Lustig, auch wir hatten mal so Phasen - einmal er, einmal ich - wo keiner auf den anderen Lust hatte.
Und wie Du schreibst - florestine - befand sich jeweils der Partner, der noch Lust hatte in einer "ich weiß nicht wohin"-Phase, der Partner welche keine Lust hatte, war allerdings auch in beiden Fällen irgendwie gerade so zwischen den Stühlen.
Auch wir hatten beide damals keine Lust auf fremde Haut. Nein, es war, wie als wäre das Wort Sex aus unserem Wortschatz gestrichen worden. Wir haben einfach nicht mal daran hin gedacht.
Das Problem was sich bei beiden daraus ergab war folgendes:
Wir sezten uns selber immer mehr unter Druck, indem wir dachten: "Ich MUSS jetzt Lust kriegen" oder "ich WILL jetzt aber Lust haben", was aber dazu führte, dass wir immer weniger Lust bekamen.
Ich weiß noch, dass ich irgendwann mal so durchs Inet surfte und dann einen bemerkenswerten Artikel fand, der auf dieses "Ich WILL/MUSS jetzt aber Lust haben" sowas von passte. Wir haben ihn gelesen, ein ganzes Weilchen drüber nachgedacht, ihn verinnerlicht, verstanden und auf einmal war die Lust wieder da.
Die Ursache unserer Lustlosigkeit war in Prinzip wirklich nur die Sache, dass jeweils der gerade lustlose Partner dachte, dass die Lust auf die Lust dei Voraussetzung für guten, erfüllenden und befriedigenden Sex ist.
Nach dem Artikel und dem verinnerlichen diesens haben wir aber einfach uns aber auch einfach mal darauf eingelassen, Sex zu haben, ohne VORHER Lust drauf zu haben und wie soll ich sagen:
Die Lust war wieder da, einfach so, ohne Mühe, ohne Arbeit.
Den Artikel hefte ich jetzt mal einfach an - hab ich zwar schonmal in einem anderen Thread, aber da hab ich leider den Titel vergessen:
"Neulich kam eine Patientin, Anfang 30, zu mir in die Praxis. Bereits zum dritten Mal in Folge erlebte sie, dass sie nach einem halben Beziehungsjahr ihre sexuelle Lust verloren hatte. Sie war verzweifelt, denn sie hatte Angst um ihre Beziehung.
Im Verlauf unseres Gesprächs sagte sie: „Wenn dieses ganze Theater mit der Lust nicht wäre, dann hätte ich, glaub ich, wirklich Lust.“ Dieser Satz machte mich nachdenklich. Ich stellte mir die Frage, inwieweit wir eigentlich alle dem Mythos „Lust“ erlegen sind.
Der Mythos Liebe = Lust
Sexuelle Lustprobleme sind immer auch Liebes- und Beziehungsprobleme, und damit sind sie existenzielle Probleme. Sie bedrohen die Liebe. Und wer kennt sich damit schon aus? Wer hat nicht schon die ein oder andere Blessur in Sachen Liebe? Und wer sehnt sich nicht nach einer dauerhaften Beziehung? Wie geht das? Und was hat das mit Lust zu tun?
Wenn wir das Thema sexuelle Lust betrachten, fällt auf, dass das Konzept von sexueller Lust noch nie richtig hinterfragt wurde. Es gibt eine ganze Reihe Mythen, die besagen, Lust hat man einfach, Lust ist spontan, wer sich liebt, hat auch Lust aufeinander, und zwar gleichzeitig. Lust bedeutet: „Ich finde dich attraktiv“, und das bedeutet „Ich liebe dich.“ Oder: „Er hat Lust auf mich, er liebt mich, er findet mich attraktiv.“
Der „Lustmythos“ ist gnadenlos. Er diktiert nicht nur, dass Liebe gleich Lust bedeutet, sondern auch, dass ein gut funktionierendes Paar eines ist, das Lust spontan, zur gleichen Zeit und auch noch auf dasselbe hat. Ist das nicht der Fall, ist man ein gestörtes Paar, so der Lustmythos.
Lust ist kein Muss
Dieser Mythos und seine Regeln sind alles andere als Lust machend, sondern klingen viel mehr nach Lusttyrannei und Reglementierung – also nach einem guten Rezept, auf diese Art von Lust schnellstens wieder verzichten zu wollen. Vielleicht geht es ja gar nicht um einen Verlust des sexuellen Begehrens, an dem so viele Paare leiden. Möglicherweise drückt sich in diesem vordergründigen Verlust lediglich das Aufbegehren gegen die Normierung von partnerschaftlichem sexuellem Begehren aus. Dafür sprechen übrigens auch die Masturbationsquoten. Diese machen deutlich, dass die so genannten lustlosen Paare plötzlich allein alles andere als lustlos sind.
