viren und Pilze.
Zu guter Letzt gibt es immer noch den Arzt. Ein Piercer kennt wohl kaum das bakteriologische Spektrum der Entzündungsursachen - sorry - er handelt bestenfalls aus dem Spektrum seiner Erfahrungen nach dem Try and Error Prinzip.
Oder der Piercer hat eben doch gelernt (es gibt ja auch seriöse Ausbildungen) und kann dann vor allem - im Gegensatz zum Arzt - erstmal die häufigsten Ursachen wie ungeeigneten Schmuck aus nickelhaltigem Stahl oder fragwürdigem Plastik und/oder unpassendem Schmuck feststellen und abstellen. Zudem ist das bakteriologische Spektrum bei einem entzündetem Piercing selten ausschlaggebend bei der Wahl der Behandlung - normale Wunddesinfektionsmittel wirken nämlich sowieso gegen ein breites Spektrum an Viren, Bakterien und Pilzen...
Übrigens arbeiten die meisten seriösen Piercingstudios mit einem Arzt zusammen...
Das Risiko einer Sepsis ist bei rechtzeitiger Behandlung extreeem gering - absolut unwahrscheinlich
Und es soll ja nun auch Hautärzte geben, die selbst Piercings stechen und sich nicht " im Krieg" mit Piercern befinden*
Hm, ich kenne genau einen in ganz Deutschland - den sieht man auch auf Piercerfortbildungen...
Nur weil ein Arzt Piercings fabriziert kann er noch lange nicht piercen...
Vor allem, wenn man - wie bei 95% der Ärzte - den Schmuck selbst aussuchen und mitbringen darf/muß - das ist ein sicheres Anzeichen für einen unqualifizierten "Stecher" der höchstwahrscheinlich keine echte Ahnung vom Piercen hat und einem zudem dem mitgebrachten Schmuck wahrscheinlich unsterilisiert einsetzen wird...
Das gilt natürlich genauso für die Leute, die ein Piercingstudio nach einem zwei-Tage-Kursus oder ähnlich "hochwertigen Ausbildungen" aufmachen...