Wer hat eigentlich bestimmt, dass Lust immer die Voraussetzung für sexuelles partnerschaftliches Handeln sein muss? Muss man wirklich immer Lust haben, bevor man sich sexuell miteinander beschäftigt? Woher kommt eigentlich das Postulat, nicht mit ihm oder ihr zu schlafen, wenn man keine Lust hat? Warum eigentlich nicht? Warum darf partnerschaftliche sexuelle Aktivität nicht Geschenk sein, nicht freiwilliges Tauschobjekt oder nicht Experimentierfeld?
Warum hat der Satz „Ich habe keine Lust“ mehr Wert als „Gemeinsamer Sex würde uns vielleicht gut tun“? Was wäre, wenn der Beziehungsaspekt genauso gewertet würde wie die Unantastbarkeit der persönlichen Gefühle?
Aktiv Lust gestalten
Denken Sie doch einmal an die letzte Einladung oder Verabredung, zu der Sie überhaupt keine Lust hatten. Sie wären viel lieber zu Hause geblieben und hätten viel lieber den Abend gemütlich mit einem Glas Wein vor dem Fernseher verbracht. Sie sind natürlich trotzdem gegangen. Sie hatten Ihren Freunden ja auch zugesagt und schließlich hatte sich ja auch Ihr Partner darauf verlassen, dass Sie mit ihm dorthin gehen würden. Außerdem wussten Sie, dass Sie diese Freitagabends-Unlustkrankheit oft haben und dass es trotzdem meistens ein netter Abend wird. So auch das letzte Mal. Warum können wir das eigentlich bei der sexuellen Lust nicht ebenso handhaben?
An die gültigen Lustnormen zu glauben oder besser sich ihnen zu unterwerfen, führt nicht selten dazu – aus lauter Überdruss an ihnen – den Sex völlig zu vermeiden. Wie machen wir das eigentlich? Unsere Lustvermeidungsstrategien sind meistens top. Wie haben Sie in der vergangenen Woche sexuelle Lust vermieden? Schnell noch mal im Bett den Fernseher angemacht, lieber noch ein Glas Wein oder dafür gesorgt, dass die Kinder lange mit im gemeinsamen Ehebett schlafen? Und … tut das der Liebe gut? Tragisch an unseren so genannten „unbewussten Lustvermeidungsstrategien“ ist, dass sie uns als solche nicht bewusst sind. Wenn sie das wären, könnten wir uns dafür oder dagegen entscheiden. So aber glauben wir vielmehr, irgendetwas stimme mit uns nicht, wir seien nicht normal oder was auch immer. Stattdessen geht es vielleicht viel mehr darum, Gefühle in uns zu betäuben wie „Der ganze Lustzirkus geht mir auf die Nerven“ oder „Ich habe keine Lust darauf, wie man heutzutage Lust haben muss.“ Diese Botschaften klingen doch eigentlich ziemlich gesund, oder? Warum können wir sexuelle Lust nicht ein wenig entheiligen und so mit ihr umgehen wie mit anderer Lust auch?
Wenn noch ein kleines Stückchen Leben hinter Ihren Lustvermeidungsstrategien steckt und Sie wirklich Lust auf Lust haben, dann rate ich Ihnen: Pfeifen Sie auf die Lust. Klar, Sie müssen Ihren Partner schon mögen, vielleicht auch lieben. Dann – wenn die partnerschaftliche Ebene stimmt – können Sie ruhig einmal ignorieren, ob Sie Lust haben oder nicht. Stellen Sie einfach den Kontakt zu Ihrem Partner her, schaffen Sie Rituale und Zeiträume, wo Sie sich anfassen, stimulieren oder experimentieren. Sie können auch – obwohl das unmöglich klingt – Sex-Tauschgeschäfte abschließen: eine Stunde Sex gegen eine Stunde Sprechen, eine Stunde Kultur oder eine Stunde Massage gegen eine Stunde Stimulieren. In einer gleichberechtigten liebenden Beziehung ist das völlig okay. Es ist auch völlig okay, wenn nur einer oder mal keiner Lust hat. Wichtig ist es, im intimen Kontakt zu bleiben oder ihn – falls unterwegs verloren – wieder aufzubauen.
Es muss nicht gleich schön oder geil sein, es muss auch nicht gleich Spaß machen. Es darf öde sein, langweilig, peinlich und sogar vielleicht auch mal traurig. Pfeifen Sie auf die Lust, pfeifen Sie auf das Gefühl “Ich habe keine Lust“, gestalten und riskieren Sie Intimität, lassen Sie uns einfach lässig lustlos schamlos intim sein."
So, dies ist mein Beitrag zu dem Thema hier.